Beton verliert: Wie der Bankeinbruch von Gelsenkirchen funktionierte
Wie es die Bankräuber von Gelsenkirchen mit einem Industrie-Bohrer in den Tresorraum der Sparkasse geschafft haben.
Großes Loch im Tresorraum der Sparkasse Gelsenkirchen. Wie konnte das technisch passieren?
Foto: Polizei Gelsenkirchen
Stell dir vor, es ist Weihnachten, die Stadt ist ruhig, und während alle unter dem Baum sitzen, arbeiten sich Profis im Untergrund durch meterdicken Beton. Genau das ist über die Feiertage 2025 in einer Gelsenkirchener Bank passiert. Der Fall sorgt gerade bundesweit für Schlagzeilen – nicht wegen Hollywood-reifer Explosionen, sondern weil die Täter verblüffend „leise“ und methodisch vorgegangen sind.
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Was genau ist da passiert?
Die Diebe haben sich wohl die Nacht von Samstag auf Sonntag ausgesucht. Ihr Weg führte nicht durch den Haupteingang, sondern ganz unspektakulär über ein Parkhaus. Von dort aus knackten sie ein paar Türen, landeten in einem Archivraum und standen dann vor der letzten Hürde: der massiven Wand zum Tresorraum.
Statt Sprengstoff – der laut, gefährlich und unberechenbar ist – setzten sie auf Profi-Werkzeug aus dem Hochbau. Experten schätzen, dass ein 350-Millimeter-Diamantbohrer im Einsatz war. Das Teil wiegt mit Zubehör etwa 20 Kilo und braucht eigentlich nur eines: normalen Strom und ein paar Stunden Geduld.
Bohren statt Knallen: Warum die Physik den Tätern half
In den Medien ist oft von „Abrasion statt Explosion“ die Rede. Klingt kompliziert, heißt aber eigentlich nur: Die Täter haben den Beton weggeschliffen statt ihn zu sprengen.
- Der Clou: Ein Diamant-Kernbohrer schneidet sich durch alles – egal ob Beton oder massiver Bewehrungsstahl.
- Der Vorteil: Es gibt keine heftigen Erschütterungen oder Druckwellen, die sofort jeden Alarm auslösen würden. Es ist eher ein gleichmäßiges Surren und Schleifen.
Das Problem für die Bank: Viele ältere Alarmanlagen sind wie ein „Wachhund“, der nur anschlägt, wenn jemand die Tür eintritt (Erschütterung). Wenn aber jemand ganz vorsichtig ein Loch in die Wand schmirgelt, „schläft“ der Sensor unter Umständen einfach weiter.
Die Schließfächer: Außen hui, innen pfui?
Sobald die Täter erst einmal im Tresorraum waren, hatten sie leichtes Spiel. Man muss sich das so vorstellen: Der Tresorraum ist die harte Schale, aber die Schließfächer darin sind der weiche Kern.
- Die Fächer sind dafür da, Dinge ordentlich und diskret zu verstauen.
- Gegen jemanden, der bereits mit schwerem Gerät im Raum steht, bieten sie kaum Widerstand.
- Es sind meist nur dünne Stahlkonstruktionen, die man mit dem richtigen Werkzeug ruckzuck aufhebeln oder aufflexen kann.
Checkliste: Schließfach mieten – Worauf Sie achten sollten
Ein Schließfach ist kein „automatisch sicherer Ort“. Entscheidend sind Versicherung, Nachweise und die realen Schutzmechanismen der Filiale.
1) Versicherungssumme prüfen
Standardmäßig sind häufig nur etwa 10.00 € abgesichert. Liegt der Wert darüber, brauchen Sie eine Zusatzversicherung oder einen höheren Deckungsbaustein.
2) Dokumentation sauber aufsetzen
Fotos: Erstellen Sie vor dem Einlagern eine lückenlose Bilddokumentation.
Belege: Rechnungen, Zertifikate, Gutachten getrennt aufbewahren – nicht im Schließfach selbst.
3) Hausratversicherung klären
Fragen Sie, ob das Schließfach als Außenversicherung mitversichert ist (und bis zu welcher Summe). Das kann Doppelversicherungen vermeiden.
4) Sicherheitsniveau konkret hinterfragen
Überwachung: 24/7? Vor Ort oder Leitstelle? Videoaufzeichnung mit Aufbewahrungsfristen?
Detektion: Gibt es Sensorik, die auch Bohr- und Trennprozesse erkennt (Vibration/Schall/Seismik) – nicht nur klassische Einbruchmuster?
5) Kleingedrucktes lesen
Prüfen Sie den Deckungsumfang: Sind Feuer, Leitungswasser, Raub und Einbruchdiebstahl klar definiert und eingeschlossen? Gibt es Ausschlüsse (z. B. bestimmte Wertsachen)?
6) Vollmacht / Zugriff im Notfall regeln
Legen Sie fest, wer bei Krankheit oder Todesfall Zugriff erhält. Klären Sie, welche Form die Bank verlangt (Vollmacht, Notar, Erbnachweis) – und hinterlegen Sie die Unterlagen außerhalb des Schließfachs.
Warum ging am Ende doch ein Alarm los?
Interessanterweise war es nicht der Einbruchmelder, sondern der Rauchmelder, der schließlich „Petze“ spielte. Beim Bohren entsteht nämlich ein feiner Nebel aus Staub und Kühlwasser. Für einen optischen Sensor sieht das aus wie Rauch – und zack, die Feuerwehr stand auf der Matte. Da waren die Täter aber wohl schon über alle Berge.
Das bittere Ende: Die Versicherungs-Falle
Für die Kunden der Sparkasse kommt jetzt das böse Erwachen. In Gelsenkirchen wurden über 90 % der rund 3300 Schließfächer leergeräumt.
Das Problem: Ein Standard-Schließfach ist oft nur bis zu einem gewissen Betrag versichert (in diesem Fall fielen oft Zahlen um die 10.300 Euro). Wer dort Goldbarren oder Familienschmuck im Wert von 50.000 Euro gelagert hat, ohne eine Zusatzversicherung abzuschließen, bleibt im schlimmsten Fall auf dem Restschaden sitzen. Rechnet man das mal hoch, geht es hier theoretisch um eine Schadenssumme von fast 34 Millionen Euro.
Was lernen wir daraus?
Massive Wände allein reichen heute nicht mehr aus. Wenn wir Tresore in Zukunft wirklich sicher machen wollen, müssen wir umdenken:
- Sensoren in die Wand: Die Technik muss direkt im Beton stecken, nicht nur oben drauf kleben.
- Smarte Schließfächer: Jedes Fach sollte einzeln überwacht werden.
- Teamwork der Systeme: Mechanik und Elektronik müssen besser Hand in Hand arbeiten.
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