Empa baut molekulare Lichterkette für Elektronik der Zukunft
Empa entwickelt ein Hybridsystem aus Porphyrinen und Graphen. Es könnte als Sensor, in der Elektronik oder für Quantentechnologien dienen.
Ein Graphen-Nanoband verbindet die Porphyrin-Moleküle, jedes davon mit einem Metallzentrum (rot), wie eine molekulare Lichterkette. Die Metallatome werden von vier Stickstoffatomen (blau) in der Mitte des Porphyrins gehalten.
Foto: Empa
Stellen Sie sich eine Lichterkette vor, die nicht Ihr Wohnzimmer schmückt, sondern Informationen speichert und weitergibt. Forschende der Empa haben genau so ein System gebaut – allerdings im Nanomaßstab. Sie kombinierten winzige organische Moleküle mit Metallzentren und banden diese an Graphen-Nanobänder. So entstand eine Art molekulare Kette, die sowohl elektronisch als auch magnetisch miteinander verbunden ist.
Die Arbeit, veröffentlicht in Nature Chemistry, könnte neue Wege in der Elektronik eröffnen. Anwendungen reichen von chemischen Sensoren bis hin zu Quantentechnologien.
Warum Porphyrine so vielseitig sind
Im Zentrum stehen sogenannte Porphyrine. Diese organischen Moleküle bilden einen Ring, in dessen Mitte Metall-Ionen wie Eisen, Kobalt oder Magnesium Platz finden. Solche Strukturen kennen Sie aus dem Alltag: Hämoglobin im Blut und Chlorophyll in Pflanzen basieren beide auf Porphyrinen. Je nach Metall ändern sich die Eigenschaften – von Farbe bis Magnetismus.
Genau diese Anpassungsfähigkeit macht Porphyrine für die Technik interessant. Forschende träumen schon lange davon, sie in der molekularen Elektronik einzusetzen. Doch es gibt eine Hürde: Moleküle müssen wie Bausteine miteinander verbunden werden. Erst so lassen sich komplexe Funktionen aufbauen.
Graphen als stabiles Rückgrat
Die Lösung kam aus dem Empa-Labor „nanotech@surfaces“. Gemeinsam mit Chemikerinnen und Chemikern des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung entwickelten sie eine Methode, um Porphyrine gezielt an Graphen-Nanobänder zu binden. Graphen ist ein zweidimensionales Material aus Kohlenstoff, das für seine Leitfähigkeit bekannt ist.
Die Forschenden nutzten ein nur einen Nanometer breites Band mit Zickzack-Rändern. Dort dockten die Porphyrine wie Perlen auf einer Schnur an – abwechselnd links und rechts.
„Unser Graphenband weist dank Zickzack-Rand selbst eine besondere Art von Magnetismus auf“, erklärt Feifei Xiang, Erstautorin der Studie. Die Metallatome in den Porphyrinen sind auf eine andere Weise magnetisch. Während die Elektronen der Metalle am Atom bleiben, verteilen sich die Elektronen im Graphen entlang der Kanten. „Dank der Kopplung der Porphyrine an das Graphen-Rückgrat ist es uns gelungen, beide Arten von Magnetismus in einem System zu kombinieren und zu verbinden“, ergänzt Oliver Gröning, stellvertretender Leiter des Labors.
Potenzial für Quanten-Technologien
Diese Kopplung eröffnet neue Möglichkeiten. Das Graphenband fungiert als Kabel im Nanomaßstab, das Elektrizität und Magnetismus transportiert. Besonders spannend ist der sogenannte Spin der Elektronen. Er lässt sich als Informationsträger nutzen – die Basis für Qubits in Quantencomputern.
„Unser Graphenband mit den Porphyrinen könnte als eine Reihe von miteinander vernetzten Qubits funktionieren“, sagt Roman Fasel, Leiter des Labors.
Molekulare Lichterkette
Porphyrine sind nicht nur elektrisch aktiv, sondern auch optisch. Sie absorbieren und senden Licht. Das kennen Sie von Chlorophyll, das Pflanzen grün färbt.
„Die Porphyrin-Zentren sind optisch aktiv“, erklärt Gröning. So lassen sich elektronische und magnetische Eigenschaften auch über Licht beeinflussen. Die Moleküle können Farben aussenden, die sich je nach Magnetzustand ändern – eine Art molekulare Lichterkette, deren Farbwechsel Informationen sichtbar machen.
Der Effekt funktioniert auch andersherum: Licht kann die Moleküle anregen und dadurch die Leitfähigkeit des Graphenbands verändern. Auf diese Weise entsteht ein vielseitiges System, das optische und elektrische Signale koppelt.
Ein flexibler Baukasten
Porphyrine lassen sich außerdem chemisch verändern. Forschende können an sie zusätzliche Gruppen binden, die bestimmte Substanzen erkennen. Treffen die Moleküle auf eine Zielsubstanz, verändert sich die Leitfähigkeit des Graphenbands. So entstehen Sensoren im Nanomaßstab.
„Unser System ist ein Baukasten, mit dem man unterschiedliche Eigenschaften einstellen kann“, sagt Fasel. Das Team plant, verschiedene Metalle in die Porphyrine einzusetzen, um die Bandbreite der Eigenschaften zu erweitern. Auch breitere Graphenbänder sind vorgesehen, um die elektronische Basis auszubauen.
Präzision im Nanomaßstab
Die Herstellung ist hochkomplex. Am Max-Planck-Institut wurden Moleküle synthetisiert, die Porphyrin und Kohlenstoffringe in klar definierten Positionen enthalten. Diese Vorstufen „backen“ die Forschenden bei mehreren Hundert Grad im Ultrahochvakuum zusammen. Als Unterlage dient eine Goldoberfläche. Nur so lassen sich die feinen Strukturen mit atomarer Präzision erzeugen.
Gefördert von der Werner Siemens-Stiftung arbeitet das Empa-Team daran, die molekulare Lichterkette aus dem Labor in Anwendungen zu bringen. Ob in Sensorik, Elektronik oder Quantencomputern – die Möglichkeiten sind vielfältig.
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