Siemens will sich an der Energiewende eine goldene Nase verdienen
Bei Siemens brummt das Geschäft. Da die nächste Phase der Energiewende viel KI und Digitalisierung braucht, könnte das so weitergehen.
Hochspannungsmasten im Rheinischen Braunkohlerevier. Ein Großteil der Energieinfrastruktur gilt als veraltet. Gut für Siemens. Da die nächste Phase der Energiewende viel KI und Digitalisierung braucht, und das Unternehmen diese Lösung anbietet, verspricht das ein gutes Geschäft für die kommenden Jahre.
Foto: picture alliance / Jochen Tack | Jochen Tack
Ende letzter Woche stellten sowohl Siemens als auch die abgespaltene Siemens Energy gute schwarze Zahlen vor. Die Aussichten: weiterhin rosig. Warum konkret, ergibt sich auch aus dem heute (17. November 2025) vorgestellten„Siemens Infrastructure Transition Monitor 2025“. Zwar hat der Münchner Technologiekonzern in der Vergangenheit durchaus zu kämpfen gehabt, könnte aber längerfristig alles richtig gemacht haben.
Siemens legt die Studie alle zwei Jahre auf und untersucht den Stand der Infrastrukturwende in den Bereichen Energie, Industrie und Gebäude. Die Hauptergebnisse der Studie, für die 1400 Führungskräfte weltweit befragt wurden:
- 65 % der Unternehmen im Energiesektor halten Elektrifizierung für die beste Option auf dem Weg zu Netto-Null.
- 74 % erachten intelligente Netze und Netzsoftware als entscheidend für die Energiewende. Insbesondere künstliche Intelligenz (KI) und Netzsoftware. Warum? Weil sie Fortschritte hinsichtlich erneuerbarer Energien, Energieeffizienz und Elektrifizierung beschleunigen.
- Die Führungskräfte erwarten verstärkt den Einsatz autonomer Systeme, um Betriebskosten zu senken, Energieeffizienz zu verbessern und Zuverlässigkeit zu erhöhen
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Die Energiewende hängt, und Siemens behauptet, die Lösungen zu haben
Die Siemens-Zahlen und die Studie kommen in einer spannenden Situation. Während in Brasilien die Weltklimakonferenz COP30 tagt, Energiewende und Klima unter Beschuss stehen, zeigt die Studie auf, wo die globale Energiewende gerade technisch hängt. Gleichzeitig macht Siemens Rekordgewinne, weil die Münchner auf Lösungen für genau diese Probleme setzen.
Das technische Problem, zumindest dort, wo es eine gut etablierte Energieinfrastruktur gibt: Die gemessen am Ziel veraltete, weil nicht auf erneuerbare Energien ausgerichtet. Ein echtes Dilemma, wie die Studie laut Siemens aufzeigt: „Während 65 % der Befragten die Elektrifizierung für die gangbarste Option auf dem Weg zu Netto-Null-Energiesystemen halten, geben 73 % an, dass dies durch eine unzureichende Netzinfrastruktur behindert wird.“
Siemens setzt auf KI als Brustlöser für die Energiewende
Derzeit ist die Lage für die Energiewirtschaft und speziell den Infrastrukturbereich extrem spannend. Die Ergebnisse des „Siemens Infrastructure Transition Monitor 2025″ zeigen, dass
- 59 % der Vertreter des Energiesektors größere Investitionen in autonome Systeme für Stromnetze planen;
- und 68 % darin den Schlüssel sehen, um Emissionen zu reduzieren;
- fast drei Viertel (72 % ) der Unternehmen dieser Branche erwarten, dass sich ihr Geschäftsbetrieb in den nächsten drei Jahren durch KI verändern wird;
- und schließlich gehen 74 % davon aus, dass KI dazu beiträgt, kritische Infrastrukturen widerstandsfähiger zu machen.
KI als Brustlöser für die Energiewende, also im Zusammenspiel mit einem verstärkten Einsatz autonomer Systeme, um Stromnetze zu verwalten. Das dürfte den Befragten zufolge im wahrscheinlichsten Fall die Betriebskosten senken, die Energieeffizienz steigern und die Zuverlässigkeit erhöhen.
Siemens will laut CEO Roland Busch in den kommenden drei Jahren 1 Mrd. € in industrielle KI investieren, und zwar gezielt in den USA. Warum? Weil sie dort ein, wie sie es nennen, unreglementiertes Umfeld vorfinden, um schneller voranzukommen, so Busch laut dpa letzte Woche bei der Vorstellung der Jahreszahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres (Ende: 30. September 2025). Er betonte, Siemens investiere hier nicht in die teure Rechenleistung, sondern in konkrete Anwendungen für die industrielle KI. Die Investition solle an der US-Westküste umgesetzt werden, auch weil man dort die besten Leute finde.
Veraltete Infrastruktur ist ein Sicherheitsrisiko
Doch nicht alles ist rosig: Tatsächlich gebe laut Siemens mehr als die Hälfte der Unternehmen aus dem Energiesektor (58 %) an, dass Unsicherheiten bezüglich der künftigen Gestaltung des Energiesystems Investitionen in saubere Energietechnologien verzögern.
„Veraltete Netzinfrastruktur stellt eine ernsthafte Bedrohung für die saubere Energiewende dar“, warnt zudem Sabine Erlinghagen, CEO von Siemens Grid Software. Indem digitale Technologien eingesetzt würden, um autonome Netze zu entwickeln, ließe sich die Netzkapazität steigern und gleichzeitig die Zuverlässigkeit und Widerstandsfähigkeit erhöhen. „Daher müssen auch Regulierungen mit der Digitalisierung und Innovationen Schritt halten“, fordert sie.
Bedeutung der Infrastruktursparte für Siemens
Der Umsatz des Münchner Konzerns stieg auf vergleichbarer Basis um 5 % auf 78,9 Mrd. €. Das Ganze mit einem Rekordgewinn von 10,4 Mrd. €, das waren noch einmal 16 % mehr als schon im Vorjahr. Siemens sei „stärker denn je“, sagte Konzern-Chef Roland Busch. Der Gewinnsprung geht laut Siemens vor allem auf einen milliardenschweren Sondereffekt aus dem Verkauf von Innomotics, seiner Sparte für Motoren und Großgetriebe, zurück.
Aber eben auch auf die Geschäfte in der Sparte Smart Infrastructure, die ordentlich brummen und für die der „Siemens Infrastructure Transition Monitor 2025″ rosige Zeiten prognostiziert. Im Endeffekt erlaubt es das Technologieportfolio Siemens derzeit, Ingenieuren und Fabrikbesitzern für die Energiewende einen spezialisierten Werkzeugkasten anzubieten. Die Sparten Smart Infrastructure und Digital Industries liefern die konkreten Werkzeuge (Software, Automatisierungstechnik, KI-Anwendungen).
Siemens Energy liefert die Basis, auf der die digitale Infrastruktur aufsetzt
Die ehemalige Tochter Siemens Energy wiederum, an der Siemens derzeit noch 10,2 % bzw. sein Pensionsfonds knapp 10,00 % hält, liefert der Energiewirtschaft die physische Basis. Es geht um Turbinen, Windkraftanlagen, Transformatoren und andere große Komponenten für Stromerzeugung und Transport, auf die die digitale Infrastruktur aufsetzt.
Siemens Energy berichtete im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn von 1,7 Mrd. € und erwartet für das gerade angebrochene Geschäftsjahr 2025/26 einen Gewinn zwischen 3 Mrd. € und 4 Mrd. €. Vor allem die Windkraftsparte kommt nach defizitären Jahren endlich in Tritt. Sie soll im Geschäftsjahr 2026 spätestens im vierten Quartal – endlich – schwarze Zahlen schreiben und der Rest der Geschäfte brummt. „Wir sehen überall auf der Welt, dass unser Portfolio in die Anforderung reinpasst, eine resiliente Energieinfrastruktur aufzubauen“, sagte Konzernchef Christian Bruch laut dpa.
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