Trianel sieht Wasserstoff in Gefahr
Für Trianel war 2024 das zweitbeste Geschäftsjahr seiner Geschichte. Wie gut 2025 läuft, hängt auch von der Bundesregierung ab. Beim Wasserstoff sorgt sie für Unsicherheit.

Trading-Floor beim Stadtwerkebündnis Trianel in Aachen. Der Energiehandel, inzwischen Ki-gestützt, gehört zu den Hauptstandbeinen des Energieunternehmens in Aachen.
Foto: Trianel GmbH/dirk moll
Sven Becker hat in seinen fast 20 Jahren als Chef des Stadtwerkebündnisses Trianel schon manches Projekt kommen und gehen sehen. Das als Vorzeigeprojekt gestartete Kohlekraftwerk in Lünen zum Beispiel wurde nach Betriebsbeginn zur Bürde (aus ganz verschiedenen Gründen), die Nachfragen bei den jährlichen Jahrespressekonferenzen musste er jahrelang abräumen.
Bei den Plänen für einen neuen wasserstofffähigen 500-MW-Gaskraftwerksblock auf dem Gelände des Gaskraftwerks in Hamm ist Trianel deutlich vorsichtiger geworden, machte Becker am 30. Juni bei der Vorstellung der Zahlen zum Geschäftsjahr 2024 deutlich. Sein Unternehmen sei „nicht bereit für Vorleistung ohne einen sicheren Rahmen“ wie einem Kraftwerkssicherheitsgesetz plus einem später einsetzenden Kapazitätsmarkt. Dass es den in Deutschland immer noch nicht gibt, war auch eine der Fallstricke, die Trianel schon in Hamm und Lünen viel Geld gekostet hat.
Trianel liefert nach Rekordjahr solide Zahlen
Trianel setzte im Geschäftsjahr Jahr 2024 8,5 Mrd. € um, knapp 10 % weniger als im Rekordjahr 2023. Auch das Vorsteuerergebnis lag mit 92,5 Mio. € unter den 99 Mio. € aus dem Jahr davor – aber deutlich über dem Plan von 27 Mio. €. Trianel fokussiert laut Becker strategisch auf die Kerngeschäftsfelder Energiehandel, Asset-Optimierung und Projektentwicklung. Ganz zentral für den Erfolg sei inzwischen der europäische Energie- und Kapazitätshandel.
Das Unternehmen erhöht sein Risikokapital auf 84 Mio. €. Gleichzeitig wird die Liquidität weiter ausgebaut. Und fokussiert auf Volatilität im Kurzfristbereich. Sprich Batteriespeicher. Zeichen dafür ist das erst am 28. Juni bekannt gewordene Projekt eines 900-MW-Batteriespeichers in Waltrop. Gemeinsam mit der BKW AG und Luxcara plant Trianel einen der größten Batteriespeicherparks Deutschlands. Der Fokus auf die Kurzfristvolatilität ist auch Ausdruck dafür, dass der für größere Zeitskalen geeignete Wasserstoff politisch im Schacht hängt.
Bundesregierung bremst Hochlauf bei Wasserstoff, so Trianel-Chef Becker
„Wasserstoff ist eine Säule unserer Wachstumsstrategie“, sagte Becker dennoch. Schon 2023 entschied sich Trianel strategisch für ein wasserstofffähiges Gaskraftwerk in Hamm: „Durch einen vorgezogenen Kohleausstieg und den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien ist der Bau von wasserstofffähigen Kraftwerken unerlässlich, um die Versorgungssicherheit auch weiter zu gewährleisten“, sagte er damals. „Jetzt muss die Politik Tempo machen und endlich die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die erforderlichen Investitionen auch tatsächlich getätigt werden.“
Tempo ist aber erst einmal nicht angesagt, im Gegenteil. Hintergrund: Die Bundesregierung hatte in ihrem ersten Aufschlag für den Bundeshaushalt den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft deutlich zusammengekürzt. Sven Becker sprach von einem deutlichen Vertrauensverlust, der so entstehe. „Was bekannt ist, bremst den Hochlauf aus“, sagte er. Stichwort: Unsicherheit, mit Folgen. Für das in Hamm geplante Wasserstoffzentrum wollte man 2025 einen Baubeschluss fällen, dann hätte 2027 in der Betrieb starten können. Jetzt wird laut Becker der Zeitplan „erst einmal gestreckt“; ein Zeitplan soll aufgestellt werden.
Was Gaskraftwerke mit dem Strompreis zu tun haben
Dabei passt das geplante 500-MW-Gaskraftwerk in Hamm in das von Bundesenergieministerin Katharina Reiche ausgeflaggte Programm. Sie will 20 neue Gaskraftwerke bis 2030 an den Start bringen. Trianel hat den Vorteil, hier durch das bestehende 900-MW-Gaskraftwerk schon Infrastruktur zu haben. Es ist ein Brown-Field-Projekt, geplanter Invest: 350 Mio. € bis 400 Mio. € plus Schaltanlagen. Machbar sei das wie von Reiche gefordert wohl bis 2030, rechnet Becker auf Nachfrage vor. Falls die Gesetzesgrundlage noch dieses Jahr kommt, könnten Ausschreibungen in der ersten Jahreshälfte 2026 erfolgen, schätzt Becker. Und da Trianel schon vorbereitende Maßnahmen erledigt hat, sei das dann in vier Jahren machbar. „Wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen bereitstellt, dann werden alle Akteure auch zum Gelingen der Energiewende beitragen“, ist der Trianel-Chef sicher.
Dabei machte Trianel-Finanzvorstand Oliver Runte deutlich, was eine Priorisierung von Gaskraftwerken gegenüber einem Wasserstoffhochlauf auch bedeuten könnte: Längerfristig erhöhte Strompreise. „Wir werden langfristig Strompreisniveaus haben um die 80 €/MWh und damit sind wir deutlich, deutlich teurer als die USA oder Asien“, resümierte er. Hintergrund sei, so Runte, dass zum Beispiel aus den USA importiertes Gas hier bis zu dreimal teurer sein dürfte, als es dort am Henry Hub (dem wichtigsten Gasumschlagplatz) ausgeflaggt werde. Koste dort die MWh Gas 10 €/MWh, dann liege der Preis hierzulande dann nach Verflüssigung, Regasifizierung und Exportmarge bei rund 30 €/MWh. Bei einem Wirkungsgrad eines modernen Gaskraftwerks von etwa 50 % sei man bei 60 €/MWh: „Dann nehmen Sie noch CO2 mit dazu, dann kommen sie bei 80 €/MWh, in der Größenordnung, heraus“.
Fokus auf Erneuerbare und Gas hat Folgen
Das habe Folgen für die Industrie in Deutschland, ist sich Runte sicher: „Wir werden uns wahrscheinlich Stand heute an dieses Niveau gewöhnen müssen und darauf einstellen müssen, was natürlich viel mehr Effekte hat. Schauen Sie, was eine BASF macht. Schauen Sie, was andere machen mit der entsprechenden Verlagerung der Produktion aus Deutschland heraus“. Dabei stehe man mit dem Problem in Europa aber nicht allein. Die Art und Weise, wie die Energiewende strukturiert ist, ist dafür verantwortlich, folgt man Runte: „Das gilt für Italien genauso, das gilt für UK, also die Märkte, die durch Erneuerbare und Gaskraftwerke bestimmt werden, wie der deutsche Markt. Für die gilt das.“
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