Dormagen startet Solar-Offensive: 180 Dächer werden zum Kraftwerk
Die Stadt Dormagen prüft 180 kommunale Dächer für Photovoltaik. Ein Masterplan zeigt Potenziale, Kosten und Chancen für die Energiewende vor Ort.
Blick auf Dormagen-Zons. Die Stadt möchte kommunale Dächer mit Photovoltaik ausrüsten und 80 % des Stroms aus erneuerbaren Energien gewinnen.
Foto: Smarterpix / JFsPic
Dormagen lässt 180 kommunale Dächer systematisch auf ihr Photovoltaik-Potenzial prüfen. Drees & Sommer erstellt dafür einen Masterplan, der Technik, Wirtschaftlichkeit, Gesetzeslage und mögliche Betreibermodelle bewertet. Die Stadt will damit Energiekosten senken, mehr eigenen Solarstrom nutzen und ihre Klimaziele erreichen. Erste Begehungen haben begonnen, 2026 sollen die Ergebnisse vorliegen.
Inhaltsverzeichnis
Plan: 80 % des Stroms aus Erneuerbaren
Deutschland will bis 2030 mindestens 80 % seines Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugen. Kommunen sind dabei ein unterschätzter Hebel. Viele Dächer stehen leer, obwohl sie ideale Flächen bieten. Dormagen will das ändern und ordnet sein gesamtes Dachportfolio neu.
Die Stadt hat das Beratungsunternehmen Drees & Sommer beauftragt, einen Photovoltaik-Masterplan für 180 Gebäude zu erstellen. Das Paket umfasst technische Erfassung, Potenzialanalyse, Machbarkeitsstudien und eine Priorisierung der Objekte. Die Ergebnisse sollen 2026 vorliegen.
Kommunale Dächer bleiben bundesweit ungenutzt
Öffentliche Gebäude könnten einen erheblichen Teil des Solarzubaus tragen. Doch laut einer Analyse befinden sich bundesweit nur 1,1 % aller PV-Anlagen auf kommunalen Dächern. Die Daten zeigen: Der Hebel ist groß, aber kaum bewegt.
Dormagens technischer Beigeordneter Dr. Martin Brans bestätigt diese Lücke:
„Auch auf Dormagens Dächern ist das Photovoltaik-Potenzial noch sehr groß. Der PV-Masterplan ist daher ein konsequenter Schritt, um unsere kommunalen Liegenschaften zukunftsfähig aufzustellen und die Klimaschutzziele der Stadt zu erreichen.“
Die Stadt mit rund 65.000 Einwohnerinnen und Einwohnern investiert seit Jahren in erneuerbare Energien. 2025 erhielt Dormagen 330.000 Euro Fördermittel für neue Anlagen auf zwei Schulen, der Stadtbibliothek und einer Sportanlage. Der neue Masterplan soll dieses Vorgehen systematisieren.
Technik, Recht und Wirtschaft im Blick
Das Projektteam von Drees & Sommer bewertet nicht nur Statik und Elektrik. Die Analyse reicht tiefer – und berücksichtigt Schwachstellen, die Kommunen oft übersehen. Projektleiter Yuri Leon-Dvoryaninov erklärt das Vorgehen: „Die Analyse geht weit über die rein technische Umsetzbarkeit hinaus.“
Er nennt Standsicherheit, Brandschutz, Denkmalschutz und die elektrische Infrastruktur als Kernfaktoren. Zusätzlich untersucht das Team, wie sich PV-Anlagen mit extensiver oder intensiver Dachbegrünung kombinieren lassen.
Gerade diese Kombinationsfrage gewinnt an Bedeutung. Begrünte Dächer können Hitze reduzieren, Wasser zurückhalten und Dächer länger schützen. Kommunale Gebäude bieten hier ein Testfeld.
Das Team berücksichtigt außerdem:
- Förderprogramme
- wirtschaftliche Ziele
- das Gebäudeenergiegesetz (GEG)
- die EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz (EPBD)
Leon-Dvoryaninov fasst zusammen: „Unser Ziel ist, eine klare und wirtschaftlich tragfähige Umsetzungsstrategie für die Stadt zu entwickeln.“
Warum die Dächer wichtig sind: Stromkosten als Belastung
Kommunale Gebäude verursachen hohe Energiekosten. Rund 30 % der Betriebsausgaben entfallen in Deutschland auf Strom und Wärme. Viele Gebäude laufen tagsüber unter Volllast – ideal für PV-Eigenverbrauch.
Brans sieht hier klare Vorteile: „Auf lange Sicht profitieren von dem PV-Masterplan nicht nur die kommunalen Liegenschaften, die den gewonnenen Strom primär für Eigenbedarf nutzen und damit ihre Betriebskosten senken.“
Der überschüssige Strom fließt ins Netz und kommt später den Einwohnerinnen und Einwohnern zugute. Die Stadt schätzt das gesamte PV-Potenzial – öffentliche und private Dächer zusammengenommen – auf etwa 225.000 MWh pro Jahr.
Vor-Ort-Check läuft bereits
Nach Sichtung der Unterlagen fanden erste Begehungen statt. Die Teams vermessen Dachflächen, prüfen Leitungswege und dokumentieren Schäden, die vor einer Installation behoben werden müssten.
Parallel bewertet Drees & Sommer Speicherlösungen und Mieterstrommodelle – zwei Bausteine für eine zukunftsfähige Stromversorgung. Nordrhein-Westfalen verpflichtet seit 2024 Neubauten von Nichtwohngebäuden zur Installation von Solaranlagen. Seit Sommer 2025 gilt dies auch bei grundlegenden Dachsanierungen staatlicher Gebäude. Dormagen setzt diese Vorgaben nun strategisch um.
2026 bekommt die Stadt eine umfassende Entscheidungsgrundlage. Sie will dann systematisch investieren und die Dächer priorisieren, die das beste Verhältnis aus Kosten, Stromertrag und städtischem Bedarf bieten.
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