Grüner Wasserstoff: Neues, effizienteres Verfahren entwickelt
Sehr hohe Reinheit und minimaler Teergehalt – dieses Ergebnis verspricht ein neues Verfahren, mit dem aus Zuckerrohrabfällen grüner Wasserstoff gewonnen wird. Die ersten Ergebnisse im Rahmen einer Prozesssimulation sind vielversprechend.
Wasserstoff gilt als wichtiger Energieträger, der zum Gelingen der Energiewende beitragen soll.
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Die Umwandlung von Biomasse in hochwertigen grünen Wasserstoff wird durch ein neues Verfahren, die sorptionsverstärkte chemische Looping-Vergasung (SECLG), auf ein neues Niveau gehoben. Forschende der Universität Johannesburg haben mittels einer detaillierten Prozesssimulation nachgewiesen, dass zerkleinerte Zuckerrohrabfälle – sogenannte Bagasse – mit deutlich höherer Effizienz und erheblich weniger unerwünschten Nebenprodukten in grünen Wasserstoff umgewandelt werden können als bislang angenommen. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass gegenüber herkömmlichen Biomassevergasungsanlagen der Ausstoß von Teer, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Stickstoff deutlich reduziert wird. Das eröffnet einen vielversprechenden Weg, um energieintensive Branchen wie die Stahl- oder Zementindustrie nachhaltiger zu gestalten.
Jährlich fallen weltweit rund 1,4 Milliarden Tonnen Zuckerrohr an, woraus etwa 540 Millionen Tonnen Bagasse entstehen. In Ländern wie Indien, China, Brasilien und Mauritius wird diese Bagasse bereits genutzt, um Strom zu erzeugen. Bei der Vergasung werden organischen Reste durch einen chemischen Prozess in Synthesegas umgewandelt, das vor allem Wasserstoff und weitere Gase enthält.
Grüner Wasserstoff: Herausforderungen bei der Teerbildung
Die etablierten großtechnischen Verfahren weisen dagegen einige Nachteile auf: Sie arbeiten ineffizient, liefern nur mäßige Wasserstoffausbeuten und produzieren große Mengen an Teer sowie weitere unerwünschte Nebenprodukte. Bilainu Oboirien, Professor am Institut für Chemieingenieurwesen der Universität Johannesburg, erläutert die Problematik: „Ein typisches Synthesegas aus der Vergasung von Biomasse enthält Wasserstoff (10 bis 35 Prozent), Kohlenmonoxid (20 bis 30 Prozent), Kohlendioxid (10 bis 25 Prozent), Teer (10 bis 100 g/nm³), Stickstoff (40 bis 50 Prozent) und einen Restanteil an Kohlenwasserstoffen.“ Das im Prozess entstehende Kohlendioxid wird nicht abgeschieden, und der hohe Teergehalt erfordert aufwendige Reinigungsschritte. „Zum Vergleich: Teer ist wie verschmutztes Motoröl in einem Auto. Dies wiederum erhöht die Betriebskosten erheblich“, so Oboirien weiter.
Die sorptionsverstärkte chemische Looping-Vergasung (SECLG) stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, um diese Herausforderungen zu meistern. In den vergangenen zehn Jahren haben verschiedene Forschungsgruppen das Verfahren weiterentwickelt. Mit SECLG lässt sich aus Biomasse wie Bagasse sehr reiner grüner Wasserstoff gewinnen. Ebenfalls von Vorteil: Das Verfahren ist energieeffizienter und es ist möglich, Kohlenstoff bereits während des Prozesses abzutrennen.
Simulationsergebnisse zeigen grünen Wasserstoff mit hoher Reinheit
Oboirien und der Masterstudenten Lebohang Gerald Motsoeneng entwickelten ein mathematisches Modell des SECLG-Prozesses. Mithilfe von Aspen Plus, einer Prozesssimulationssoftware, simulierten sie den Prozess dann im Labormaßstab. Dabei wurden zwei verschiedene Metalloxide als Sauerstoffträger untersucht, um deren Einfluss auf die Wasserstoffausbeute und weitere Prozessparameter zu analysieren. Die Simulation ergab für SECLG eine Wasserstoffkonzentration von 62 bis 69 Prozent, Kohlenmonoxid zwischen 5 bis 10 Prozent, Kohlendioxid unter einem Prozent, Teer unter 1 g/nm³, Stickstoff unter fünf Prozent sowie einen Restanteil an Kohlenwasserstoffen. Diese Werte deuten darauf hin, dass die Kombination aus hoher Wasserstoffausbeute, niedriger Teerkonzentration und geringer Stickstoffverdünnung die wirtschaftlichen Kosten durch reduzierten Reinigungsaufwand deutlich senken könnte. Für industrielle Anwendungen wäre dennoch eine zusätzliche Reinigung erforderlich, um die gewünschte Gasqualität zu erreichen.
Länder, die bereits über eine Infrastruktur zur Biomassevergasung verfügen und ausreichend Zugang zu Biomasse haben, könnten besonders vom Einsatz der SECLG-Technologie zur Produktion von grünem Wasserstoff profitieren. China, Brasilien und Südafrika zählen hier zu den Vorreitern. Der Umbau bestehender Anlagen wäre in diesen Regionen einfacher und kostengünstiger als der Bau völlig neuer SECLG-Anlagen.
Grüner Wasserstoff: Herausforderungen und Perspektiven der neuen Technologie
Das simulierte Modell vergleicht die Leistungsfähigkeit der Metalloxide Nickeloxid (NiO) und Eisenoxid (Fe2O3) als Sauerstoffträger im SECLG-Prozess. Die Studie untersucht außerdem die Stabilität dieser Trägermaterialien sowie des Sorptionsmittels unter den Bedingungen der Looping-Vergasung, zu denen hohe Temperaturen, Drücke und Materialförderung gehören. Die Ergebnisse zeigen, dass Nickeloxid im Reaktor Wasserstoff mit einer höheren Reinheit erzeugt und Kohlendioxid effektiver bindet. Eisenoxid hingegen eignet sich besser für die Produktion einer brennbaren Gasmischung. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, den SECLG-Prozess flexibel zu gestalten und neben Wasserstoff auch andere Kraftstoffe wie Diesel zu gewinnen.
Allerdings berücksichtigt das aktuelle Modell noch nicht die Alterung der Sauerstoffträger und Sorptionsmittel im Langzeitbetrieb. Ebenso wurden der Transport fester Bestandteile sowie die effiziente Entfernung von Asche und Kohle bislang nicht simuliert, obwohl diese Aspekte für den Betrieb einer funktionsfähigen SECLG-Anlage entscheidend sind. „Wir entwickeln derzeit weitere Proof-of-Concept-Modelle experimentell in einer Laborumgebung. Durch diese Experimente hoffen wir, diese Modelle anhand von experimentellen Daten validieren zu können“, erklärt Oboirien. SECLG-Anlagen gibt es bislang noch nicht in großtechnischen Anlagen, die Biokraftstoffe in Synthesegas umwandeln. „Die sorptionsverstärkte chemische Looping-Vergasung von Biomasse ist ein vielversprechendes Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff und Kraftstoffen“, sagt Oboirien. Die Weiterentwicklung dieser Technologie erfordert Investitionen in die Infrastruktur sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie, um den Weg für die großtechnische Produktion von grünem Wasserstoff zu ebnen.
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