ADAC-Zentrale 20.04.2012, 11:58 Uhr

RFID revolutioniert komplexen Fassadenbau

Beim 87 m hohen Neubau der ADAC-Zentrale in München ist jedes Fassadenelement ein Unikat. Keines der 1152 Bauteile an dem im März eingeweihten Gebäude gleicht in der Farbkombination einem anderen. Zusätzlich zur elektronischen Stückliste wurde jedes Fassadeneinzelteil über RFID-Chips auf der Baustelle erfasst und am richtigen Ort eingebaut.

Nicht nur die Logistik von Herstellung, Anlieferung und Montage, auch die lebenslange Wartung der Fassade der neuen ADAC-Zentrale wird über RFID erleichtert: Sollten nach Jahren mal Gläser, Beschläge oder Motoren beschädigt sein, liefert der eingebaute Chip alle Informationen, um sofort das passende Ersatzteil zu besorgen.

Die Josef Gartner GmbH, Gundelfingen, hat den geschwungenen Hochhausbau mit einer 10 000 m2 großen Fassade aus Aluminium und Glas verkleidet. Das farblich changierende Erscheinungsbild der Fassade entsteht aus insgesamt 22 verschiedenen NCS-Farbtönen (Natural Colour System) rund um das für den ADAC typische Gelb. Diese Farben verstärken die Tiefenwirkung der zweischaligen Fassade und den plastischen Eindruck des 18-stöckigen Gebäudes. Sie wurden auf die Elemente aus Aluminiumprofilen und -blechen und Raff-Stores per Siebdruck auf die Prallscheiben aufgetragen.

Jedes Bauteil der ADAC-Zentrale ist mit einem RFID-Chip versehen

Die Vielzahl der Farbkombinationen, der Elementgrößen und Teile erforderte dabei eine besonders ausgefeilte Logistik. Pro Stockwerk wurden zwölf verschiedene Elementbreiten eingesetzt. Jedes Fassadenelement bestand wiederum aus elf das Äußere bestimmenden Bauteilen wie Sonnenschutz, Glas, beschichteten Profilen, Blechen etc. mit den spezifischen Farbkombinationen. Beim Zusammenbau der Elemente im Werk Gundelfingen erhielt jedes Element einen rund 5-Cent-großen RFID-Chip, der unsichtbar im Profilfalz des Rahmens angebracht wurde.

Fehlerfreie Montage mit RFID

Über einen 18-stelligen Code ist jedes Element mit der Stückliste im SAP-System verknüpft. So ist jedes Einzelteil über einen Scanner elektronisch zu identifizieren, um die Position des Elements in der Logistikkette und beim Einbau exakt zu bestimmen sowie die Montage zu beschleunigen. Beim Einbau konnte der Monteur über sein Lesegerät kontrollieren, ob er das richtige Bauteil am richtigen Einbauort montiert. Im Display des Lesegeräts erschien entweder ein grünes Häkchen oder ein rotes Kreuz. Ohne RFID und anhand ausgedruckter Listen wäre eine Montage der 1152 verschiedenen Fassadenelemente höchst fehleranfällig gewesen. Gleichzeitig ermöglichten die RFID-Chips einen tagesaktuellen Überblick über den Stand der Fertigung und Montage.

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Dank RFID: Schneller Service und transparente Wartung

Im Vergleich zu einem aufgeklebten Barcode ist ein im Profil- oder Glasfalz unsichtbar angebrachter RFID-Chip witterungsbeständig und lebenslang haltbar. So können auch Wartung und Service für eine Fassade revolutioniert werden. Sollten beispielsweise das Glas oder ein motorischer Antrieb des Fassadenelements beschädigt sein, kann der Facility Manager über ein Lesegerät die Nummer des Elements erfassen und mit Angabe des beschädigten Einzelteils an den Fassadenbauer senden. Aufgrund der gespeicherten Stücklisten kann das Element sofort bestimmt und das richtige Ersatzteil bestellt werden.

Letztlich muss kein Servicemitarbeiter mehr zum Kunden fahren, den Schaden vermessen und aufnehmen und dann erst in Stücklisten suchen. Das spart Zeit und Kosten beim Kunden wie beim Fassadenbauer.

Fassaden müssen in regelmäßigen Abständen gewartet werden, damit sie nach Jahrzehnten noch funktionstüchtig sind. Für diese Tätigkeiten sind Wartungsspezialisten von Gartner mit einem Tablet-PC mit USB-Reader ausgestattet. Sie können den RFID-Chip einlesen und die genauen Wartungsarbeiten für das jeweilige Element elektronisch eingeben. So entsteht ein Wartungsjournal mit einer lückenlosen und lebenslangen Dokumentation, das Kunden eine hohe Transparenz bietet.

Logistiksteuerung komplexer Projekte durch RFID

Entwickelt wurde der RFID-Einsatz von Fassadenbauer Gartner zunächst für das „inHaus2“-Projekt in Duisburg, einem Forschungsgebäude der Fraunhofer Gesellschaft für neue Produkt- und Anwendungslösungen bei Nutzimmobilien, das 2008 in Betrieb genommen wurde.

Mittlerweile setzt Deutschlands führender Fassadenbauer, der weltweit über 1200 Mitarbeiter beschäftigt, diese Technik bei fast allen Projekten ein. So auch beim Neubau der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, der gegenwärtig in Hamburg-Wilhelmsburg entsteht und wie der ADAC-Bau von Sauerbruch Hutton Architekten entworfen wurde.

Gartner verkleidet den Neubau, der aus sieben Flachbauten mit einer Höhe von ca. 23 m und einem rund 50 m hohen Hochhaus besteht, mit einer rund 20 000 m2 großen einschaligen Aluminium-Elementfassade. Auf die Elemente werden 9000 m2 Keramikverkleidungen mit 20 verschiedenen NCS-Farbtönen montiert.

Aufgrund der geschwungenen Gebäudegeometrie gibt es gerade, konvex und konkav gebogene Steine, die mit verschiedenen Querschnitten und Farben zu kombinieren sind. Die Fassade ist höchst komplex, da von insgesamt rund 26 000 Keramiksteinen 13 500 Steine verschieden sind. Ohne RFID wären die 2044 Fassadenelemente kaum zu realisieren.

Und auch die Logistik der besonders energieeffizienten und komplexen Fassadenelemente am 68 m hohen Verwaltungsgebäude der Roche Diagnostics AG wurde über RFID-Chips gesteuert. Die 10 cm x 3 cm großen und 5 mm dicken Chips sind unsichtbar im Falz angebracht. Dieses Gebäude im Schweizer Rotkreuz kleidete Gartner mit einer Closed-Cavity-Fassade (CCF) ein, einer geschlossenen zweischaligen Fassade, die innen dreifach und außen einfach verglast ist. Die CCF-Fassade ermöglicht den Einsatz hochtransparenter Gläser und hocheffizienter Sonnenschutzanlagen. Neben der Transparenz werden mit der von Gartner entwickelten CFF auch Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit verbessert. Beim Hochhaus in Rotkreuz erreicht die CCF-Fassade einen Ucw-Wert von 0,84 und einen g-Wert von 0,11.

Qualitätssicherung und -dokumentation mittels RFID

Der Einsatz von RFID-Chips und die Verknüpfung mit dem SAP-System gewährleistet eine exakte Baudokumentation über den gesamten Lebenszyklus eines Fassadenelements. Die objekt- und produktspezifischen Daten lassen sich so verwalten, dass beim Glas beispielsweise Hersteller, Typ und Beschichtung oder die zuletzt ausgeführten Wartungsarbeiten nachverfolgt werden können. Trotz veränderter Nutzung der Räume kann der Einbauort auch nach Jahren immer genau lokalisiert werden. Insbesondere bei Schadensfällen wird die Arbeit des Facility-Managements wesentlich erleichtert. Für die Qualitätssicherung und -dokumentation bietet RFID ein lückenloses System. Und da zeitnah erfasst wird, wann ein Element gefertigt und verpackt beziehungsweise verbaut wurde, wird eine zeitnahe Abrechnung gefördert.

Ein Beitrag von:

  • KLaus Lother

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