Alte Technik nutzt Energiewende 15.11.2013, 15:14 Uhr

Nachtspeicherheizungen können Wind- und Solarstrom speichern

Die verpönten Nachtspeicheröfen könnten durch die Energiewende eine Renaissance erleben: Sie sind ideale Energiespeicher, um Solar- und Windstrom zu puffern. Das bewiesen jetzt Testreihen in Essen und Meckenheim bei Bonn. 1,4 Millionen Haushalte in Deutschland verfügen noch über die alte Heiztechni.

Nachtspeicherheizungen, die noch in 1,4 Millionen deutschen Haushalten stehen, könnten als Reservespeicher für die Energiewende dienen. Sie wären bei intelligenter Steuerung in der Lage, große Mengen Wind- und Solarenergie aufzunehmen.

Nachtspeicherheizungen, die noch in 1,4 Millionen deutschen Haushalten stehen, könnten als Reservespeicher für die Energiewende dienen. Sie wären bei intelligenter Steuerung in der Lage, große Mengen Wind- und Solarenergie aufzunehmen.

Foto: Fenix

Die Speicherkapazität für überschüssigen Wind- und Solarstrom ließe sich innerhalb kurzer Zeit von 40 auf 14 000 Gigawattstunden pro Jahr  steigern. Das hat Siemens ausgerechnet. Möglich ist das mit einer schon totgesagten Technik: der Nachtspeicherheizung.

Trotz des Erdgasbooms der letzten Jahrzehnte sind noch Millionen dieser Geräte im Einsatz. In 1,4 Millionen Haushalten werden sie noch benutzt. Wenn man sie nicht, wie üblich, nur nachts aufladen würde, sondern immer dann, wenn es Wind und Sonne und damit Strom im Überfluss gibt, ließe sich die Energiewende erträglicher gestalten.

Zwei Tests bestätigen Funktion als Energiespeicher

Auch die Nutzer der Geräte hätten einen Vorteil: Sie bekämen ihren Strom zu besonders günstigen Preisen und der Heizkomfort würde besser, weil die Wärmespeicher auch tagsüber immer wieder aufgeladen würden. Speicheröfen wärmen, weil sie nachts aufgeladen werden, am Morgen am besten. Im Laufe des Tages nimmt die Wärmeabgabe ab.

Dass dieses Szenario funktioniert, haben Siemens und der Energieversorger RWE bei einem Test in einer 20 Jahre alte Wohnsiedlung im Essener Stadtteil Stoppenberg mit 50 Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern bewiesen. Alle sind mit Fußbodenheizungen ausgerüstet, die mit preiswerterem Nachtstrom betrieben werden. Das Essener Unternehmen Tekmar rüstete die Heizungen mit neuen Reglern aus, die nicht von der Zeit gesteuert werden, sondern per Funk vom Stromversorger. Dieser gibt den Ladestrom immer dann frei, wenn Wind und Sonne im Überfluss produzieren.

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Die Steuersoftware, genannt Decentralized Energy Management System (DEMS), hat Siemens entwickelt. „DEMS prognostiziert und optimiert den Einsatz der Nachtspeicherheizungen und berücksichtigt die Rahmenbedingungen des Energiemarktes“, sagt Thomas Werner, Produktmanager für Virtuelle Kraftwerke bei Siemens.

Nordseeinsel Pellworm nutzt Nachtspeicheröfen als Puffer

Die ersten Ergebnisse ermutigten die Partner zu einem zweiten Testlauf in Meckenheim bei Bonn. Dort erhielten 30 Häuser eine intelligente Heizungsregelung. Eine Ausweitung würde die energetische Situation in Deutschland entspannen. Heute müssen ganze Windparks abgeschaltet werden, wenn sich kein Abnehmer für den Strom findet. Betreiber von Kohle- und Kernkraftwerken müssen zudem Strom oft umsonst oder mit einer Bonuszahlung abgeben, wenn zu viel produziert wird.

Nachtspeicheröfen sind auch auf Pellworm weit verbreitet. Derzeit wird die Energieversorgung der Nordseeinsel so umgestaltet, dass sie sich selbst zu 100 Prozent mit Strom versorgen kann. Dafür sorgen ein großes Solarkraftwerk, eine kleine Windmühle, eine Biogasanlage, zwei große Batterien und eben die Speicheröfen in den Häusern der Inselbewohner.

Zudem werden alle Haushalte über das aktuelle Stromangebot und den davon abhängigen Preis informiert, sodass sie Geräte wie Wäschetrockner und Spülmaschinen dann in Betrieb setzen können, wenn viel Strom zu einem günstigen Preis angeboten wird. Strom vom Festland beziehen die 1200 Inselbewohner künftig nur noch im Notfall.

 

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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