Für mehr Sicherheit 04.11.2020, 07:00 Uhr

So lassen sich Fremdkörper in Lebensmitteln rasch aufspüren

Glassplitter, Holzspäne oder Plastikteile lassen sich mit Röntgenstrahlen kaum nachweisen. Doch Technologien, die man aus anderen Bereichen kennt, könnten der Lebensmittelindustrie bei Qualitätskontrollen helfen.

Sind Fremdstoffe im Keks? Eine neue Radartechnolgie macht Lebensmittel sicherer. 

Foto: panthermedia.net/stockfoto-graf

Sind Fremdstoffe im Keks? Eine neue Radartechnolgie macht Lebensmittel sicherer.

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Fremdkörper können an jeder Stelle des Produktionsprozesses ins Lebensmittel geraten. Bislang arbeiten Hersteller vor allem mit Röntgenverfahren. Diese Strahlung detektiert aber nur Stoffe mit hoher Dichte, etwa Metallspäne oder Schrauben. Für Glas, Kunststoff beziehungsweise Holz ist das Verfahren nicht geeignet. Firmen suchen nach Alternativen, denn Beanstandungen können zu immensen Schäden führen. Finden sich Kontaminationen jedweder Art in Produkten, sind Hersteller zum Rückruf verpflichtet. Informationen gehen an alle Händler – sie müssen Produkte auch ohne Kaufnachweis zurücknehmen. Das kostet Geld und kann zu schwerwiegenden Image-Verlusten führen.

Ingenieure des Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR stellen jetzt ein neues Verfahren vor. Sie spüren Glassplitter in Schoko-Doppelkeksen mit einer neuen Radartechnologie, SAMMI® genannt, auf. Das Akronym steht für „Stand Alone MilliMeter wave Imager“.

„Unser System basiert auf Millimeterwellen und kann das etablierte Röntgenverfahren ergänzen“, so Daniel Behrendt vom Fraunhofer FHR. „Denn es erkennt die Fremdstoffe, die Röntgenverfahren schnell übersehen – also Glassplitter, Kunststoffe und Holz.“ Nicht durchleuchten könne man Metalle.

Abschwächung von Radarwellen als neues Messprinzip 

Alle zu untersuchenden Lebensmittel können sich, wie in der Produktion üblich, auf einem Fließband befinden. Sie werden automatisch in die Messeinheit transportiert. Oberhalb des Bandes befindet sich eine bewegliche Antenne als Sender. Sie sendet elektronmagnetische Wellen im Millimeterbereich aus. Diese Strahlung gelangt durch das zu untersuchende Produkt.

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Verglichen mit bekannten Nacheismethoden per Röntgenstrahlung gibt es einen Unterschied. Die Wellen werden nicht nur je nach Dichte des Materials unterschiedlich stark geschwächt. Vielmehr verändern Partikel, die sich als Kontamination in Lebensmitteln befinden, die Laufzeit der Wellen. Ein Detektor unterhalb des Bandes erfasst die Signale anschließend. Daher kann man nicht nur die Beschaffenheit von Lebensmitteln untersuchen, sondern erkennt auch marginale Abweichungen von Standardwerten.

Bei der Auswertung wird jedem Messpunkt ein Pixel zugeordnet. Auf dem Monitor erscheint eine Darstellung des Gegenstands selbst, auf der sich Fremdkörper sofort erkennen lassen. Das gelingt sowohl bei unverpackten als auch bei verpackten Waren.

Drei „Must Dos“ für die Lebensmitteltechnologie nach der Pandemie

Untersuchung von Keksen mit dem Prototyp

Mit Radar konnten Ingenieure Glaspartikel in Schokokeksen nachweisen (links: Originalprodukte, rechts das Ergebnis der Untersuchung).<br srcset=Foto: Fraunhofer FHR" width="980" height="392">

Mit Radar konnten Ingenieure Glaspartikel in Schokokeksen nachweisen (links: Originalprodukte, rechts das Ergebnis der Untersuchung).

Foto: Fraunhofer FHR

Die Forscher am Fraunhofer FHR haben einen Prototyp entwickelt und unter realen Bedingungen eingesetzt. Ihr Gerät ist 40 mal 40 mal 30 Zentimeter groß. Es kann Lebensmittel mit den maximalen Maßen von 30 mal 30 mal 5 Zentimetern untersuchen, wobei sich das System auch größer konstruieren lässt. Rein technologisch gibt es keine Begrenzung.

Um ihr System zu testen, gaben die Wissenschaftler feine Glassplitter in Doppelkekse mit Schokoladencreme. Röntgengeräte wären hier überfordert, aber SAMMI® konnte punkten. Der Prototyp erkannte Glaspartikel zuverlässig. Solche Produkte würden im Zuge der Qualitätskontrolle dann ausgesondert.

Apropos Qualität: Die Radaraufnahmen helfen auch, um zu beurteilen, ob ein Produkt die gewünschte Spezifikation erfüllt. Sind in Adventskalender einzelne Felder leer, fällt das bei der Abschlusskontrolle ebenfalls auf, und fehlerhafte Ware kann entsorgt werden. Das gilt auch, falls eine Maschine Klebepunkte nicht korrekt angebracht hat. Alle Tests verliefen erfolgreich. Bis zur Einführung in die Praxis ist dennoch Arbeit nötig. Das Fraunhofer-Team will im nächsten Schritt die Untersuchungsgeschwindigkeit und die Genauigkeit optimieren.

Überprüfung von Paketsendungen im Praxisbetrieb 

Dass sich Radartechnologien zur routinemäßigen Überprüfung unter Praxisbedingungen eignen, zeigt ein anderes Beispiel. T-SENSE®, ein Mikrowellen-Scanner, untersucht Postsendungen zerstörungsfrei auf verdächtige Inhalte.

Basis ist das Konzept von SAMMI®. Der Sender führt beim Scannen Kreisbewegungen aus. Durch eine Fließbandzuführung lassen sich zwischen 200 und 600 Postsendungen pro Stunde untersuchen. Der Empfänger befindet sich unter dem Band. Sicherheitskräfte erhalten alle Ergebnisse in Echtzeit auf dem Monitor. Sie können bei Hinweisen auf Gefahren das System stoppen, um einen einzelnen Brief langsamer, aber mit höherer Auflösung, zu scannen. Dafür haben sie unterschiedliche Tools zur Verfügung. Für T-SENSE® wurde eine spezielle Software entwickelt, um ungeübte Personen anzuleiten.

Das System hat mehrere Besonderheiten: Mikrowellen erkennen, falls sich in den Briefen Gegenstände befinden, die nicht aus Metall sind, etwa Sprengstoff oder Drogen. Und mit T-Cognition gelingt es, diese Substanzen zu identifizieren. Das Tool arbeitet mit spektroskopischen Analysen.

 

Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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