Mündlicher Arbeitsvertrag: Gültig – aber eine tickende Zeitbombe
Mündlicher Arbeitsvertrag: Rechtlich bindend, aber voller Fallstricke. So sichern Sie Gehalt, Urlaub und Überstunden richtig ab.
Arbeitsvertrag mündlich abgeschlossen – das sollte man wissen.
Foto: PantherMedia / fizkes
„Wie, warum steht da plötzlich weniger auf dem Konto?“ oder „Keine Urlaubstage mehr? Wir hatten doch was ganz anderes vereinbart!“ – solche Szenen entstehen schnell, wenn der Arbeitsvertrag nur mündlich abgeschlossen wurde. Auch bei Überstunden gibt es oft Diskussionen: „Das war so aber nicht abgesprochen.“
Mündlich zugesagt, in der Praxis aber ganz anders umgesetzt – und schon wird es schwierig. Denn ohne schriftliche Vereinbarung bleibt oft nur Aussage gegen Aussage. Beweise sind meist dünn, Missverständnisse programmiert.
Inhaltsverzeichnis
- Handschlag statt Papier: Warum das so gefährlich ist
- Recht auf Niederschrift
- Ist eine mündliche Zusage bereits ein Arbeitsvertrag?
- Risiken mündlicher Arbeitsverträge
- Weitere Streitpunkte
- Risiko für beide Seiten
- Kündigung eines mündlichen Arbeitsvertrags
- Wie sieht es mit der Kündigungsfrist aus?
- „Vertrauen ist gut, Schriftform ist besser“
Handschlag statt Papier: Warum das so gefährlich ist
Auch wenn mündliche Absprachen rechtlich gültig sind, fehlt die klare Dokumentation. Wer später Ansprüche geltend machen möchte, steht oft vor Beweisproblemen. Deshalb ist es wichtig, sich schon beim mündlichen Abschluss Gedanken zu machen: Welche Punkte sollten unbedingt geklärt werden? Und wie lässt sich das schriftlich bestätigen, damit beide Seiten Klarheit haben?
Ein mündlicher Arbeitsvertrag ist bindend und rechtlich gültig, aber er ist anfälliger für Missverständnisse und Streitigkeiten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte die Vereinbarung im Nachhinein schriftlich bestätigen, selbst wenn beide Seiten sich bereits mündlich geeinigt haben.
Recht auf Niederschrift
Auch wenn ein Arbeitsvertrag nur mündlich geschlossen wird, besteht nach dem Nachweisgesetz (NachwG) das Recht auf eine schriftliche Dokumentation der wichtigsten Vertragsinhalte:
„Der Arbeitgeber hat spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.“
(§ 2 Abs. 1 NachwG)
Die Niederschrift muss unter anderem folgende Punkte enthalten:
- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Beginn des Arbeitsverhältnisses
- Bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer
- Arbeitsort oder Hinweis auf mögliche Einsätze an verschiedenen Orten
- Beschreibung der Tätigkeit
- Zusammensetzung und Höhe des Gehalts einschließlich Zuschläge, Prämien oder Sonderzahlungen
- Vereinbarte Arbeitszeit
- Dauer des Urlaubs
- Kündigungsfristen
- Hinweis auf anwendbare Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen
Die Niederschrift muss handschriftlich oder ausgedruckt vorliegen; eine rein elektronische Form ist nicht ausreichend.
Wichtig: Die Niederschrift ersetzt keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, sondern dokumentiert lediglich die mündliche Vereinbarung. Erst durch die Unterschrift beider Parteien wird daraus ein formeller schriftlicher Arbeitsvertrag.
Ist eine mündliche Zusage bereits ein Arbeitsvertrag?
Eine mündliche Zusage kann bereits einen Arbeitsvertrag begründen. Entscheidend ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich über die wesentlichen Punkte wie Tätigkeit, Vergütung und Beginn des Arbeitsverhältnisses einig sind.
Auch ohne schriftliche Unterschrift entstehen dadurch für beide Seiten Rechte und Pflichten: Der Arbeitnehmer darf die vereinbarte Arbeit erwarten und Anspruch auf Gehalt, Urlaub und andere gesetzliche Leistungen haben, während der Arbeitgeber die Arbeitsleistung einfordern kann. Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht, dass Verträge formfrei geschlossen werden können.
Risiken mündlicher Arbeitsverträge
Mündlich geschlossene Arbeitsverhältnisse können aus rechtlicher Sicht problematisch werden – vor allem dann, wenn es zu Konflikten kommt. Häufig entstehen Missverständnisse über Leistungen oder Ansprüche: So kann der Arbeitgeber plötzlich behaupten, dass kein Weihnachtsgeld vereinbart wurde, während der Arbeitnehmer fest davon ausgeht.
Ähnlich kann es bei Urlaubstagen oder Arbeitszeiten zu Unstimmigkeiten kommen: Der Arbeitnehmer denkt, ihm stehen 26 Urlaubstage zu, der Arbeitgeber erinnert sich nur an 24.
Weitere Streitpunkte
Auch Absprachen zu Bonuszahlungen, Überstundenvergütung oder Sonderregelungen für Homeoffice führen regelmäßig zu Streit. Ohne schriftliche Vereinbarung stehen oft nur die Erinnerungen der Beteiligten – Aussage gegen Aussage.
Zeugen sind nur eingeschränkt hilfreich: Sie können höchstens wiedergeben, was eine Seite öffentlich über den Vertrag gesagt hat, waren aber meist nicht beim eigentlichen Abschluss dabei.
Risiko für beide Seiten
Die Unsicherheit betrifft beide Seiten: Arbeitnehmer riskieren, dass vereinbarte Leistungen nicht gezahlt werden, Arbeitgeber laufen Gefahr, zusätzliche Ansprüche nachweisen zu müssen. Aus diesem Grund wird der schriftliche Abschluss eines Arbeitsvertrages empfohlen.
Eine dokumentierte Vereinbarung schafft Klarheit und Rechtssicherheit für beide Parteien. Weigert sich eine Seite an einer schriftlichen Fixierung, kann dies ein Hinweis darauf sein, dass die fehlende Form später zu einem Nachteil ausgelegt werden könnte.
So sichern Sie sich bei mündlichen Absprachen ab
✔️ Schriftlich nachhaken: Direkt nach dem Gespräch eine E-Mail mit den besprochenen Punkten schicken („Zur Bestätigung unseres Gesprächs …“).
✔️ Notizen machen: Datum, Uhrzeit und Inhalte festhalten.
✔️ Zeugen nutzen: Falls möglich, eine weitere Person ins Gespräch einbeziehen.
✔️ Nachweisgesetz einfordern: Spätestens nach einem Monat schriftliche Niederschrift verlangen.
✔️ Vertrauen, aber prüfen: Wer sich gegen eine schriftliche Fixierung wehrt, hat womöglich Gründe – Vorsicht!
Kündigung eines mündlichen Arbeitsvertrags
Auch ein mündlich geschlossener Arbeitsvertrag muss ordentlich gekündigt werden, wenn das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Eine fristlose Kündigung ist nicht möglich, denn die fehlende Schriftform stellt keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar.
Einfach die Arbeit abzubrechen und nicht mehr zu erscheinen, ist nicht erlaubt – das kann den Arbeitgeber zu einer fristlosen Kündigung berechtigen und unter Umständen zu einer Sperre des Arbeitslosengeldes führen.
Wie sieht es mit der Kündigungsfrist aus?
Welche Kündigungsfrist gilt, hängt davon ab, ob eine Frist mündlich vereinbart wurde oder ob ein Tarifvertrag abweichende Fristen vorsieht. Fehlt beides, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist: vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.
Auch bei einem mündlichen Arbeitsvertrag muss die Kündigung schriftlich erfolgen und handschriftlich unterschrieben sein. Kündigungen per Fax, E-Mail, SMS oder WhatsApp sind dagegen nicht wirksam. Mündliche Kündigungen funktionieren im Gegensatz zum mündlichen Arbeitsvertrag also nicht.
„Vertrauen ist gut, Schriftform ist besser“
Auch wenn viele Absprachen mündlich getroffen werden, gilt: Schriftlich ist schriftlich. Wer seine Vereinbarungen schwarz auf Weiß festhält, hat im Zweifel etwas Handfestes in der Hand. Papier lügt nicht, während Worte leicht vergessen oder unterschiedlich erinnert werden. Eine schriftliche Bestätigung schützt beide Seiten, schafft Klarheit und verhindert Missverständnisse – ganz nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Schriftform ist besser.
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