320 MW für Emden: Baubeginn für Europas Wasserstoff-Giganten
In Emden rollen die Bagger: EWE baut einen der größten Elektrolyseure Europas. Was das Projekt auszeichnet – und was es ausbremst.
So soll der 320-MW-Elektrolyseur in Emden ab 2027 aussehen.
Foto: EWE/Jan Lübkemann
In Emden entsteht eine der größten Wasserstoffanlagen Europas: Der Oldenburger Energieversorger EWE hat heute (28. November) offiziell mit dem Bau seines 320-MW-Elektrolyseurs begonnen.
Im Zusammenhang mit dem deutschen Wasserstoffhochlauf ist oft von „Meilensteinen“ die Rede, aber selten war der Begriff so angebracht wie hier. Zum Vergleich: Der aktuell größte Elektrolyseur Deutschlands befindet sich bei BASF in Ludwigshafen. Seine Kapazität: 54 MW.
Aber was zeichnet den Elektrolyse-Giganten in Emden neben seiner schieren Größe aus, und wie ist der Zeitplan?
Inhaltsverzeichnis
- Wasserstoff ab 2027: Siemens Energy liefert die Technik
- Erzeugung, Speicher, Pipeline: EWEs Masterplan gegen das Henne-Ei-Problem
- 50 % Mehrkosten: Wie EU-Regeln den Wasserstoff verteuern
- Was sich laut EWE ändern muss
- Mehr zu Clean Hydrogen Coastline im EWE-Video
- FAQ: Zahlen, Daten und Fakten zur Elektrolyse in Emden
Wasserstoff ab 2027: Siemens Energy liefert die Technik
Jetzt rollen die Bagger: In genau zwei Jahren, Ende 2027, soll in Emden grüner Wasserstoff entstehen. Eine Arbeitsgemeinschaft aus Ludwig Freytag, Gebrüder Neumann und MBN hat die Tief- und Hochbauarbeiten übernommen.
Das technische Herzstück – die PEM-Elektrolyse-Stacks – liefert Siemens Energy. Der Hersteller hat bereits die 20-MW-Anlage „Trailblazer“ von Air Liquide in Oberhausen sowie den Großelektrolyseur von BASF ausgestattet. Die Verdichter stammen vom Maschinenbauer Neuman & Esser aus der Nähe von Aachen.
„Mit dem Baustart gehen wir einen entscheidenden Schritt vom Planen ins Umsetzen“, sagte EWE-Vorstandschef Stefan Dohler. „Wir setzen damit ein starkes Signal für den industriellen Markthochlauf.“
Erzeugung, Speicher, Pipeline: EWEs Masterplan gegen das Henne-Ei-Problem
Die Anlage ist kein Einzelprojekt, sondern Teil des Großvorhabens „Clean Hydrogen Coastline“. Die Idee: Wasserstoff nicht nur erzeugen, sondern auch speichern und transportieren – ein geschlossenes System, das mit einem regionalen Ansatz die typischen Henne-Ei-Probleme des Markthochlaufs umgehen soll.
Damit das gelingt, rüstet EWE in Huntorf eine Salzkaverne zur großtechnischen Wasserstoffspeicherung um. Eine Pipeline-Achse zwischen Wilhelmshaven, Leer und Emden soll den Anschluss an das deutsche Wasserstoffkernnetz sicherstellen und bildet so die Wasserstoff-Arterie des Clusters.
Insgesamt investiert EWE bis zu 1 Mrd. € in Clean Hydrogen Coastline. Mehr als die Hälfte wird über die IPCEI-Förderung von Bund und Ländern finanziert.
Clean Hydrogen Coastline: Die drei Teilprojekte im Überblick
- Elektrolyse Ostfriesland: 320-MW-Elektrolyseur in Emden, Inbetriebnahme Ende 2027
- Speicher Huntorf: Umrüstung einer Salzkaverne zur großtechnischen Wasserstoffspeicherung
- H2-Pipeline-Infrastruktur Nordwest: Anbindung an das deutsche und europäische Wasserstoffkernnetz

Aktueller Blick auf das Baufeld in Emden. (
Foto: EWE/Jan Lübkemann)
50 % Mehrkosten: Wie EU-Regeln den Wasserstoff verteuern
Trotz des Baufortschritts übt Dohler scharfe Kritik an den europäischen Rahmenbedingungen. Die EU-Regeln zur Zusätzlichkeit und Zeitgleichheit beim Strombezug würden die Produktionskosten in Emden um etwa 88 % erhöhen, hatte er im Sommer dem Fachportal H2News erklärt. Bezogen auf den Preis pro kg bedeute das über 50 % Mehrkosten. „Unser Wasserstoff wird teurer, als er sein müsste“, so Dohler damals.
Das Problem: Die sogenannten RFNBO-Kriterien für grünen Wasserstoff schreiben vor, dass Elektrolyseure ihren Strom aus neuen Erneuerbare-Energien-Anlagen beziehen und die Produktion stündlich mit der Stromerzeugung abgleichen müssen. Ein flexibler, preisoptimierter Betrieb ist damit kaum möglich.
Die Anlage in Emden profitiert allerdings noch bis 2030 vom Bestandsschutz. Erst danach greifen die strengeren Vorgaben.
Was sich laut EWE ändern muss
EWE fordert deshalb eine Reform der RFNBO-Regeln, wettbewerbsfähige Strompreise für Elektrolyseure sowie politische Instrumente, die die Wasserstoffnachfrage ankurbeln – etwa durch Quoten für grüne Industrieprodukte. Dohler verwies auf den jüngsten Bericht des Bundesrechnungshofs zur Nationalen Wasserstoffstrategie:
„Der Bericht bestätigt aus unserer Sicht, dass der Markthochlauf deutlich beschleunigt und wirtschaftlicher gestaltet werden muss“, sagte er. „Der Hochlauf gelingt nur, wenn Regulierung und Förderung zielgerichtet weiterentwickelt werden.“
Mit 37 Salzkavernen verwaltet der Energieversorger über 15 % der deutschen Erdgas-Kavernenspeicher. Sie alle eignen sich potenziell zur Wasserstoffspeicherung – und könnten den Nordwesten Deutschlands so zu einem Zentrum der H2-Wirtschaft machen.
Mehr zu Clean Hydrogen Coastline im EWE-Video
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FAQ: Zahlen, Daten und Fakten zur Elektrolyse in Emden
Welche Leistung hat die Anlage?
Rund 320 MW – damit wäre sie nach aktuellen Stand die größte in Europa.
Wie viel Wasserstoff wird produziert?
Jährlich rund 1 TWh. Das entspricht etwa 30.000 t grünem Wasserstoff. Zum Vergleich: Deutschland verbraucht derzeit rund 1,7 Mio.t Wasserstoff pro Jahr.
Wer liefert die Technik?
PEM-Elektrolyse-Stacks von Siemens Energy, Verdichter von Neuman & Esser.
Wann geht die Anlage in Betrieb?
Ende 2027.
Wie wird der Wasserstoff weitertransportiert?
Die Anlage soll direkt ins deutsche Wasserstoffkernnetz einspeisen. Dafür baut EWE eine Pipeline-Achse, die Emden über Leer mit Wilhelmshaven verbindet.
Was kostet das Projekt?
Die Kosten für den Elektrolyseur sind noch nicht bekannt. Das Gesamtvorhaben „Clean Hydrogen Coastline“ umfasst Investitionen von rund einer Milliarde Euro. Der Elektrolyseur in Emden wird dabei zu mehr als 50 Prozent durch IPCEI-Fördermittel finanziert.
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