Netzbetreiber 50Hertz 22.07.2013, 10:39 Uhr

Gefährlich nahe an 380 000 Volt

Netzbetreiber müssen ihre Infrastrukturen regelmäßig überwachen. So auch der Netzbetreiber 50Hertz, der sein knapp 7000 km langes 380-kV-Leitungsnetz zwischen Ostsee und Erzgebirge sowohl vom Boden aus als auch aus der Luft kontrolliert. Denn jeder zu spät erkannte Schaden, etwa durch Blitzschlag oder Vogelnester, kann zu empfindlichen Stromabschaltungen führen. Ein Kontrollflug im Hubschrauber durch das brandenburgische Braunkohlerevier.

Eine Nachtaufnahme westlich von Berlin an der Autobahn A10 zeigt die 380-Kilovolt-Leitung (entspricht 380.000 Volt) und Windräder.

Eine Nachtaufnahme westlich von Berlin an der Autobahn A10 zeigt die 380-Kilovolt-Leitung (entspricht 380.000 Volt) und Windräder.

Foto: 50Hertz

Der Morgen ist noch jung, doch schon recht warm. Fast mit Händen lässt sich die aufkommende Thermik greifen. Top Flugwetter also? Pilot Jörg Berger schaut eher nachdenklich. „Der Wind gefällt mir nicht“, sagt er und blickt zum Himmel. Wie an jedem Flugmorgen hat er sich in den Wetterbericht vertieft. Und für den Nachmittag sind Gewitter angesagt.

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So drückt Berger aufs Tempo. Auch die Männer vom Kontrolltrupp stehen bereit. Steffen Harig, der Betriebsdienstmeister Freileitungen im Regionalzentrum Ost des Netzbetreibers 50Hertz, gibt den beiden Inspekteuren Andreas Hewelt und Hubert Struck letzte Instruktionen: Worauf müssen sie besonders achten? Gab es auf dem anstehenden Streckenabschnitt Auffälligkeiten?

Doch die beiden sind alte Füchse. Kaum einer der Hochspannungsmasten, die sie nun befliegen, den sie nicht selbst schon einmal bestiegen hätten. Sie klettern in den Eurocopter AS 350, stülpen ihre Kopfhörer über, gurten sich fest, Pilot Berger startet den Motor, fast senkrecht hebt der Heli ab. Das Leitungsgewirr des Umspannwerks Graustein, südlich von Spremberg in die Lausitzer Heide gesetzt, wird schnell kleiner.

„Höher geht es nun kaum noch“, lässt sich der Pilot im Kopfhörer vernehmen. Denn für seinen Job, muss er den Helikopter stets dicht mal über, meist aber neben den Hochspannungssträngen auf Kurs halten.

Fast 7000 Kilometer 380-Kilovolt-Leitungen

Einmal im Jahr wird das komplette Netz von 50Hertz aus der Luft begutachtet, hatte Harig vor dem Start erzählt: „Allein bei den 380-kV-Leitungen sind das fast 7000 km.“ Heute stehen die beiden Maschinenleitungen an, die vom Umspannwerk Graustein zum Kraftwerk Schwarze Pumpe führen. 15 km hin und 15 km zurück.

Pilot Berger muss dazu den Vogel möglichst langsam dirigieren, sodass auch die Kontrolleure ihrem Job nachkommen können: Meter für Meter, vor allem Mast für Mast, prüfen sie die Trasse auf mögliche Schäden. Seit der Heli in der Luft ist, kleben ihre Augen geradezu an der aluminiumummantelten Stahlkernleitung. Struck schaut vor allem – und Hewelt hinter ihm vermerkt in seinen Tabellen, was er ihm via Bordfunk zuruft.

Viel mehr Speed als jene 20 km/h, mit denen der Pilot in mindestens 5 m Entfernung Tuchfühlung zu den energiegeladenen Trossen behält, sollten es also nicht sein. Rund eine Minute pro Mastfeld gilt als grobes Richtmaß. Sprich: eine Minute für die jeweils etwa 400 m Abstand zwischen zwei Stahlgittermasten.

Defekte in 45 Meter Höhe vom Boden aus nicht unbedingt auszumachen

Der bisweilen ermüdend langsame Flug ist Voraussetzung dafür, dass die beiden Inspekteure gerade neuralgische Punkte genau anschauen können – etwa Isolatoren, Mastkonstruktion, Armaturen, Beseilung und die Abstandshalter in den Spannfeldern. Dafür haben sie ja das Flugmobil gechartert. Selbst wenn sie am Boden jährlich alle Leitungen abliefen: Mancher Defekt in 45 m Höhe wäre von unten nicht auszumachen.

Pilot Berger – ein Berliner, der für die Meravo-Luftreederei im schwäbischen Oedheim tätig ist – kennt das Geschäft. Schon für die staatliche „Interflug“ der DDR beflog er Stromleitungen, damals noch mit russischen Mi-Hubschraubern. „Das liegt mir“, krächzt es durch die Geräuschkulisse der Rotorblätter, doch er wird unterbrochen. „Ein Vogelnest“, meldet Struck. Hebelt notiert Mastnummer, betroffenen Leiter, Traverse. „Sonst finden wir das später kaum wieder“, erklärt er. Immerhin müssen die beiden später noch die betroffenen Masten hinaufklettern, um den Schaden zu beheben.

„Traverse 2: noch ein Vogelnest!“, meldet Struck erneut. „Dabei hatten wir doch im Herbst alle Nester heruntergeholt“, sagt er etwas irritiert. Aber die Krähen, manchmal selbst Greifvögel bauten sich eben im Frühjahr neue – bevorzugt auf den Traversen, also den Querträgern der Hochspannungsmasten. „Leider kommt es wegen der von den Vögeln mit auf den Mast transportierten Zweige und mitunter sogar Drähte immer wieder zu Kurzschlüssen. Die enden für den Vogel tödlich.“

Störende Böen

Derweil scheint Pilot Berger recht zu behalten: Der Wind wird stärker, liegt bei fast 16 Knoten. „Da ist schon einige Bewegung in der Luft.“ Doch weniger die Windgeschwindigkeit stört den Piloten, eher die Böen. Der abrupte Wechsel von Windgeschwindigkeit und Windrichtung erfordert sein ganzes Geschick. Schließlich will er den leichten Mehrzweckhelikopter dicht neben den Leitungen halten. Heute jedoch bringt der Wind Mensch wie Maschine an ihre Grenzen, deutlich ist der Winddruck zu spüren, gegen den der Heli ankämpft.

Das spüren auch die beiden Inspekteure, ohne sich davon beeindrucken zu lassen. „Spannungsüberschlag“, meldet sich Strucks Stimme und Hewelt notiert. Zwei, drei Masten später ein weiterer Spannungsüberschlag. Zwei Teller eines Isolators sind gesplittert. „Das letzte Gewitter lässt grüßen!“, sagt Struck. Offenbar sei ein Blitz direkt in die Leitung eingeschlagen, statt sich seinen Weg über die hierfür angebrachten Erdseile an den Masten zu suchen. In beiden Fällen müssen nun zügig die Isolatoren ausgewechselt werden, um keinen Stromausfall zu riskieren.

Weiter geht es fast schnurgerade entlang der Leitungen, die sich über bewaldete Bergbaufolgelandschaft spannen. Dass die Sonne von hinten kommt, erleichtert den Männern ihr „hochkonzentriertes Schauen“, wie sie es nennen. Wo der Wald Schneisen freigibt, erkennt man, wie den Hubschrauber sein eigener Schatten begleitet. Zuweilen quert er dann auch eine der weiter unten verlaufenden 110-kV-Leitungen, die man daran erkennt, dass sie anders als die dreistufig aufgebauten 380-kV-Leitungen nur einen Querträger für die Isolatoren besitzen, erläutern Hewelt und Struck, ohne sich dabei von ihrem Tun ablenken zu lassen.

Zwischen den Kühltürmen wird´s eng für den Helikopter

Auf seinem Weg nach Nordwesten kommt der Heli jetzt vorbei an zahlreichen Windrädern und großen Solarbatterien. In der Ferne glitzern schon die Kühltürme des Kraftwerks Schwarze Pumpe, ihrem Ziel.

Drei Krähennester und einen Spannungsüberschlag später schwebt der Helikopter unmittelbar über dem futuristisch anmutenden Neubau des Kraftwerks, den Betreiber Vattenfall 1996 errichten ließ.

Pilot Berger hat dafür keinen Blick. Er konzentriert sich auf Quer- und Seitenruder, muss kräftig gegensteuern, denn zu den böigen Winden kommen nun noch Verwirbelungen zwischen den Gebäuden. Vor allem zwischen den Kühltürmen werde es „etwas eng“, klingt es aus den Kopfhörern. Doch Berger bleibt cool, beschwört die „recht gute Leistungsreserve“ seines Eurocopter. „Da geht das schon…“ Auch als Mitflieger spürt man die Spannung, die sich im Hubschrauber breitmacht.

Kraftwerksturbinen mit 3000 Umdrehungen pro Minute

Inspekteur Struck inspiziert derweil die Leitungsstränge, die in die beiden 800-MW-Blöcke führen und gibt Entwarnung: Hier, wo täglich bis 36 000 t Braunkohle aus dem nahen Tagebau Welzow-Süd zu Strom werden, gibt es für Hewelt nichts zu protokollieren. Der nutzt die Zeit, die Namensgebung seines Unternehmens zu erklären: Die minütlich 3000 Umdrehungen einer Kraftwerksturbine entsprechen am Generatorausgang exakt 50 Hz. Es ist die Frequenz des Wechselstroms, der von hier nach Graustein fließt, wo er in das Hochspannungsnetz von 50Hertz eingespeist wird und damit auch dem Unternehmen seinen Namen gab.

Nach einer großen Kurve über der Schwarzen Pumpe macht sich der Helikopter auf den Heimweg, fliegt jetzt die Trasse auf der anderen Seite ab. Was die Sache für die Inspekteure nicht leichter macht: Sonne von vorn, Gewächshausklima im Cockpit und dazu die heimtückischen Böen. Pilot Berger hält etwas mehr Abstand zu den Leitungen: Immerhin, verrät er, habe er früher schon mal versehentlich eine Leitung berührt. Kein lustiger Gedanke bei 380 000 V, die hier durchfließen. Ein sorgenvoller Blick nach unten, wo zwei Bauern auf einer Lichtung schnell noch vor dem Unwetter versuchen, ihr Heu bergen, trägt auch nicht zur Beruhigung bei.

Knapp eine Stunde ist das Team nun schon in der Luft. Das Umspannwerk Graustein, wo sie heute morgen gestartet sind, kommt wieder näher. Den Männern müssen langsam die Augen schmerzen. „Das strengt an, erfordert viel Konzentration“, gesteht Struck.

Prioritätenliste zur Abarbeitung der entdeckten Mängel

Dennoch scheint sich mit jeder Minute sein Gesicht aufzuhellen. Er nickt: „Wenig Schäden, keine Baumspitzen zwischen den Trassen, kein Leitungskennzeichnungsschild defekt, kaum Fäden von Nistmaterial, die von den Traversen herabhängen…“ Klingt da Stolz durch bei seinen Worten? „Aber ja“, versichern gleich beide Männer. „Es zeigt, die Leitung ist gut gewartet!“

Den zweiten Flug des Tages müssen sie dann aber absagen. „Zu riskant“, findet Pilot Berger, zu viel Wind, um dicht genug an die Leiterseile heranzufliegen. Also werden sich die Inspekteure mit dem Meister hinsetzen und die Prioritäten festgelegen, welche entdeckten Mängel als erstes abzuarbeiten sind.  

Ein Beitrag von:

  • Harald Lachmann

    Harald Lachmann ist diplomierter Journalist, arbeitete zuletzt als Ressortleiter Politik, und schreibt heute als freier Autor und Korrespondent für Tages-, Fach- sowie Wirtschaftszeitungen.

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