Leadership neu gedacht 05.11.2025, 12:00 Uhr

Die neue Rolle des CIO: Digitaler Mittelfeldspieler oder geheimer CEO?

Digitalisierung verändert die Chefetagen: Wie der CIO vom Technikverwalter zum zentralen Entscheider und CEO-Kandidaten wird.

digitale Transformation

In der digitalen Wirtschaft wird der CIO zum Spielmacher – zwischen Technologie, Strategie und Unternehmensführung.

Foto: PantherMedia / Elnur_

Die Digitalisierung hat die Rolle des Chief Information Officers (CIO) grundlegend verändert. Aus dem reinen Technologieverwalter ist ein zentraler Wertschöpfer geworden, der maßgeblich über den Erfolg und die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens mitentscheidet. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit kann der CIO als „digitaler Mittelfeldspieler“ seine Stärken voll ausspielen – und vielleicht sogar zum heimlichen CEO avancieren.

Warum der CIO heute mehr ist als ein IT-Manager

Der moderne CIO trägt heute strategische und operative Verantwortung, die weit über die reine IT-Infrastruktur hinausgeht. Diese erweiterte Rolle macht ihn zu einem potenziell starken Kandidaten für die CEO-Position. Oliver Strasser, Chief Operating Officer der WU Executive Academy, betont die Wende in der Rolle, aus dem „digitalen Mittelfeldspieler“ könne der Spielführer werden.

„Beschreibt man aber die dringend notwendige Rolle der CIOs in der heutigen Wirtschaft, so sind sie das genaue Gegenteil von statischen Verwaltern: Sie sind nicht nur die Wegbereiter von Wertschöpfung in allen anderen Bereichen, sondern auch direkte Gestalter der Profitabilität und Bestandssicherheit des Unternehmens geworden.“

Co-Pilot des Managements

Der CIO teile sich mit dem CEO die Verantwortung für die strategische Langfristplanung, Transformation und die öffentliche (digitale) Reputation des Unternehmens. Zudem fungiere er als digitaler Partner für alle C-Level-Kollegen: Kein CFO kann analysieren, steuern und den immer größer werdenden Berichtspflichten nachkommen, ohne die Unterstützung des CIO. Marketing und Sales arbeiten eng mit dem CIO-Team zusammen, wenn es um Digital Customer Experience, E-Payment-Lösungen und Datawarehouses geht.

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Die Rolle des CIOs gewinnt also an Bedeutung, doch die Realität sieht oft noch anders aus. Viele IT-Verantwortliche kämpfen noch mit alten Vorurteilen, was die Wahrscheinlichkeit eines direkten Aufstiegs mindert, obwohl ihre Relevanz für das Top-Management gestiegen ist. Martin Giesswein, Digitalisierungsexperte und Program Director an der WU Wien, schildert die Lage in vielen Firmen: „Die Realität in vielen Unternehmen sieht jedoch anders aus: Nach wie vor finden sich viele IT-Masterminds als Abteilungs- oder Bereichsleiter wieder.“

„Digitaler Mittelfeldspieler“ mit Führungsanspruch

Nicht selten wurden sie historisch auch in wenig schmeichelhafte Rollen gedrängt: Costcenter, Neinsager, Verzögerer. Der sichere Betrieb der gewachsenen, personalintensiven IT-Landschaft scheint hier den täglichen Spieltakt vorzugeben. Die Rolle eines CEO werde in Zukunft noch stärker die eines Spielmachers für das gesamte Führungsteam sein.

Giesswein resümiert, dass die stärkere Rolle des CIOs keine Bedrohung für CEOs ist: „Keine Sorge, die CEOs dieser Welt und andere Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglieder brauchen sich nicht von erstarkten CIOs bedroht fühlen. Vielmehr wären sie klug beraten, ihnen proaktiv die Hand zu reichen und den digitalen Partner aus der IT so gut es geht zu unterstützen.“ Das sei für ein erfolgreiches Leadership-Team unbedingt ratsam.

Vom CIO zum CEO – wie stehen die Chancen?

Die Wahrscheinlichkeit für den CIO, direkt zum CEO zu werden, steigt proportional zu seiner Fähigkeit, die traditionelle „Costcenter“-Wahrnehmung abzulegen und die notwendigen betriebswirtschaftlichen und strategischen Kompetenzen zu erwerben, um sich als direkter Wertschöpfer auf Augenhöhe mit CEO, CFO und anderen Top-Managern zu positionieren.

Die Wahrscheinlichkeit, dass CIOs künftig häufiger an die Unternehmensspitze aufsteigen, wächst laut Strasser mit ihrer Fähigkeit, sich von der alten Kostenstellenmentalität zu lösen und betriebswirtschaftlich-strategische Kompetenzen aufzubauen. Das Modell der „drei Ebenen der Digitalisierung“ könne für eine gelungene Digitalisierung im Unternehmen sein.

  1. Basis-IT und Infrastruktur (heutiger Fokus): Hier geht es um die stabile, sichere Bereitstellung der IT-Systeme – oft kostenintensiv und wenig innovativ.
  2. Interaktion und Transaktion (zukünftiger Fokus): Diese Ebene adressiert die direkte Zusammenarbeit und Kommunikation mit Kunden und Partnern – über digitale Kanäle, E-Payment oder Customer Experience.
  3. Digitale Geschäftsmodelle (strategischer Fokus): Hier entsteht echter Mehrwert: durch Datenkompetenz, KI und neue, disruptive Geschäftsmodelle.

Giesswein verdeutlicht: „Google oder Amazon haben von Beginn an IT-Strukturen geschaffen, die perfekt auf ihr Geschäftsmodell abgestimmt waren – und daraus ganze Plattform-Ökosysteme entwickelt.“ CIOs müssen sich aus der Abhängigkeit der Basis-IT lösen und den Fokus auf wertschöpfungsorientierte, strategische Ebenen verlagern. Um die erweiterte Rolle auszufüllen, sei kontinuierliche Weiterbildung entscheidend. Laut Giesswein sind dabei besonders gefragt: tiefes Kundenverständnis, Führungskompetenz und ESG-Wissen und KI-Wissen.

Ein Beitrag von:

  • Claudia Burger

    Claudia Burger ist Redakteurin im VDI Verlag. Besondere Expertise hat sie in den Bereichen Arbeitsmarkt, Karriere, Arbeitsrecht, Bildung und Gesellschaft. Im Karriere-Podcast „Prototyp“ spricht sie mit prominenten Gästen aus Wirtschaft, Forschung und Bildung über das, was die Arbeitswelt von Ingenieurinnen und Ingenieuren bewegt.

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