Sichtbar statt suchend – Wie LinkedIn den Jobmarkt verändert
Von der Bewerbungsmappe zum Netzwerk – warum Sichtbarkeit heute der Schlüssel zur Karriere ist.
LinkedIn verändert den Jobmarkt: Wer sichtbar ist, wird gefunden – nicht gesucht.
Foto: PantherMedia / prathanchorruangsak
„Wer sichtbar ist, wird gefunden. Wer vernetzt ist, wird empfohlen.“, sagte Christiane Scheid, Bewerbungscoach und Karriereberaterin während ihres Keynotes bei dem VDI Nachrichten Recruiting Tag in Stuttgart. Dieser Satz bringt auf den Punkt, worum es in der modernen Arbeitswelt geht. Während früher Bewerbungen verschickt wurden, bevor ein Unternehmen überhaupt von einem potenziellen Kandidaten wusste, funktioniert der Jobmarkt heute zunehmend andersherum: Unternehmen suchen aktiv – und sie suchen auf LinkedIn.
Der verdeckte Markt: 70 % der Stellen tauchen nie auf
Schätzungen zufolge werden 60 bis 70 % aller Positionen nie öffentlich ausgeschrieben. Sie werden über Netzwerke vergeben, über interne Empfehlungen oder durch gezielte LinkedIn-Recherche. „Wie soll ich mich auf eine Stelle bewerben, die gar nicht ausgeschrieben ist?“, fragt die Karriereexpertin rhetorisch – und lieferte die Antwort gleich mit: „Indem ich sichtbar bin, bevor sie überhaupt entsteht.“
Das Profil als digitale Visitenkarte
Bevor ein Recruiter Kontakt aufnimmt, prüft er fast immer das LinkedIn-Profil. Der erste Eindruck entscheidet binnen Sekunden.
Ein professionelles Foto, ein klarer Slogan und ein prägnanter Infotext sind kein Schmuck – sie sind die Eintrittskarte in den digitalen Jobmarkt.
„Euer Studium, euer Titel, eure Abschlüsse sind wichtig – aber sie sind nicht das Erste, was ins Auge fällt. Das Erste ist: Wer seid ihr? Was macht euch besonders?“, erklärte Scheid. Fast alle im Raum hatten ein LinkedIn-Profil. Doch die entscheidende Frage lautet: Nutzen sie es wirklich strategisch?
Authentizität schlägt Floskeln
Viele LinkedIn-Profile klingen gleich: generalistisch, glattgebügelt, austauschbar. Doch was Unternehmen wirklich interessiert, ist die Person hinter dem Lebenslauf.
„Wenn jemand Elektroingenieur ist und nebenbei Videospiele entwickelt, dann sagt das mehr über ihn aus als jede Liste von Soft Skills.“
LinkedIn ist kein Lebenslaufarchiv, sondern ein Schaufenster. Wer hier auftritt, sollte sich fragen: Viele Menschen erstellen ihr LinkedIn-Profil, einfach um „eins zu haben“. Andere wiederum richten es gezielt für potenzielle Arbeitgeber oder Recruiter ein – oder nutzen es als persönliche Visitenkarte, um ihre eigene Expertise sichtbar zu machen. Doch all diese Ansätze verfolgen unterschiedliche Ziele und erfordern verschiedene Strategien.
Die zentrale Frage lautet daher: Für wen erstelle ich mein Profil?
Nicht für alle, sondern für genau die Menschen, mit denen ich arbeiten möchte – sei es ein Recruiter, ein Abteilungsleiter oder ein zukünftiger Geschäftspartner.
Das Netzwerk entscheidet
„Du musst nicht suchen, du musst auffindbar sein“, das ist ein starker Satz, den Christiane Scheid den bewerbenden mit auf den Weg geben möchtre.
Ein starkes Netzwerk multipliziert Reichweite. Jeder Like, jeder Kommentar öffnet neue Türen. Wer aktiv ist, wird sichtbar – und wer sichtbar ist, bekommt Empfehlungen.
Dabei zählt nicht die Zahl der Kontakte, sondern deren Relevanz. „500 Verbindungen bringen nichts, wenn sie alle aus der Hochschule sind. Ein Kontakt, der euch wirklich weiterempfiehlt, ist mehr wert als hundert Likes“, weiß die Expertin.
Vom Generalisten zum Spezialisten
Sichtbarkeit entsteht durch Schärfe. Wer alles kann, steht für nichts.
„Ein Arzt, der Orthopäde, Zahnarzt und Frauenarzt in einem ist – dem vertraut keiner“, sagt die Expertin und lächelt. Der Vergleich ist zugespitzt, aber treffend. Denn genauso verhält es sich auch mit Karrieren: Wer sich zu breit aufstellt, wirkt austauschbar.
Nur wer seine Kompetenzen klar benennt, wird als Experte wahrgenommen. Das bedeutet nicht, sich künstlich zu verengen oder zu verstellen – sondern, das eigene Profil mit Leben zu füllen. Es geht darum, sichtbar zu machen, wofür man steht, welche Themen einen bewegen und in welchem Bereich man echten Mehrwert bietet.
Persönlichkeit zählt
Ein präzises Profil schafft Vertrauen – bei Recruitern ebenso wie bei potenziellen Arbeitgebern oder Geschäftspartnern. Schärfe ist kein Ausschluss, sondern ein Magnet: Sie zieht genau die Menschen an, mit denen man wirklich zusammenarbeiten möchte.
„Bitte kein Foto im grauen Bett“, scherzt die Expertin – doch hinter dem Humor steckt ein ernster Kern. Auf LinkedIn kommt es auf Authentizität, Freundlichkeit und Professionalität an. Das Profilbild ist der erste Eindruck, und der entscheidet oft, ob ein Recruiter oder potenzieller Geschäftspartner hängenbleibt.
Auch der „About“-Bereich ist weit mehr als eine bloße Aufzählung von Stationen und Fähigkeiten. Er erzählt, warum man tut, was man tut, welche Leidenschaft einen antreibt und wofür man steht. „Schreibt, was euch motiviert, was euch unterscheidet und was euch ausmacht. Nur wer Persönlichkeit zeigt, bleibt im Gedächtnis“, betont die Expertin.
LinkedIn ist kein Lebenslaufarchiv – es ist eine Bühne für die eigene Geschichte. Wer hier seine Persönlichkeit authentisch einbringt, schafft Vertrauen und macht sich sichtbar für die richtigen Menschen.
Der neue Arbeitsmarkt ist sozial – nicht anonym
LinkedIn ist längst mehr als ein reines Karriereportal. Es hat sich zu einer Bühne für Beziehungen, Vertrauen und Expertise entwickelt. Wer heute erfolgreich sein will, muss nicht mehr nur ein makelloses Anschreiben einreichen oder auf klassische Bewerbungswege setzen. Viel entscheidender ist eine klare, überzeugende Botschaft: Wer bin ich? Wofür stehe ich? Was kann ich beitragen?
In einer Welt, in der Stellen oft über Netzwerke vergeben werden, entscheidet nicht allein der Lebenslauf, sondern die persönliche Präsenz und Vernetzung darüber, ob man wahrgenommen wird. LinkedIn bietet die Chance, sichtbar zu machen, was man kann und wer man ist – und genau diese Sichtbarkeit öffnet die Türen zu den passenden Chancen.
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