Harte Chefs – sind sie wirklich kompetent oder nur gefürchtet?
Warum wirken manche rücksichtslosen Chefs für einige stark – während andere solche Führungskräfte ablehnen? Eine neue Studie zeigt, wie das persönliche Weltbild die Wahrnehmung von Führung prägt.
Dominanz oder Desaster? Wie unser Weltbild rücksichtslose Chefs rechtfertigt.
Foto: PantherMedia / pressmaster
Chefs oder Führungskräfte, die rücksichtslos auftreten, wirken oft mega entschlossen und durchsetzungsstark. Aber heißt das wirklich, dass sie auch kompetent sind? Kein Zweifel: Laute, gefühllose Chefs, die immer hart durchgreifen, sind bei vielen nicht beliebt. Trotzdem finden manche Leute sie stark und denken, es geht nicht anders. Warum ist das so? Eine Studie liefert dazu Antworten.
Rücksichtslos und durchsetzungsstark?
Menschen, die denken, das Leben sei ein harter Kampf ums Überleben, finden rücksichtlose Chefs oft kompetent und durchsetzungsstark. Wer dagegen glaubt, dass die Welt eher freundlich und zusammenarbeitend ist, hält solche harten Chefs eher für ungeeignet oder überfordert. Das zeigt eine neue Studie von Forschern der Columbia University in New York, die im Fachmagazin „Journal of Personality and Social Psychology“ veröffentlicht wurde. „Wer die Welt als einen wettbewerbsorientierten Dschungel betrachtet, verzeiht es Führungskräften vielleicht oder zollt ihnen sogar Anerkennung für ihr aggressives und hartes Vorgehen“, kommentiert der Sozialpsychologe und Co-Autor Daniel Ames die Ergebnisse der Untersuchung. „Wer die Welt als einen Ort der Zusammenarbeit betrachtet, empfindet solche Führungskräfte möglicherweise als widerwärtig, ineffektiv oder naiv.“, wird er von der dpa zitiert.
Aggressives Führungsverhalten als Stärke
Gemeinsam mit seiner Kollegin Christine Nguyen hat Ames untersucht, warum manche Leute aggressives Führungsverhalten als Stärke sehen, während andere es als Schwäche bewerten. Die Forschenden haben über 2.000 Personen in Experimenten getestet. Dabei ging es um erfundene Manager, echte Chefs wie Tim Cook (Apple) oder Mary Barra (General Motors) und um erfundene Arbeitsplätze mit strengen Vorgesetzten.
„Bisherige Theorien zeichnen ein uneinheitliches Bild darüber, wie der wahrgenommene Antagonismus einer Person mit ihrer Einschätzung als kompetente und wirksame Führungskraft zusammenhängt. Wir argumentieren, dass dieser Zusammenhang nicht universell ist, sondern von der individuellen Weltanschauung der Beobachtenden geprägt wird“, schreiben die Forschenden in ihrem Artikel.
Außerdem haben sie festgestellt: Leute mit dieser Wettbewerbs-Sicht arbeiten nicht nur öfter für strenge Chefs, sondern bleiben auch länger bei ihnen. „Sie verlassen solche Führungspersönlichkeiten seltener und schreiben deren Verhalten eher ihrem beruflichen Erfolg zu“, erklärt die Wissenschaftlerin. Diese Aussage sollte jedoch mit Vorsicht betrachtet werden – sie trifft nicht auf alle gleichermaßen zu. Denn: Menschen kündigen nicht selten wegen ihrer Führungskraft, nicht wegen des Jobs an sich. Studien zeigen, dass der direkte Vorgesetzte einer der häufigsten Gründe für eine Kündigung ist.
„Als wir Beschäftigte nach ihren aktuellen Vorgesetzten befragten, zeigte sich: Personen mit stärkerem Wettbewerbsdenken hatten derzeit häufiger antagonistische Chefs als jene mit einem kooperativeren Weltbild“, kommentierte Nguyen. „Das deutet für uns darauf hin, dass sich über die Zeit – durch Prozesse wie gezielte Auswahl oder Fluktuation – antagonistische Führungskräfte mit einer bestimmten Gruppe von Mitarbeitenden umgeben, die ihr Verhalten tolerieren oder sogar gutheißen.“
Die Forschenden können sich vorstellen, dass diese Untersuchung auch für andere Bereiche ausgeweitet werden kann – z. B. für die Politik. (mit dpa)
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