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Erdüberlastungstag 29.04.2024, 07:00 Uhr

Ressourcenverbrauch: Weltbevölkerung lebt über ihre Verhältnisse

Das macht der jährlich früher eintretende Erdüberlastungstag nur allzu deutlich. Er beschreibt den Zeitpunkt, an dem so viele natürliche Ressourcen verbraucht sind, wie innerhalb eines Jahres nachwachsen können. Um diesen Trend umzukehren, sind umfassende Maßnahmen erforderlich.

Die Weltbevölkerung lebt über ihre Verhältnisse.

Deutschland liegt mit seinem Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch und seinen CO2-Emisssionen im obersten Viertel aller Länder.

Foto: PantherMedia / ro9drigo

Die Weltbevölkerung verbraucht seit Jahrzehnten mehr natürliche Ressourcen, als der Erde pro Jahr zur Verfügung stehen. Würden alle Ressourcen – wie Holz, Nahrungsmittel oder Pflanzen – gleichmäßig auf alle Länder der Welt verteilt, hätte Deutschland seinen Anteil bereits am 2. Mai 2024 verbraucht. Dieser Tag wird als Erdüberlastungstag oder Earth Overshoot Day bezeichnet.

Der Erdüberlastungstag wird jedes Jahr von der Global Footprint Network berechnet, einem internationalen Forschungsinstitut, das richtungsweisende Wege für nachhaltige politische Entscheidungen entwickelt. Für die Berechnung werden zwei Größen gegenübergestellt: auf der einen Seite die biologische Kapazität der Erde zum Aufbau von Ressourcen und zur Aufnahme von Müll, auf der anderen Seite der Bedarf an Flächen, Wasser, Wäldern und Ackerland, den die Menschen verbrauchen. Mit der Ausweisung des Erdüberlastungstags soll auf die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen hingewiesen werden. So verbrauchen die Menschen weltweit mehr Ressourcen, als ihnen zur Verfügung stehen.

Die aufgeführten Informationen basieren auf einem Statement von Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie.

Deutscher Ressourcenverbrauch ist enorm

Der deutsche Erdüberlastungstag hat sich in den letzten Jahrzehnten immer weiter nach vorne verschoben. So liegt der Ressourcenverbrauch in Deutschland deutlich oberhalb des globalen Mittelwerts. Würde die gesamte Weltbevölkerung wie die Deutschen leben, bräuchten wir rechnerisch drei Erden. Doch auch die globale Weltbevölkerung lebt über ihre Verhältnisse. Zwar liegt der globale Erdüberlastungstag „erst“ im August, doch auch hier überschreitet der Ressourcenbedarf die Regenerationsfähigkeit der Erde. Am schlechtesten schneiden Katar und Luxemburg ab. Dort verbrauchen die Menschen im Schnitt die meisten Ressourcen. Der Erdüberlastungstag liegt hier bereits im Februar. In den USA und Kanada fällt er auf Mitte März, in China auf Anfang Juni, in Marokko erst auf Anfang November und in Indonesien liegt er im Dezember. Damit ist der durchschnittliche Ressourcenverbrauch in Indonesien besonders gering.

Ressourcen besser schützen

Um den Erdüberlastungstag nach hinten zu verschieben, muss die Weltbevölkerung ihren ökologischen Fußabdruck verringern. Konkret gelingt das, indem die Menschen weniger Fleisch konsumieren, weniger Nahrungsmittel wegwerfen, auf Ökostrom umsteigen, nachhaltiger reisen, natürliche und umweltfreundliche Baustoffe verwenden, Energie sparen und vermehrt auf öffentliche Verkehrsmittel setzen. Vor allem ist jedoch wichtig, in geschlossenen Stoffkreisläufen zu denken. Hier sind sowohl Unternehmen als auch Konsumenten gefragt. Denn am Ende bestimmt die Nachfrage den Markt. Langlebige Produkte sowie Sharing-Konzepte sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.

Dass Einspareffekte durchaus möglich sind, hat die Energiekrise gezeigt: Der Erdgasverbrauch im Jahr 2022 ging in allen Sektoren um mehr als 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Ausschlaggebend war hier vor allem das energiesparende Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Allerdings hat sich dieses mit den sinkenden Energiepreisen wieder rasch geändert. Eine dauerhafte Umstellung – vom energieverschwenderischen Verhalten hin zu einem achtsamen Umgang mit Energie – könnte jedoch viel verändern.

Maßnahmen zum Ressourcenschutz schreiten zu langsam voran

Auf deutschen Straßen fahren immer mehr Elektroautos, energieeffizientes Bauen ist inzwischen Pflicht und nachhaltige Unternehmenskonzepte etablieren sich am Markt – im Bereich Klimaschutz scheint sich etwas zu tun. Das Problem dabei: Es geht nicht schnell genug voran. Zwar sind die deutschen Treibhausgasemissionen im vergangenen Jahr um mehr als zehn Prozent gegenüber 2022 gesunken, doch ist dieser Erfolg sei nur zu einem kleinen Teil auf strukturelle Maßnahmen zurückzuführen. Ausschlaggebend für die sinkenden Emissionen sind vor allem der verstärkte Import von Strom aus den Nachbarländern, milde Winter sowie der energiepreisbedingte Rückgang der industriellen Produktion gewesen.

Gleichzeitig nehmen die Häufigkeit und das Ausmaß von Extremwetterereignissen weiter zu: Starkregenereignisse, anhaltende Dürren und Orkane haben weltweit immense Schäden angerichtet. Die langsame Verringerung der Emissionen und der globale Temperaturanstieg signalisieren, dass das Ziel, die globale Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, kaum noch erreichbar ist.

Milliarden für den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft

Klimaschutz neu denken und anders motivieren

Die Reduktion von Fleisch hilft nicht nur dem Klimaschutz, sondern trägt auch zum Gesundheitsschutz bei. Weniger Autos in der Stadt verringern nicht nur den CO2-Ausstoß, sondern verbessern auch die Luft in den Innenstädten. Zudem ermöglicht die Maßnahme mehr Bewegungsfreiheit, ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Um Klimaschutzmaßnahmen erfolgreich umzusetzen, braucht es zusätzliche Argumente. Durch die Betonung von positiven Nebeneffekten, wie zum Beispiel die Förderung der Gesundheit, kann der Klimaschutz quasi „Huckepack“ genommen und schneller vorangebracht werden. Ein schnelles Umdenken ist die Voraussetzung für das Einsparen von Ressourcen und der Entlastung der Erde.

Von Ines Klawonn