Sicherheit 03.08.2007, 19:29 Uhr

Schrottplatz des kalten Krieges  

VDI nachrichten, Rockensußra, 3. 8. 07, sta – Nach 1989 hatten Tausende Panzer von Bundeswehr und NVA ausgedient. Die Battle Tank Dismantling GmbH im thüringischen Rockensußra hat bisher 13 000 davon zerlegt. Auf dem Werksgelände harren stets neue Stahlkolosse ihres Endes. Überwacht wird der Hof per Satellit – Mauern wären für die todgeweihten Maschinen schließlich kein wirkliches Hindernis.

Auf den ersten Blick ist Rockensußra ist eine beschauliche, ja friedliche Ortschaft im Herzen Thüringens. Doch seit 1992 gingen hier Tausende T-Panzer der Nationalen Volksarmee Seite an Seite mit Leoparden, Mardern und Skorpionen der Bundeswehr in ihre einzige und letzte Schlacht. Sie kämpften gegen die Mitarbeiter der Battle Tank Dismantling (BTD) GmbH. Die Fachleute rückten den stählernen Riesen in drei Schichten mit Schweißbrennern, Stemmeisen, Baggern und zäher Geduld zu Leibe. Am Ende waren die Panzer chancenlos. Sie alle verabschiedeten sich gen Schmelzofen oder Deponie.

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„Wir haben bis heute 13 000 Panzer demilitarisiert, zerlegt und verwertet“, erklärt BTD-Chef Peter Koch. „Viele halten es für eine Verschwendung von Steuergeldern. Aber die Panzer länger in Schuss zu halten, käme den Staat viel teurer.“

Das Betriebsgelände der BTD liegt idyllisch zwischen hügeligen Feldern. Vögel zwitschern. Es blüht allerorten. Wer zum Eingangstor will, muss einen halben Kilometer auf einer buckeligen Betonpiste zurücklegen. „Die Lage ist ideal“, sagt Koch. „Immerhin stehen bei uns Kriegswaffen herum.“ Die Bundesregierung hatte Anfang der 90er-Jahre auf eine so entlegene Reduzierungsstätte gedrängt, um die Vereinbarungen des Vertrages über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) zu erfüllen. 22 Staatschefs aus Nato und Warschauer Pakt hatten festgelegt, dass jeder Block „nur noch“ 20 000 Kampfpanzer, 30 000 gepanzerte Fahrzeuge, 20 000 Artilleriegeschütze, 6800 Kampfflugzeuge und 2000 Angriffs-Helikopter behalten darf.

Für Deutschland fiel der Abrüstungsvertrag mit der Übernahme der NVA-Technik zusammen. Es gab plötzlich Tausende Panzer zu viel. Da die Rahmenbedingungen in Rockensußra stimmten, wurde das dünn besiedelte Nest zum Schrottplatz der Geschichte.

Aktuell harren dort Dutzende olivgrüner Marder-Panzer ihrer Verschrottung. Käufer gibt es nicht – zumindest keine, an die verkauft werden darf. „Die sind schon demilitarisiert“, erklärt Koch, „die gehören uns.“ Wenn die Panzer per Tieflader oder seltener per Schiene ankommen, sind sie funktionstüchtige Kriegswaffen. Die BTD kauft sie als einer von mehreren zertifizierten Entsorgern von Bund oder Rüstungsbetrieben. Doch in ihr Eigentum gehen sie erst über, wenn Waffen und die Panzerwanne irreparabel zerstört sind und die Güteprüfstelle der Bundeswehr die Zerstörung abgenommen hat.

Beim Gang übers Gelände fällt der schlichte Maschendrahtzaun ins Auge. Darauf angesprochen fragt Koch: „Was für ein Zaun soll denn eine ganze Armada aus Panzern aufhalten?“ Überwacht werde das Gelände per Satellit. Daher auch die penible Ordnung der abgestellten Panzer. Sie stehen auf einem virtuellen Raster. Es würde schnell auffallen, wenn hier etwas anderes liefe, als das, was Ronald Kirschner im Kriegswaffenkontrollbuch des Betriebs vermerkt. Der gelernte Bauingenieur schlägt sich viel mit Behörden und Kommissionen herum, die den Betrieb regelmäßig inspizieren – meistens unangekündigt. Für ihn ist das Alltag, so wie all die gepanzerten Ungetüme hier.

Vor einem Dutzend voll funktionstüchtiger Leopard-1-Panzer erklärt Kirschner die Grundregeln: „Der Panzer als Ganzes ist eine Kriegswaffe, die sich aus vier Waffen zusammensetzt.“ Wanne, Turm, Kanonenrohr und der Verschluss an dessen Ende, in den die Granaten geschoben werden. Alle vier und auch zugehörige Waffen – etwa Roland-Flugabwehrsysteme oder Nebelmittel-Abwurfanlagen – werden einzeln zerstört.

Wie das aussieht, lässt sich in einer der vielen Hallen beobachten. Dort macht sich ein Bagger gerade an alugegossenen Roland-Systemen zu schaffen. Der Schrottgreifer schlägt immer wieder krachend auf die Hightech-Waffen und zertrümmert sie. Doch rohe Gewalt hilft nicht immer. Die BTD bezeichnet sich als Manufaktur. In einer Werkstatt zeigt sich, warum: Je zwei Arbeiter rücken zwei stählernen Kolossen zu Leibe. Ab und an schlägt ein Hammer auf Metall, wirft ein Schneidbrenner Funken, doch es ist erstaunlich still in der Halle. Ein junger Bursche hebelt mit einem Stemmeisen die Kettenräder eines Panzers ab. Ein anderer macht sich oben im Panzer an der Elektrik zu schaffen. Sie werden knapp drei Tage brauchen, um die mit Hightech vollgestopften Giganten bis auf die Stahlwanne zu entblößen. „Unser Ziel ist möglichst sortenreiner Schrott, nur dann stimmen die Preise beim Verkauf“, erklärt Kirschner und wendet sich einer Tür zu, die in eine benachbarte Halle führt.

Hier bluten die Panzer aus. Der Schlosser Ingolf Düllus fängt in großen Bottichen Kühlflüssigkeit, Öl und Kraftstoff auf. In einer Hallenecke hat er einen gigantischen Motor aufgeständert, acht Zylinder, jeder groß wie ein Kinderkopf. Diesem Koloss geht es an die Einzelteile, die als Ersatzkomponenten gefragt sind. Überhaupt ist BTD nicht nur Zerstörer. „Wir leben auch davon, Systeme so zu zerlegen, dass wertvolle Einzelteile weiter verwendet werden können“, erklärt Kirschner.

Schlosser Düllus wohnte als Kind neben einer Russenkaserne. Da sah er die mächtigen Panzer oft rollen. Dass er sie und die Leoparden des „Klassenfeindes“ einmal zerlegen würde, hätte er sich nie träumen lassen. Tut es einem Schlosser nicht weh, funktionierende Maschinen zu zerstören? – „Nein“, antwortet er, „ist doch eine gute Sache.“ Kirschner verzieht das Gesicht und widerspricht: „Um die Motoren tut es mir sehr leid.“ Selbst wenn sie Jahre nicht in Betrieb gewesen seien, würden sie auf Anhieb anspringen. Doch die robusten Vielstoffmotoren (25 % Diesel reichen zum Laufen) müssen zerstört werden. In der Regel als Ganzes. Zerlegen lohnt sich nicht.

Der Ansturm auf Europas einzige KSE-Reduzierungsstätte ist inzwischen abgeflaut. Von den ehemals 60 Mitarbeitern blieben bis heute nur 15. Alle sind Routiniers. Auch die zwei, die geduldig ihre Flamme an der Wanne eines Marders entlang führen. Funken sprühen. Nach einer Minute sind kaum 10 cm geschafft. Es dauert zwei Arbeitstage, bis die 6,88 m lange, 3,40 m breite und 3 m hohe Wanne in 1,5 m x 1 m große Stücke zerlegt ist, wie es der Schmelzofen-Betreiber fordert. Trotzdem ist der Job hier draußen beliebt. „Ob eisiger Winter, Regen oder Sonnenschein: wenn ich frage, wer raus zum Schneiden geht, heben alle den Arm“, sagt Kirschner. Es muss etwas dran sein, wöchentlich zwei gewichtige Kolosse zu Fall zu bringen.

Wie gewichtig die Panzer sind, zeigt eine Waage. Darauf liegt ein 80 cm langes Stück Kanonenrohr. Der Versuch es anzuheben scheitert fast: es wiegt 80 kg. Ein Schmied wird es später abholen, um aus dem hochwertigen Stahl mit einer alten japanischen Technik Edelmesser zu schmieden: Panzer zu Sushi-Messern. Das hätte sich die Friedensbewegung kaum schöner ausdenken können. PETER TRECHOW

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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