Erneuerbare Energien 11.10.2025, 12:00 Uhr

Wie kleine Wasserkraftwerke das Stromnetz stabilisieren

Kleinwasserkraftwerke sichern Strom auch bei Krisen. Wie moderne Technik und Fischtreppen Ökologie und Energiegewinnung vereinen.

Kleinwasserkraftwerk Angermühle: Anlagen wie diese sichern Strom auch in Krisenzeiten und tragen teils relevant zur örtlichen Stromversorgung bei.
Foto: Vereinigung Wasserkraft Bayern e.V.

Kleinwasserkraftwerk Angermühle: Anlagen wie diese sichern Strom auch in Krisenzeiten und tragen teils relevant zur örtlichen Stromversorgung bei.

Foto: Vereinigung Wasserkraft Bayern e.V.

Eine Wassermühle gab es hier bereits im 13. Jahrhundert. Strom produziert die Familie Schweiger am Fluss Dorfen auch schon seit fast 120 Jahren. Fritz Schweiger führt gemeinsam mit seinem Cousin das Familienunternehmen E-Werk Schweiger im bayerischen Schwaig. Es betreibt fünf Wasserkraftwerke, die mit Francis- bzw. Kaplan-Turbinen zusammen rund 5 Mio. kWh pro Jahr erzeugen und mehr als 1500 Haushalte versorgen.

Schweigers Anlagen sind Kleinwasserkraft: Als klein gilt hierzulande alles, was unter 1 MW installierter Leistung liegt. „Anlagen bis zu 1 MW machen etwa 95 % des gesamten Bestands aus, liefern aber weniger als 10 % des Stroms aus Wasserkraft“, erklärt die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). Seit einigen Jahren veranstalten die Vereinigung Wasserkraft Bayern (VWB) und der Landesverband Bayerischer Wasserkraftwerke (LVBW) „Tage der Wasserkraft“. Bei Kaffee und Kuchen, Bier und Würstchen führen sie Familien, Schulklassen und Behördenvertretern historische und innovative Technik vor und erläutern die Vorzüge der ältesten erneuerbaren Energie.

Kleine Wasserkraftwerke haben lokal teils erhebliche Bedeutung

„Viele wissen nicht, dass es Wasserkraftwerke nicht nur in den Alpen, sondern in ganz Bayern gibt. Die Anlagen sind oft architektonisch ansprechend. Manche Maschinen laufen seit 70 bis 80 Jahren und länger immer noch einwandfrei. Nachhaltiger geht es nicht“, sagt Sylvia Auerswald, Referentin für Wasserkraft bei VWB. Auch Schweiger führt oft Interessierte zu seinen Anlagen, die alle mit Fischtreppen ausgestattet sind. „Unsere Gewässer sind in einem guten ökologischen Zustand“, betont er.

In Bayern drehen sich geografisch und historisch bedingt die meisten Turbinen und Wasserräder deutschlandweit: Rund 4200 Laufwasser- und Speicherkraftwerke gibt es im ganzen Bundesland noch. Nur die knapp 220 Anlagen an den vier alpinen Flüssen sind keine Kleinwasserkraft. Vor 100 Jahren gab es in Bayern ganze 12.000 Wasserkraftwerke. Heute gehören die kleinsten Anlagen oft kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie können, wie das E-Werk Schweiger, lokal bedeutende Stromlieferanten sein. Die mittleren sind meist in Besitz der Kommunen, während die leistungsstärksten Energiekonzernen gehören. Pro eingespeiste Kilowattstunde erhalten die Betreiber eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

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Fritz Schweiger, Mitinhaber des E-Werks Schweiger im bayerischen Schwaig. Es betreibt fünf Kleinwasserkraftwerke, die mit Francis- bzw. Kaplan-Turbinen zusammen rund 5 Mio. kWh pro Jahr erzeugen und mehr als 1500 Haushalte versorgen.

Foto: E-Werk Schweiger

Natur- und Umweltschützer sehen auch den Betrieb von Kleinwasserkraftwerken kritisch

Laut AEE ist das Ausbaupotenzial aufgrund geografischer Bedingungen und ökologischer Restriktionen sehr begrenzt. „Das Steigerungspotenzial durch Modernisierung wird seit vielen Jahren stabil auf ca. 25 Mrd. kWh im Jahr geschätzt.“ Aktuell sind es 18 Mrd. kWh bis 22 Mrd. kWh – je nach Niederschlagsmengen. 2024 war ein nasses Jahr. Die Wasserkraft steuerte mit rund 22 Mrd. kWh umgerechnet 4,3 % der gesamten Stromerzeugung in Deutschland bei.

Auf den erneuerbaren Energieträger Wasser sind Naturschützer allerdings nicht gut zu sprechen. Die Wasserräder verstümmelten Fische, die Wehre behinderten die Wanderungen zu den Laichplätzen, die Flussaufstauungen veränderten die Uferlandschaften – und das bei einem marginalen Beitrag zur Gesamtstromgewinnung. Kurzum, mit dem romantischen Bild der „klappernden Mühle am rauschenden Bach“ hätten die Wasserkraftwerke so gar nichts gemein.

Kleinwasserkraftwerke sorgen für Netzstabilität

2022 hätten die Minianlagen unter 500 kW um ein Haar ihre EEG-Vergütung verloren. Nach zahlreichen Protesten wurde auch der Kleinstwasserkraft wieder ein überragendes öffentliches Interesse bescheinigt. „Die Vorteile liegen vor allem in der etablierten Technik, der diversifizierten Eigentümerstruktur und den geringeren Erzeugungsschwankungen im Vergleich zu Wind- und Solarenergie“, so die AEE. Das „überragende öffentliche Interesse“ ist wichtig für Genehmigungsverfahren sowie Darlehen und gibt Betreibern bestehender Anlagen mehr Sicherheit.

Kleinwasserkraftwerk mit Fischtreppe (li.). Wie moderne Technik und Fischtreppen Ökologie und Energiegewinnung vereinen können, wird seit Jahren intensiv debattiert.

Foto: picture alliance / BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com

Die Wasserkraft punktet mit dem niedrigsten Treibhausgasausstoß pro erzeugte Kilowattstunde im Vergleich aller Energieträger. Sie ist grundlastfähig und kann z. B. während einer Dunkelflaute Strom liefern. Infolge des Klimawandels mehren sich zwar die Starkregenfälle und die Dürreperioden. Aber die Pegel und die Strömungsverhältnisse sind immer noch relativ berechenbar. Die dezentralen Minikraftwerke könnten die Netze, etwa durch Bereitstellung von Blindleistung, stabilisieren. Ebenfalls sind Insellösungen möglich, auch wenn diese in Deutschland mit seinem bis in den letzten Winkel ausgebauten Stromnetz bisher wenig gefragt waren.

Die Minianlagen stärken die lokale Versorgungssicherheit auch im Notfall

Hinzu kommen Überlegungen, wie kritische Infrastruktur im Notfall zu versorgen ist, weiß Schweiger, der auch erster Vorsitzender der VWB ist. „Es laufen Gespräche, wie man die 4200 Wasserkraftwerke entsprechend einbinden kann.“ Der Unternehmer hat für seine Heimatgemeinde Oberding nordöstlich von München schon vor Jahren ein Notstromkonzept realisiert. Sollte es zu einem großflächigen Blackout kommen, bleiben das Rathaus, die Feuerwehr, die Polizei, die Arztpraxen, die Apotheken, die Straßenbeleuchtung und die Pumpstationen funktionsfähig. Welche Einrichtungen zur kritischen Infrastruktur gehören, bestimmt die Gemeindeverwaltung.

Das E-Werk hat sein örtliches Mittel- und Niederspannungsnetz entsprechend gestaltet. „Wir können unser Netz auskoppeln und mit Wasserkraft die kritischen Abnehmer versorgen“: Das seien ungefähr 20 % aller Abnehmer in Oberding. Das Konzept wurde vom damaligen Bürgermeister unter dem Eindruck des sogenannten Schneechaos im Münsterland initiiert: Unter der Schneelast knickten 2005 mehrere Strommasten um und verursachten einen tagelangen Stromausfall für rund 250.000 Menschen. „Die Ursache war eine Naturkatastrophe, aber mittlerweile ist die Notstromversorgung auch im Verteidigungsfall ein Thema“, sagt der Elektroingenieur.

Smart-Meter-Mangel in Deutschland konterkariert Notfallmanagement im Stromnetz

Das E-Werk hat im eigenen Verteilungsnetz eines der ersten deutschen Smart Grids installiert. Um sein Potenzial auszuschöpfen, bräuchte es aber intelligente Stromzähler bei den Verbrauchern. „Die Wasserkraft ist Systemdienstleister: Dafür braucht es die Netze, die smarte Dienstleistungen ermöglichen und die noch im Aufbau sind“, sagt Schweiger. Außerdem würden netzdienliche Leistungen den Betreibern bisher nicht vergütet. Wasserkraft sieht Schweiger als „Teamplayer“, der sich gut mit Photovoltaik, Biogas und Wärmepumpen kombinieren lässt.

In Bayern gibt es über 56.000 Wehre und Querbauten, die als Hochwasserschutz, wegen der Grundwasserstabilisierung, der Flussbegradigung oder Flurbereinigung errichtet wurden – ohne Energie zu produzieren. Umweltorganisationen wie auch Wassersportler würden so viele alte Bauwerke wie möglich am liebsten abreißen und die Gewässer renaturieren. „Aber welcher Fluss ist schon natürlich? Wir haben hier eine dicht bebaute Kulturlandschaft“, so Sylvia Auerswald.

Mehr Wehre zur Stromerzeugung nutzen

Die Wasserkraft-Verbände plädieren dafür, vorhandene Wehre zur Stromgewinnung zu nutzen, wo es ökologisch verträglich ist, und sie dabei durchlässig für Fische und Kleinlebewesen zu machen. „Das wäre eine Win-win-Situation“, sagt Schweiger, „auf der einen Seite erneuerbare Energie und Systemdienstleistungen. Auf der anderen Seite stabile Grundwasserpegel und Durchlässigkeit.“

Die Diskussion über die Gewässerökologie sei nicht immer fair: Am Fisch- und Artensterben seien vor allem die Schadstoffe in den Flüssen und Bächen und die höheren Temperaturen schuld. Die Wehre hinderten dagegen die Ausbreitung invasiver Arten wie des Signalkrebses und schützten oft Ortschaften vor Überschwemmungen. „Wir können durch Vorfluter das Wasser des Flusses Dorfen ableiten und stehen auch mal nachts auf, um die Schleusen zu öffnen.“

Der Vorteil der Kleinanlagen sei, so Schweiger, dass sie sich gut in die enge Bebauung einfügten und in der Region verankert seien. Das Unternehmen, das sein Urgroßvater aufgebaut hat, hat zwei Weltkriege und diverse andere Krisen überstanden: „Wasserkraft ist eine sehr stabile Energie.“

Ein Beitrag von:

  • Matilda Jordanova-Duda

    Matilda Jordanova-Duda ist freie Autorin für Print, Radio und Onlinemedien. Ihre Themenschwerpunkte sind Existenzgründung und Mittelstand, Energiewende und Industrie 4.0. sowie Bildung und Migration.

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