13.200 Kollektoren: So entsteht Deutschlands größte Solarthermie
Leipzig baut Deutschlands größte Solarthermieanlage mit 13.200 Kollektoren. Ab 2026 liefert sie klimafreundliche Fernwärme aus Sonnenenergie.
Die Projektleiter der Stadtwerke Leipzig Erik Jelinek (l) und Guido Wimmer von Ritter XL Solar kontrollieren ein Kollektorfeld in der neuen Solarthermieanlage am Rande von Leipzig. Die den Bauherren zu Folge größte Solarthermieanlage Deutschlands soll ab Mai 2026 Fernwärme ins Leipziger Netz liefern.
Foto: picture alliance/dpa | Jan Woitas
Zwischen Feldern und Wiesen im Leipziger Stadtteil Lausen ragen seit Monaten endlose Reihen glänzender Glasröhren in den Himmel. Hier entsteht gerade ein Stück Energiewende zum Anfassen: die größte Solarthermieanlage Deutschlands. 13.200 Kollektoren stehen auf der Fläche – und sie sollen künftig einen Teil der Leipziger Fernwärme liefern. Ab Mai 2026 fließt dann erstmals heißes Wasser aus Sonnenenergie durch die Leitungen der Stadtwerke.
Projektleiter Erik Jelinek zeigt sich zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, dass die Anlage Ende des Jahres mechanisch fertig sein wird.“ Danach folgt die Inbetriebnahme und ein Probebetrieb, bevor die Anlage offiziell startet. 40 Millionen Euro kostet das Vorhaben – ein Baustein in Leipzigs Plan, bis 2038 klimaneutrale Fernwärme zu erreichen.
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65.208 qm Bruttokollektorfläche
Die 13.200 Kollektoren stammen von der Firma Ritter Solar. Es handelt sich um schwarz-blaue Röhrenkollektoren, die in Parabolspiegeln sitzen. In jeder Röhre zirkuliert Wasser, das bei Sonneneinstrahlung erhitzt wird – ganz ähnlich wie bei einem Tauchsieder. Die Wärme wird dann über Wärmetauscher in Pufferspeicher und schließlich ins Fernwärmenetz eingespeist.
Das Gebäude für die technische Steuerung steht bereits. Ab November sollen dicke Rohrleitungen verlegt werden, um die Anlage mit dem bestehenden Netz zu verbinden. Die Entfernung ist gering, denn die Fernwärmerohre verlaufen nur wenige Meter entfernt.
Die Dimensionen sind beachtlich: 65.208 qm Bruttokollektorfläche. Wenn die Sonne scheint, verwandeln sich diese Röhren in eine gewaltige Heizung. Die Anlage wird jährlich rund 26.000 MWh Wärme erzeugen – das entspricht etwa dem Bedarf von 1400 Haushalten.
Ein kleiner Schritt für die Wärmewende
Im großen Leipziger Fernwärmenetz macht die Solarwärme allerdings nur einen kleinen Anteil aus. Rund 2 % des jährlichen Bedarfs sollen künftig aus der Sonne kommen. Das klingt zunächst bescheiden, hat aber System.
„Die Anlage ist schon dafür da, dass sie hauptsächlich im Sommer ihren Job tut“, erklärt Jelinek. „Aber wir haben auch im Sommer Bedarf an Fernwärme. Rund 20 % der täglichen Versorgung kann die Anlage dann liefern, über die Mittagszeit entspricht das nahezu dem gesamten Wärmebedarf.“
Solarthermie funktioniert besonders gut in den hellen Monaten, wenn die Sonne lange scheint. Etwa 80 % der Jahreserträge entstehen zwischen April und September. In dieser Zeit muss weniger Gas oder Kohle verbrannt werden – und genau das zählt für die Klimabilanz.
Warum Stadtwerke jetzt auf Solarthermie setzen
Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) beobachtet, dass das Interesse an großen Solarthermieanlagen wächst. Die Wärmewende zwingt Versorger dazu, Alternativen zu fossilen Brennstoffen zu finden. Noch stammt der Großteil der Fernwärme bundesweit aus Erdgas. Das soll sich ändern.
Laut einem VKU-Gutachten könnten bis 2045 deutschlandweit rund 2 % der Fernwärme solar erzeugt werden – sofern Platz vorhanden ist. Denn die Kollektoren brauchen Fläche, viel Fläche. In dicht besiedelten Städten wird das schwierig. In Lausen, am westlichen Stadtrand Leipzigs, war genügend Raum vorhanden: eine ehemalige landwirtschaftliche Fläche, ideal für das Projekt.
Auch andere Städte in Sachsen arbeiten an klimafreundlicher Wärme. In Dresden ging im Juni eine kleinere Solarthermieanlage in Betrieb. Der Energieversorger SachsenEnergie bezeichnet sie als „kleinen Baustein bei der Dekarbonisierung der Dresdner Fernwärme“. Mit jährlich 700 MWh erzeugter Wärme ist sie deutlich kleiner als die Leipziger Anlage – sie schafft nur rund ein Dreißigstel der Leistung.
Leipzigs Fernwärme soll grüner werden
Leipzig verfügt über eines der größten Fernwärmenetze Ostdeutschlands. Rund 500 km Rohrleitungen versorgen bereits ein Drittel aller Haushalte der Stadt. Langfristig soll der Anteil auf 50 bis 60 % steigen. Solarthermie ist dabei nur ein Teil des Gesamtplans.
Ab 2028 soll zudem eine 19 km lange Leitung Wärme aus dem Chemiepark Leuna nach Leipzig transportieren – Abwärme, die bislang ungenutzt verpufft. Damit ließen sich auf einen Schlag rund 40 % der Leipziger Fernwärme klimaneutral decken. Zusammen mit Projekten wie der Solarthermieanlage in Lausen rückt das Ziel einer grüneren Fernwärmeversorgung in greifbare Nähe.
Projektleiter Jelinek erläutert: „Bei der Größe unseres Fernwärmenetzes wäre es nicht zweckmäßig, alles über Solarthermie zu machen; diese ergänzt sich aber sehr gut mit anderen Technologien.“ (mit dpa)
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