Nuklearer Abfall 18.08.2025, 17:30 Uhr

Bekommt die Energiewende Unterstützung vom Atommüll?

Ein einigen Ländern verpönt und abgeschafft, in anderen weiterhin Säule der Energieversorgung: Atomkraftwerke sind umstritten, auch weil ihr Abfall noch Generationen beschäftigen wird. Nun soll es dafür eine ganz praktische Lösung geben, die sogar der Energiewende neuen Schub verleihen könnte.

Symbol für Atomkraft auf gelber Wand

Ihm Atommüll steckt einiges an Potenzial: Er könnte eine Energiequelle für die Energiewende sein.

Foto: smarterpix / BreakingTheWalls

Die moderne Welt benötigt unglaublich viel Strom: von Elektroautos über digitale Plattformen bis hin zu leistungsstarken Servern, die Künstliche Intelligenz antreiben. Und der Bedarf wächst weiter, denkt man allein an die Elektrifizierung des Wärmesektors. Die Folge: Herkömmliche Energiequellen stoßen zunehmend an ihre Grenzen.

In der Forschung gilt die Kernfusion als vielversprechender Ausweg, da sie bei vergleichsweise geringen Emissionen enorme Energiemengen liefern kann. So weit die Theorie, doch die Realität sieht komplizierter aus. Denn der Prozess benötigt Tritium – ein ausgesprochen knappes Isotop von Wasserstoff. Genau da setzt eine neue Idee an: Atommüll soll dabei helfen, diesen knappen Rohstoff zu gewinnen. Terence Tarnowsky, Physiker am Los Alamos National Laboratory, New Mexico, USA, widmet sich dieser Fragestellung und berichtet darüber auf der großen Herbsttagung der American Chemical Society, auf der jährlich Tausende Fachvorträge vorgestellt werden.

Atommüll als Energielieferant: neue Perspektiven für Tritium

In bestehenden Kernkraftwerken entsteht Strom aus Kernspaltung: Uran- oder Plutoniumkerne zerfallen, setzen Energie frei und stoßen Neutronen aus, die wiederum weitere Atome spalten. Auf diese Weise fließt kontinuierlich Energie – allerdings bleibt am Ende radioaktiver Abfall zurück, der immense Risiken birgt – und das über unbestimmte Zeit. Die geplanten Fusionskraftwerke hingegen setzen auf die Verschmelzung von Deuterium und Tritium. Dieses Prinzip, das auch Sterne im Universum antreibt, ist äußerst effizient und produziert kaum radioaktive Rückstände. Während Deuterium problemlos verfügbar ist, fehlt es jedoch an ausreichenden Mengen Tritium. „Derzeit liegt der Wert von kommerziellem Tritium bei etwa 15 Millionen Dollar pro Pfund und die USA verfügen nicht über die Kapazitäten, es im eigenen Land herzustellen“, erklärt Tarnowsky.

Tritium bildet sich zwar natürlich in der oberen Atmosphäre, doch in relevanten Mengen ist es nur schwer zu beschaffen. Die wichtigsten Quellen stammen heute aus Reaktoren in Kanada, wo es bei der Nutzung von Spaltprozessen anfällt. Im weltweiten Vergleich liegt die verfügbare Menge gerade einmal bei rund 25 Kilogramm. Laut Tarnowsky reicht diese geringe Menge aber aus, um rechnerisch über eine halbe Million Haushalte für ein halbes Jahr mit Strom zu versorgen – ein Hinweis darauf, welch enormes Potenzial Tritium besitzt. Im Gegensatz zu diesem Mangel gibt es radioaktive Abfälle nahezu im Überfluss: Aus amerikanischen Kernkraftwerken stammen bereits Tausende Tonnen, deren sichere Lagerung gewaltige Kosten verursacht und zudem mit langfristigen Umweltgefahren verbunden ist. Genau dieser scheinbar nutzlose Atommüll könnte also für einen Durchbruch sorgen: Er bietet eine Ressource, aus der fehlender Brennstoff gewonnen werden könnte.

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Simulationen zeigen: Atommüll könnte viel Energie liefern

Um herauszufinden, ob dieses Konzept tragfähig ist, entwickelte Tarnowsky umfangreiche Computersimulationen. Dabei testete er verschiedene Reaktordesigns, um festzustellen, wie effektiv sie Tritium produzieren könnten. Die Modelle setzen auf einen Teilchenbeschleuniger, der zusätzliche Spaltungsprozesse im Atommüll auslöst. Aus diesen Prozessen entstehen Neutronen, die über weitere Reaktionen allmählich das wertvolle Tritium bilden. Der entscheidende Vorteil liegt darin, dass sich die Teilchenbeschleuniger flexibel steuern lassen, sodass sich die Reaktion jederzeit gezielt unterbrechen oder anpassen lässt – ein deutlicher Sicherheitsunterschied zu den unkontrollierten Kettenreaktionen herkömmlicher Spaltreaktoren. Obwohl ähnliche Ideen bereits in den 1990er-Jahren untersucht wurden, sprechen technologische Fortschritte nun dafür, dass eine Umsetzung realistischer und vor allem effizienter sein könnte.

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Tarnowskys Berechnungen zeigen, dass ein hypothetisches System mit einer Leistung von einem Gigawatt gleichzeitig rund zwei Kilogramm Tritium im Jahr hervorbringen würde. Diese Menge entspricht in etwa der heutigen gesamten Jahresproduktion aller Reaktoren in Kanada. Der Forscher geht außerdem davon aus, dass die Ausbeute pro erzeugter Energiemenge mehr als zehnmal so hoch sein könnte wie in einem klassischen Fusionsreaktor, der Tritium direkt als Brennstoff benötigt. Damit entsteht die Aussicht, nicht nur neue Energie zu erzeugen, sondern auch ein rares Material zu gewinnen, das andernfalls enorme Kosten verursacht. Atommüll als Energielieferant könnte also gleich zwei Probleme gleichzeitig lösen: die Reduzierung radioaktiver Reststoffe und die Bereitstellung dringend benötigten Tritiums.

Atommüll als Unterstützung für die Energiewende

Im nächsten Schritt will Tarnowsky die ökonomischen Aspekte genauer durchrechnen. Dazu gehören detaillierte Kostenanalysen sowie die Bewertung, ob die Effizienz der verschiedenen Designs tatsächlich den theoretischen Prognosen entspricht. Denkbar ist der Einsatz von Modellen, bei denen Atommüll in geschmolzenem Lithiumsalz eingebettet wird – eine Technik, die bereits aus Uranreaktoren für Forschungszwecke bekannt ist. Das Salz würde einerseits den Reaktor kühlen, andererseits erschweren, dass der Abfall für militärische Zwecke missbraucht wird. Solche Elemente sollen sicherstellen, dass das Konzept nicht nur praktikabel, sondern auch langfristig tragfähig bleibt.

Auch wenn das Projekt enorme technische und politische Hürden vor sich hat, betont Tarnowsky die Chance, bestehende Technologien klug weiterzuentwickeln, statt auf völlig neue Systeme zu warten. „Die Energiewende ist ein kostspieliges Geschäft, und wir sollten es versuchen, wann immer es möglich ist, sie zu vereinfachen“, sagt er.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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