Heiko Mell 01.05.2025, 09:00 Uhr

Ältere Beschäftigte: Überlebensstrategie für „55+“?

Die richtige Überlebensstrategie für 55+: Wie Sie auch in einem sich wandelnden Jobmarkt Ihre Arbeitszufriedenheit erhalten – mit praxisnahen Tipps vom Karriereberater Heiko Mell.

Auch mit 55+ beruflich am Ball bleiben

Auch mit 55+ beruflich am Ball bleiben: Strategien für Zufriedenheit und Erfolg im Wandel der Arbeitswelt.

Foto: PantherMedia / AndrewLozovyi

Frage:

Ich gehöre der Altersgruppe 55+ an. Ihre Serie verfolge ich seit meiner Studienzeit. Ich habe davon profitiert, vielen Dank dafür.
Seit über 25 Jahren bin ich in einem großen Technologiekonzern tätig. Das Unternehmen baut momentan massiv Stellen ab. Es fallen viele Projekte weg, dadurch entsteht ein erheblicher Personalüberhang.

Andererseits gibt es eine Beschäftigungssicherung. Der Stellenabbau erfolgt daher über freiwillige Instrumente (Abfindungen, Vorruhestand, Altersteilzeit). Alle Mitarbeiter, die „übrig“ sind, werden in einem Pool zusammengefasst. Dort bekommen sie Bewerbertrainings, sind in „Warteposition“ bzw. werden vom Unternehmen irgendwohin versetzt.

Meine Gruppe im Entwicklungsbereich, in der ich eine Gruppenleiterposition innehatte, wurde vor einiger Zeit wegen weggebrochener Umsätze aufgelöst.

Mein Primärziel ist es, noch einige Jahre zu arbeiten und dabei auch eine gewisse Arbeitszufriedenheit zu erreichen. Ich habe die Möglichkeit bekommen, intern für achtzehn Monate in einem für mich komplett neuen Bereich unterzukommen, völlig außerhalb der Entwicklung.

Ich verfolge momentan folgende Strategien:

Stellenangebote im Bereich Forschung & Entwicklung

Forschung & Entwicklung Jobs
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Professorin / Professor (m/w/d) für das Lehrgebiet "Ingenieursinformatik/Embedded Systems" THD - Technische Hochschule Deggendorf
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W3-Professur "Fels- und Gebirgsmechanik/Felsbau" TU Bergakademie Freiberg
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  1. Einarbeitung in den neuen Bereich. Meine erste Einschätzung ist jedoch, dass ich viel Zeit benötige, bis ich dort eine ähnlich „Seniorität“ erreiche wie in meinem bisherigen Umfeld. Ob ich dort dauerhaft Fuß fassen kann bzw. nochmals die Chance bekomme, eine Führungsposition zu bekommen, ist fraglich.
  2. Regelmäßiges Scannen der internen Stellenbörsen, um eventuell wieder in der Entwicklung unterzukommen. Aufgrund der beschriebenen Situation ist dies jedoch ebenso schwierig.
  3. Externe Bewerbungen habe ich in geringer Anzahl verschickt, jedoch ohne Erfolg. Ich sehe dies jedoch aufgrund meines Alters als schwierig an.
Heiko Mell

Karriereberater Heiko Mell.

Welche „Überlebensstrategie“ empfehlen Sie?

Auch junge Beschäftigte sollten vorbereitet sein

Antwort:
Nein, dieser Beitrag richtet sich keineswegs ausschließlich an die Leser aus der betroffenen Altersgruppe! Gerade auch jüngere qualifizierte Angestellte sollten die Chance nutzen, Informationen über bestimmte Details des Arbeitslebens zu sammeln, die auch in ihrem Fall eines Tages eine Rolle spielen können.

Sicher wäre es optimal, auf solche Entwicklungen stets konkret vorbereitet zu sein. Aber das widerspräche der menschlichen Natur. Ein vertretbarer Kompromiss läge darin, „so etwas“ immerhin für möglich zu halten und sich zumindest gelegentlich mit dem Gedanken zu beschäftigen: „Das könnte mir auch passieren – und wie sollte eigentlich meine persönliche Berufsphilosophie aufgebaut sein, damit sie auch solche Extreme noch mit einbindet und mir hilft, auch dafür noch Lösungen zu finden.“

Eine solche Philosophie könnte etwa folgende Teilbereiche umfassen:

  •  Ich strebe nach Zufriedenheit in der Ausübung meines jeweiligen Jobs – muss aber feststellen, dass mir kein Arbeitsvertrag dieses Ziel auch nur verspricht, geschweige denn garantiert. Ich darf mich freuen, wenn ich diese Zufriedenheit über einen längeren Zeitraum erreiche, aber ein Anrecht darauf habe ich nicht.
  • Eine bestimmte Aufgabe, ein besonderer Platz in der organisatorischen Struktur des Unternehmens, die Tätigkeit in einem bestimmten Produktbereich oder Fachgebiet sind nie „auf ewig“ festgeschrieben. Die „Märkte“, denen alles Bemühen der Unternehmen gilt, sind per Definition absolut dynamisch, was wiederum „permanente Veränderung“ an den Arbeitsplätzen nach sich zieht. „Panta rhei“ – alles fließt – diese Erkenntnis stammt aus dem 6. Jhd. v. Chr., eigentlich hätte man sich inzwischen daran gewöhnen sollen.
  • Die Existenzsicherung, also die Garantie, nicht plötzlich ohne Gehalt dazustehen, reicht nur so weit, wie sie durch Gesetz oder Vertrag abgesichert ist.

„Draußen“ und ohne Job

Im konkreten Fall wären Sie, geehrter Einsender, ohne den in Ihrem Hause speziell geltenden Beschäftigungssicherungsvertrag bereits „draußen“ – mit erheblicher Abfindung zwar, aber ohne Job.

Ich will mit dieser Darstellung nicht etwa Angst und Schrecken verbreiten, sondern nur die Realität schildern und – noch – Unbetroffene darauf vorbereiten. Damit ist also stets zu rechnen. Und das Perfide daran ist, dass in einem einzigen Angestelltenverhältnis durchaus zwanzig „gute Jahre“ vergehen können, ohne dass man mit diesen eigentlich stets drohenden Risiken auch nur andeutungsweise konfrontiert wird. Aber sie „schlummern“ eben stets im Hintergrund – und der Angestellte ist gehalten, vorsichtshalber stets auch einen wachen Blick auf seine externen Chancen zu richten.
Haken wir von Ihren drei Strategien die Nr. 3 zuerst ab, sie ist schnell erledigt. Das inzwischen erreichte Alter, noch dazu in Verbindung mit 25 Dienstjahren bei einem Arbeitgeber, steht externen Bemühungen um eine solide, allseits befriedigende Festanstellung grundsätzlich entgegen.

Kommen wir zu Ihrer Nr. 2: Das darf, von seltenen untypischen Einzelfällen abgesehen, gar nicht gelingen. Wenn das Unternehmen erst mit großem öffentlichkeitswirksamen „Theater“ Tausende freistellt, verunsichert und demoralisiert, um sie dann anderswo doch wieder einzustellen – dann hat es irgendetwas falsch gemacht. Hier spricht also schlicht auch die Wahrscheinlichkeit dagegen.

Und übrigens: Die einstellenden Chefs der intern zu besetzenden Positionen denken ähnlich wie ihre externen Kollegen. Auch für die ist ein Bewerber dieser Altersgruppe nur sehr, sehr selten „1. Wahl“.

Bleibt Ihre Nr. 1, die Konzentration auf das, was man Ihnen geboten hat, was also greifbar ist. Ich empfehle dazu: Lesen Sie noch einmal meine Punkte a und b, sehen Sie in Relation dazu Ihr Ziel („noch einige Jahre zu arbeiten und dabei eine gewisse Arbeitszufriedenheit zu erreichen“) – analysieren Sie Ihre Situation und prüfen Sie Ihre Alternativen zu diesem Angebot:

„Noch einige Jahre zu arbeiten“, das können Sie damit haben. Zwar haben Sie erst einmal nur eine feste Zusage über achtzehn Monate. Aber das (mir gegenüber konkret benannte) neue Gebiet hat in jedem Fall Zukunft und wenn Sie dort zur besonderen Zufriedenheit Ihrer neuen Vorgesetzten arbeiten, wollen die Sie sicherlich auch behalten.

Bleibt die Einarbeitung: Das neue Gebiet klingt nach einer Prägung durch allgemeine interne Vorschriften und Prozessabläufe, jedoch weniger nach tiefem Grundlagenfachwissen, wie man es z. B. durch ein Studium erwerben müsste. Das bedeutet: Wenn Sie das aktiv wollen und Ihre ganze Energie einschließlich freiwilliger, von Ihnen dort investierter Überstunden hineinstecken, dann müssen und werden Sie das auch schaffen. Was Ihre neuen Chefs und Kollegen von Ihnen erwarten: Einsatz, Freude am Tun; Begeisterung für das Gebiet. Es gibt Menschen, die sind „automatisch“ für das begeistert, was sie gerade tun. Seien Sie ein solcher Mensch. Gerade Ingenieure suchen doch so gern eine Herausforderung – hier ist eine, des „Schweißes der Edlen wert“.

Und die Zufriedenheit? Eine Schraube M 6 ist sehr exakt definiert, wenn Sie alle Kriterien durchgehen, mit denen sie beschrieben wird. Sie können wenig hineingeheimnissen oder kaum mehr daraus machen als in der Norm drinsteckt.

Und was ist mit der Zufriedenheit?

Demgegenüber ist „Zufriedenheit“ geradezu ein Nirwana an Definitions und Gestaltungsfreiheit durch Sie als Betroffenen. Und wieder gibt es Menschen, die „automatisch“ zufrieden sind mit dem, was man sie grade tun lässt. Seien Sie auch solch ein Mensch, auch das geht! Zufriedenheit – übrigens geradezu tödlich für alle größeren kreativen, schöpferischen Prozesse – ist eine Frage der persönlichen Definition. Ich bin zufrieden, wenn ich erreicht habe, was ich erreichen wollte, wenn ich tue, was ich tun wollte. Was ich aber will oder wollte, bestimme allein ich.
Also arbeiten Sie so lange an sich, bis Sie auf diesem Wege auch im neuen Metier zufrieden sind. Weinen Sie Ihrem alten Entwicklungsbereich keine Träne nach, blicken Sie nach vorn, kämpfen Sie um tolle Ergebnisse in dem für jedes Unternehmen äußerst wichtigen neuen Fachgebiet. Ich akzeptiere, dass Ihnen hier ein Motivationsprozess bevorsteht – aber ich glaube nicht, dass Ihnen das unmöglich wäre, wenn Sie es denn nur mit all Ihrer Kraft wollten.

Die Führungsposition im neuen Metier, von Ihnen im Vergleich zur letzten Funktion verständlicherweise angestrebt, wird wohl nicht mehr zu erreichen sein. Beim Dienstantritt, noch uneingearbeitet im neuen Metier, kann und wird man Ihnen keine entsprechende Verantwortung geben. Die Grundregel lautet: Wer in einem neuen Metier Führungspositionen anstrebt, sollte mehrere Jahre in diesem Metier nichtführend erfolgreich gearbeitet haben (CEOs sind, wie man sieht, gelegentlich davon ausgenommen).

Außerdem ist Ihre Beschäftigung dort z.Z. nur für achtzehn Monate sicher, dafür lohnt sich aus Arbeitgebersicht Ihre Einarbeitung in eine komplexe neue Führungsaufgabe nicht. Und wenn Sie eingearbeitet sind und dann überdurchschnittliche Leistungen im neuen Gebiet vorweisen können (was so oder so anzustreben ist!), dann sind Sie zu alt für eine Beförderung. Nicht mit absoluter Sicherheit, aber doch vermutlich.
Sie haben nach dem Studium im Beruf ohne Führung angefangen, als Sie noch „jung“ waren. Sie würden vor dem Renteneintritt ohne Führung aufhören, weil Sie inzwischen „alt“ sind. Dazwischen liegen die Höhepunkte Ihrer aktiven Zeit – adäquat zum zu vermutenden Auf und Ab Ihrer Leistungsfähigkeit.

Was wäre so schlimm daran? Es ist eher eine Frage des Denkens auch außerhalb eingefahrener Strukturen und Schablonen.
Sehen Sie es positiv: Sie haben ein anspruchsvolles Ziel vor Augen: die erfolgreiche Bewährung auf einem neuen, herausfordernden Gebiet. Zeigen Sie „denen“, was noch in Ihnen steckt! Kämpfen Sie, aber resignieren Sie nicht.

Und: Als Sie vor 25 Jahren den ersten Vertrag mit diesem Ihrem Arbeitgeber unterschrieben, war eine Entwicklung, wie Sie sie jetzt erleben, durchaus schon „im Preis inbegriffen“ und jederzeit möglich. Sie haben es nur nicht gewusst – hätte man es Ihnen damals gesagt, hätten Sie es nicht geglaubt.

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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