Marc Wucherer im Porträt 16.01.2025, 15:30 Uhr

Neuer Lenze-CEO setzt auf mobiles Arbeiten

Seit 1. Januar 2025 ist Marc Wucherer Vorstandsvorsitzender bei Lenze. Hier spricht er über seinen Führungsstil und gibt Tipps für das Studium.

Marc Wucherer ist seit Jahresbeginn Vorstandsvorsitzender bei Lenze. Der gebürtige Niedersachse bringt viel China-Erfahrung in das Unternehmen.  Foto: Lenze SE

Marc Wucherer ist seit Jahresbeginn Vorstandsvorsitzender bei Lenze. Der gebürtige Niedersachse bringt viel China-Erfahrung in das Unternehmen.

Foto: Lenze SE

Während viele Unternehmen vom Homeoffice abrücken und ihre Beschäftigten wieder ins Büro holen, setzt Marc Wucherer auf mobiles Arbeiten. Seit dem 1. Januar 2025 ist er Vorstandsvorsitzender des Automatisierungsspezialisten Lenze SE und folgt damit auf Christian Wendler.

„Das steigert die Produktivität“, erklärt Wucherer. Er unterstreicht, dass die Führungskraft eine entscheidende Rolle für das Engagement der Mitarbeitenden spielt. Ohne mobiles Arbeiten würden zahlreiche Beschäftigte viel unproduktive Zeit auf den Straßen verbringen. Mikromanagement und Kontrollzwang lehnt er ab und betrachtet einen hierarchischen Führungsstil als überholt. Stattdessen setzt er auf Vertrauen, Freiraum und klare Leitplanken. „Das bedeutet, sich frühzeitig auf eine gemeinsame Richtung zu verständigen.“

Dabei setzt er auch auf persönliche Treffen. „Wenn wir einen kreativen Prozess anstoßen und gemeinsame Strategien entwickeln, müssen verschiedene Menschen in einem Raum zusammenkommen.“ Besonders wichtig sei dies, wenn man sich noch nicht gut kennt. „Miteinander um die beste Lösung zu ringen, das funktioniert über einen Bildschirm einfach nicht so gut.“

Aufgewachsen in einer Ingenieurfamilie

Schon in seiner Kindheit entdeckte Wucherer sein Interesse für Technik, geprägt durch seine Ingenieurfamilie. Sein Vater Klaus Wucherer war beispielsweise Mitglied im Siemens-Zentralvorstand. „Da kann man darüber streiten, ob es die Gene sind oder das Vorleben“, sagt er. „Man diskutiert viel am Esstisch“, erinnert er sich. Später entwickelte sich sein Interesse für wirtschaftliche Zusammenhänge. „Es geht darum, bei aller Innovation auch die wirtschaftlichen Aspekte zu berücksichtigen, um langfristig erfolgreich zu sein.“

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Die Antriebstechnik liegt ihm dabei besonders am Herzen, was sich auch an seinen vorherigen Positionen bei Siemens, Bosch Rexroth und Ziehl-Abegg zeigt. „Meine Diplomarbeit habe ich über eine Werkzeugmaschine geschrieben. Die Mischung aus intelligenter Bewegungsführung, Software und Hardware ist für mich ungemein faszinierend. So hat sich mein Berufsweg entwickelt“, sagt er rückblickend. Obwohl die Unternehmen in unterschiedlichen Anwendungsfeldern unterwegs sind, erkennt er viele Parallelen.

Tipps vom Lenze-Chef für das Technikstudium

Sein Elektrotechnik-Studium an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen bewertet er positiv, hätte sich aber im Rückblick eine modernere Ausstattung gewünscht. Inzwischen haben die technischen Hochschulen in Deutschland hier stark aufgeholt. Heute fehle es eher an Nachwuchs in den Ingenieurwissenschaften, speziell in der Elektrotechnik. „Dass wir um Studierende ringen müssen, ist leider auch den Rahmenbedingungen geschuldet“, sagt Wucherer. Die Ausbildung sei weiterhin gut, doch es kämen immer weniger Menschen aus dem Ausland.

Jungen Menschen rät Wucherer, sich breit aufzustellen und international Erfahrungen zu sammeln. „Ich habe erst allgemeine Elektrotechnik studiert und mir sowohl Vorlesungen zu Halbleiterbauelementen als auch zur Kraftwerkstechnik angehört. Wichtig ist, sich zunächst ein möglichst breites Grundwissen anzueignen und sich erst später zu spezialisieren.“ Ein Auslandssemester oder eine Bachelorarbeit bei einem Unternehmen im Ausland hält er für sehr wertvoll.

Wucherers Eindruck von China

Wucherer verbindet seine Zeit in China mit wichtigen beruflichen und persönlichen Erfahrungen. Seit den 1990er-Jahren hat sich China in verschiedenen Phasen stark verändert – von der Marktöffnung über die Globalisierung bis hin zu technologischen Innovationen. „Das war sehr wichtig für mein Werteschema und ich habe ein überaus positives Bild von China.“

Er pflegt noch heute Freundschaften aus dieser Zeit und warnt davor, die positiven Entwicklungen Chinas zu ignorieren. „Als deutsche Wirtschaft sind wir auf diesen großen Markt angewiesen“, betont er. Er sieht China als Maßstab im Wettbewerb um technologische Stärke und preisliche Wettbewerbsfähigkeit. „China hat stark aufgeholt und wir müssen uns behaupten. Wir begegnen uns inzwischen auf den Weltmärkten.“

Der Manager freut sich über Rückkehr nach Niedersachsen

Für Lenze sieht er großes Potenzial in China und Asien, einschließlich Indien. Gerade Indien habe sich in den vergangenen 20 Jahren sehr positiv entwickelt. Nach seinen ersten Besuchen in der Lenze-Firmenzentrale in Niedersachsen freut er sich darauf, die Unternehmenskultur besser kennenzulernen. „Mit 77 Jahren hat Lenze eine beeindruckende Geschichte und die Mitarbeiter sind hoch motiviert“, schwärmt der neue Unternehmenschef. Als gebürtiger Niedersachse schätzt er den Menschenschlag und freut sich auf seine Rückkehr. Auch die technische Basis lobt Wucherer.

Zur Übergabe durch seinen Vorgänger Christian Wendler sagt der 55-Jährige: „Die Übergabe verlief reibungslos. Er hat das Unternehmen fast ein Jahrzehnt lang erfolgreich geführt und verlässt es nun im Guten. Er ist ein offener Mensch, den ich aus verschiedenen Verbandsarbeiten schon lange kenne.“ Besser hätte er sich das nicht vorstellen können.

Wucherer zu den Absatzrückgängen in der Automatisierung

Zu den allgemeinen Umsatzrückgängen in der Automatisierungsbranche sagt Wucherer: „Das betrifft derzeit alle Unternehmen ‒ auch in den USA. Nach Corona wurden die Lager in der Hoffnung auf einen nachhaltigen Aufschwung gefüllt, der jedoch ausblieb.“ Nun müsse der Vorrat erst einmal abgebaut werden. In Deutschland leide man zusätzlich unter der „Unfähigkeit der aktuellen Minderheitsregierung“. Er ist jedoch zuversichtlich, dass sich die Situation ab Frühjahr 2025 verbessern werde.

Die deutsche Industrie müsse sich jedoch anstrengen, da China die letzten drei Jahre trotz strenger Coronamaßnahmen gut genutzt habe. In dieser Zeit seien viele Anbieter bei Herstellern qualifiziert worden. „Wir westlichen Automatisierer müssen dagegenhalten. Das ist die nächste Herausforderung, die wir aber mit entsprechenden Innovationsschritten wieder wettmachen können“, zeigt sich Wucherer überzeugt.

 

Ein Beitrag von:

  • Martin Ciupek

    Martin Ciupek ist Ingenieur und Technikjournalist mit den Schwerpunkten Maschinenbau, Robotik und Automatisierungstechnik.

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