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01.05.2018, 00:00 Uhr

Erprobung der Langzeitdämmleistung von Großkaliberschalldämpfern

Zusammenfassung In den letzten Jahren erfreuen sich Schalldämpfer für Schusswaffen steigender Beliebtheit, vor allem bei Jägern und beruflich Schießenden. In Folge der Novellierung einzelner Landesjagdgesetze werden Schalldämpfer durch die wachsende Erkenntnis im Bereich der Gehörschutzmechanismen legalisiert. Es wurden bislang nur einzelne Dämmleistungen, jedoch keine Angaben zur Haltbarkeit und zum langfristigen Leistungsvermögen der Dämpfer ermittelt. Ziel des Beitrags ist es deshalb, die langfristige Entwicklung der Mündungsknalldämpfung unterschiedlicher Schalldämpferkonstruktionen zu untersuchen. Die Studie richtet sich vor allem an beruflich Jagende und beruflich Schießende, insbesondere im Rahmen der Schießausbildung bzw. an Schießstättenbetreiber. Es sollen mögliche Zusammenhänge zwischen Schalldruckpegel und Dämpferkerntemperatur untersucht werden, um ggf. Rückschlüsse auf den Erstschusseffekt zu ziehen. Hierzu wurde ein an die Situation beruflich belasteter Schützen angelehntes Versuchsdesign entwickelt, um die Leistung der Schalldämpfer über 1000 Schuss und mehr zu untersuchen. Im Ergebnis der Versuche zeigen sich markante Unterschiede im langfristigen Leistungsvermögen. Die Dämmleistung der Schalldämpfer verändert sich im Verlauf einer Beaufschlagung mit 1300 Schuss erheblich. Ferner werden Zusammenhänge zwischen Kerntemperatur, Schalldruck und Erstschusseffekt analysiert und bewertet. Die meisten Konstruktionen verbessern ihr Dämmvermögen während der ersten 100 bis 300 Schuss. Danach sinkt die Dämmleistung wieder mehr oder weniger stark ab. Abhängig von ihrer Bauweise, gibt es aber auch Schalldämpfer die ein völlig anderes Verhalten zeigen. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Lufttemperatur im Inneren des Schalldämpfers und dessen Dämmleistung gibt.

Quelle: PantherMedia/ haveseen

Quelle: PantherMedia/ haveseen

Material und Methoden

Schalldämpfer und Arbeitsschutz

Seit den 1970er Jahren gelten in Deutschland Arbeitsschutz­gesetze, die die Anwendung eines effektiven Lärmschutzes für Beschäftigte manifestieren. Leider stehen gerade Behörden und der öffentliche Dienst in der Umsetzung der Arbeitsschutzgesetze für Ihre Bediensteten, insbesondere beim Schießlärm, weit zurück. Privat Schießenden und Jägern wird in einigen Bundesländern noch immer der Besitz von Schalldämpfern als effektiver Gehörschutz versagt, da die Betreffenden Landesjagdgesetze sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz in Konflikt mit den Arbeitsschutzgesetzen stehen. An dieser Stelle sei noch einmal klargestellt, dass private Jäger und Revierpächter als Pflichtmitglieder in der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft einem Arbeitnehmer im Arbeitsschutzgesetz gleichgestellt sind (vgl. ArbSchG §2 Abs.2 Satz 2). Im Folgenden sei daher ein kurzer Abriss der relevanten Rechtsvorschriften zitiert.

Aus dem Arbeitsschutzgesetz:

§ 1 Zielsetzung und Anwendungsbereich:

(1) Dieses Gesetz dient dazu, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Es gilt in allen Tätigkeitsbereichen […]

§ 2 Begriffsbestimmungen

(2) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind:

1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,

3. arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, ausgenommen die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,

4. Beamtinnen und Beamte,

5. Richterinnen und Richter,

6. Soldatinnen und Soldaten,

7. die in Werkstätten für Behinderte Beschäftigten.[..]

(5) Als Betriebe im Sinne dieses Gesetzes gelten für den Bereich des öffentlichen Dienstes die Dienststellen. Dienststellen sind die einzelnen Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die Gerichte des Bundes und der Länder sowie die entsprechenden Einrichtungen der Streitkräfte.

§ 3 Grundpflichten des Arbeitgebers

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.

§ 16 Besondere Unterstützungspflichten

(1) Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.

(2) […]Unbeschadet ihrer Picht nach Absatz 1 sollen die Beschäftigten von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten nach § 22 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch mitteilen.

§ 4 Allgemeine Grundsätze

Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:

1. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird;

2. Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen [also bei Schießlärm an der Laufmündung, ergo mittels Schalldämpfer]

3. bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen

Aus der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung

§ 6 Auslösewerte bei Lärm

Die Auslösewerte in Bezug auf den Tages-Lärmexpositionspegel und den Spitzenschalldruckpegel betragen:

1. Obere Auslösewerte:

L (tief)EX,8h=85 dB(A) beziehungsweise L (tief) pC, peak=137 dB(C),

2. Untere Auslösewerte:

L (tief)EX,8h=80 dB(A) beziehungsweise L (tief) pC, peak=135 dB(C).

Bei der Anwendung der Auslösewerte wird die dämmende Wirkung eines persönlichen Gehörschutzes der Beschäftigten nicht berücksichtigt!!!

§ 7 Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung der Lärmexposition

(1) Der Arbeitgeber hat die nach § 3 Abs. 1 Satz 6 festgelegten Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik durchzuführen, um die Gefährdung der Beschäftigten auszuschließen oder so weit wie möglich zu verringern. Dabei ist folgende Rangfolge zu berücksichtigen:

1. Die Lärmemission muss am Entstehungsort verhindert oder so weit wie möglich verringert werden. Technische Maßnahmen haben Vorrang vor organisatorischen Maßnahmen. 2. Die Maßnahmen nach Nummer 1 haben Vorrang vor der Verwendung von Gehörschutz nach § 8.

(2) Zu den Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere:

1. alternative Arbeitsverfahren, welche die Exposition der Beschäftigten durch Lärm verringern,

2. Auswahl und Einsatz neuer oder bereits vorhandener Arbeitsmittel unter dem vorrangigen Gesichtspunkt der Lärmminderung,

3. die lärmmindernde Gestaltung und Einrichtung der Arbeitsstätten und Arbeitsplätze,

4. technische Maßnahmen zur Luftschallminderung, beispielsweise durch Abschirmungen oder Kapselungen, und zur Körperschallminderung, beispielsweise durch Körperschalldämpfung oder -dämmung oder durch Körperschallisolierung,

5. Wartungsprogramme für Arbeitsmittel, Arbeitsplätze und Anlagen,

6. arbeitsorganisatorische Maßnahmen zur Lärmminderung durch Begrenzung von Dauer und Ausmaß der Exposition und Arbeitszeitpläne mit ausreichenden Zeiten ohne belastende Exposition.[…]

(5) Wird einer der oberen Auslösewerte überschritten, hat der Arbeitgeber ein Programm mit technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Verringerung der Lärmexposition auszuarbeiten und durchzuführen. Dabei sind insbesondere die Absätze 1 und 2 zu berücksichtigen.

Begriffsklärung und Abgrenzung

Die Begriffsbestimmungen des Bundeswaffengesetzes verstehen Schalldämpfer als Vorrichtungen, die der wesentlichen Dämpfung des Mündungsknalls dienen und für Schusswaffen bestimmt sind (WaffG § Anlage I; 1.3.4). In wissenschaftlichen Abhandlungen werden parallel zum Begriff Schalldämpfer auch die Begriffe Knalldämpfer und Signaturdämpfer benutzt.

Der Begriff Knalldämpfer beruht auf der physikalisch korrekten Tatsache, dass beim Schuss nicht der Schall an sich, sondern viel mehr der Mündungsknall gedämpft wird. Der Begriff Signaturdämpfer stammt aus dem militärischen Bereich und wertet den Vorteil, dass Mündungsfeuer und Knallortung nahezu ausgeschaltet werden, höher als die bloße Tatsache der Schalldruckreduzierung.

In der bloßen Bezeichnung des waffentechnischen Gegenstandes haben Schalldämpfer, Knalldämpfer und Signaturdämpfer die absolut gleiche Bedeutung. Fortan wird deshalb in dieser Arbeit der Begriff Schalldämpfer (Sd) benutzt.

Grundsätzliche Wirkungsweise eines Schalldämpfers

Grundsätzlich treten bei der Schussabgabe vielfältige Schallereignisse auf, von denen nur wenige von Schalldämpfern beeinflusst werden können. Im Folgenden sei eine chronologische Abhandlung der in wenigen Sekundenbruchteilen ablaufenden Schallereignisse bei der Schussabgabe aufgelistet.

Zuerst schlägt beim Brechen des Abzuges die Rast der Abzugsstange aus dem Abzugsblatt. Im direkten Anschluss daran rutscht der Abzugsstollen über die Abzugsgabel und der Schlagbolzen schlägt von hinten auf den Stoßboden und das Zündhütchen. Diese Ereignisse werden von den Verfassern als zündmechanischer Knall bezeichnet. Auf den zündmechanischen Knall haben Schalldämpfer keinen Einfluss.

Nachdem die Zündflamme des Zündhütchens das Treibladungspulver durchgezündet hat, wird das Geschoss in die Züge und Felder gepresst [1]. Dabei wird vor dem Geschoss eine Luftsäule durch den Lauf gedrückt. Ferner tritt auch ein gewisser Gasschlupf am Geschoss vorbei durch die Züge des Laufes auf. Dieser ist zwar aus präzisionsballistischer Sicht unerwünscht, tritt aber nicht selten bei Fabriklaborierungen insbesondere bei Boattailgeschossen auf [3]. Im Vergleich zum Mündungsknall spricht man dabei aber von vernachlässigbar kleinen Schallereignissen.

Schließlich baut sich hinter dem Geschoss eine expandierende Gaswolke in Folge der verdämmten Pulververbrennung auf, welche im Vergleich zur Außenluft einen Druckunterschied von rund 3000 bis 5000 bar aufweist. Beim Austritt des Geschosses aus der Mündung breitet sich dieser Gaskörper in Form einer Druckwelle allseitig aus und gleicht sich mit steigender Entfernung vom Lauf dem Normaldruck an. Dabei verliert die Druckwelle stetig Energie. Dieses Ereignis bezeichnen die Verfasser als Mündungsknall.

Bei aufgeschraubtem Schalldämpfer kann ein erheblicher Teil der kinetischen Energie des Mündungsknalls durch die Expan­sion in den Kammern und den zurückgelegten Weg der durch die Kammern strömenden Gase aufgenommen werden [5, 2]. Zusätzlich wird der Gasdruckwelle auch thermische Energie durch Abkühlung an den Wänden des Sd entzogen [5]. Beide Effekte können durch eine entsprechende Oberflächenvergrößerung im Inneren des Sd noch verstärkt werden.

Ziel eines Sd ist es also, die mit Überschallgeschwindigkeit austretenden Gase im Dämpfer auf Unterschallgeschwindigkeit abzubremsen. Wird dieser Zustand erreicht, ist der Mündungsknall als solcher nicht mehr wahrzunehmen. Das Geschoss jedoch fliegt (mit Ausnahme von Subsoniclaborierungen) mit meist mehr als doppelter Schallgeschwindigkeit aus dem Schalldämpfer und baut hinter sich, ähnlich einer Bugwelle, einen Mach‘schen Kegel auf [4]. Dieser Mach‘sche Kegel ist eine Druckwelle, die sich permanent von der Geschossspitze senkrecht zur Flugbahn ausbreitet, solange sich das Geschoss mit mehr als Schallgeschwindigkeit bewegt. Joniskeit und Kneubühl erklären den Geschossknall durch die Tatsache, dass die Luft durch die Geschossspitze stark verdichtet und anschließend durch Abfließen am Geschossmantel wieder entspannt wird. Dieses Knallereignis kann durch Schalldämpfer wiederum nicht beeinflusst werden [2, 4].

Erstschusseffekt

Als Erstschusseffekt (ESE) oder First-Round-Pop (FRP) bezeichnet man das Phänomen, nach welchem der erste Schuss aus dem kalten Lauf deutlich lauter zu sein scheint, als die nachfolgenden Schüsse aus warmem Lauf [5, 2]. Es gibt bislang keinen wissenschaftlichen Beweis für die Ursache des Erstschusseffektes. Es wird jedoch angenommen, dass der höhere Sauerstoffanteil im Dämpfer vor dem ersten Schuss eine Art Sekundärverbrennun der unverbrannten Treibladungspulverreste initiiert.

Versuchsdesign

Grundsätzliches zum Versuchsaufbau

Es ist nicht Sinn und Zweck dieser Studie ein Messverfahren anzuwenden, dass es Schalldämpferherstellern oder Endverbrauchern ermöglicht die gemessenen Dämmleistungen mit denen aus anderen Quellen zu vergleichen oder reine Labordämmleistungen herauszuarbeiten. Vielmehr liegt es im Sinne der Verfasser, die tatsächliche Lärm- und Druckbelastung von Menschen, die viel Schusslärm ausgesetzt sind, über eine längere Zeitspanne zu untersuchen und hieraus Schlussfolgerungen zu ziehen, die konkret auf die Beschaffenheit des Schalldämpfers schließen.

Deshalb wurde ein Versuchsaufbau erörtert, der einer realen Schießstandsituation möglichst nahe kommt. Hiermit ist sowohl das Ausbildungsschießen, das jagdliche Übungsschießen als auch das Sportschießen abgedeckt und somit eine große Bandbreite der Einsatzgebiete ziviler Schalldämpfer berücksichtigt.

Knallmessverfahren nach Standard-Nato-Agreement

Im Versuchsaufbau nach dem STANAG-Knallmessverfahren befinden sich die Messpunkte in einer kreisförmigen Anordnung mit gleichem Radius zur Mündung und in gleicher Höhe. Die Messungen finden im freien Gelände statt, sodass möglichst keine Reflexionen der Schallwellen auftreten. Schussreihenfolge und Intervalle sind genau vorgegeben. Die Schalldämpfer werden nach diesem Verfahren ab dem 1. Schuss erfasst.

Aufgrund des relativ aufwendigen und reflexionsfreien Versuchsaufbaus ergeben sich sehr genaue Messwerte. Diese Messwerte beziehen sich jedoch ausschließlich auf den reinen Mündungsknall. Eine Belastung des Schützen ist bei diesem Verfahren nicht berücksichtigt. Auch können diese Messwerte nicht einfach auf die zivile Schießpraxis übertragen werden, da hier in der Regel immer mit Überlagerungseffekten durch Schießstandhochblenden, Kanzelwände oder Bäume zu rechnen ist. Dennoch liefert das Verfahren für die NATO einheitliche und vergleichbare Messwerte.

Knallmessverfahren der Deva

In den Versuchsreihen der Deva befindet sich die Mündung in 1,6 m Höhe [6]. Im Winkel von 90 Grad zur Seelenachse und in einem Meter Entfernung wurde der Schalldruck mit dem Messgerät Brüel & Kjäer 2250 gemessen [6]. Zusätzlich wurden Messungen 5 cm neben dem linken Ohr eines Rechtsschützen durchgeführt [6]. Da nur ein Gerät zur Verfügung stand, wurden keine parallelen Messungen durchgeführt.

Um produktionsbedingte Einflüsse der Schalldämpfer (z.B. Öl, Fett) auszuschließen, wurde jeder Schalldämpfer zunächst mit 5 Schuss in kurzer Folge beaufschlagt [6]. Danach wurden Messungen am Ohr durchgeführt. Nach einer undefinierten Abkühlphase wurden danach wiederum Messungen an der Mündung durchgeführt. Die Verfasser distanzieren sich von diesem Versuchsablauf, da die ersten fünf Blindschüsse die Messergebnisse im Hinblick auf Erstschusseffekt und Schalldruck erheblich beeinflussen. Ferner führt die undefinierte Abkühlphase zu unterschiedlichen Kerntemperaturen, die wiederum die Gaszusammensetzung und damit potenziell den Schalldruck beeinflussen können.

Versuchswaffen

Zur Durchführung der Versuche wurden 7 Schalldämpfer und 5 Versuchswaffen verwendet. Als Versuchswaffen wurden Sauer 101 (Waffe 1 und 2) und Blaser R8 (Waffen 3, 4 und 5) verwendet. Alle Versuchswaffen haben das Kaliber .308 Winchester mit einer Lauflänge von 56 cm und 11“Dralllänge. Die Versuchswaffen haben werksseitig angebrachte Mündungsgewinde DIN EN ISO M15x1.

Folgende Schalldämpfer wurden verwendet:

 

Schalldämpfer 1: Hausken JD 224 mit Waffe 1

Schalldämpfer 2: Freyr & Devik Titanium Pro mit Waffe 2

Schalldämpfer 3: Roedale Ultralight Magnum mit Waffe 3

Schalldämpfer 4: A-tec carbon mit Waffe 4

Schalldämpfer 5: A-tec Millihertz (Blaser Silencer) mit Waffe 5

Schalldämpfer 6: Roedale Hunter 55 mit Waffe 5

Schalldämpfer 7: Aimsport Triton 50s mit Waffe 1

 

Die Dämpfer 6 und 7 wurden explorativ nach Beendigung der Versuchsreihen der Dämpfer 1 bis 5 beschossen. Aus diesem Grunde konnten keine vollständigen 1300 Schuss-Versuchsreihen gemessen werden. Die Ergebnisse zeigen jedoch Grundwerte zur Vergleichbarkeit mit anderen Schalldämpfern.

Versuchsmunition

In den Versuchen wurde ausschließlich DAG-Wettkampfmunition der Firma RUAGAmmotec mit 150 grs schweren flussstahl­ummantelten HPBT-Geschossen aus ein und dem selben Los verwendet. Die Laborierung gleicht der bekannten Cineshot-Laborierung.

Versuchsaufbau

Bei den Versuchen wurde der Schalldruck in 1,30 m Bodenhöhe und in 1 m Abstand senkrecht zur Seelenachse und an der Mündung des Schalldämpfers gemessen. Zur Sicherstellung der immer gleichen Position der Mündung und der Waffe zum Messsystem wurde ein Schießgestell zum Einspannen der Waffe sowie ein Lot zur Überprüfung der Mündungsposition verwendet.

Als Messgerät wurde ein Schallanalysator 2250 der Firma Brüel &Kjäer in Verbindung mit einem 1/4-Zoll Hochdruck Messmikrofon 4941 verwendet. Parallel wurden Kontroll- und Vergleichsmessungen mit dem Measuring Amplifier 2610 und einem Messmikrofon 4941 durchgeführt.

Die Messeinheiten aus Schallanalysator und Messmikrofon wurde vor jeder Messreihe mittels der Geräte Brüel & Kjaer 4231 und 4226 kalibriert.

Die Lufttemperatur im Kern des Schalldämpfers wurde mittels eines Temperaturkabelfühlers B+B Pt-1000 gemessen und durch einen Ardoino-UNO ausgewertet.

Versuchsablauf

Grundsätzlich gehen die Verfasser davon aus, dass beruflich Jagende durchschnittlich 130 Schuss pro Jahr abgeben. Geht man von einer Nutzungsdauer des Schalldämpfers von 10  Jahren aus, so beträgt die Gesamtschussbelastung 1300 Schuss.

Diese Belastung von 1300 Schuss ist auch auf die jährliche Schussleistung einer Ausbildungswaffe in einer Jagdschule bzw. einem Schießkino übertragbar. Die Versuchsreihe eines Schalldämpfers ist also grundsätzlich auf 1300 Schuss ausgelegt. Diese teilen sich auf folgenden Rhythmus auf:

Zunächst wurde der Schalldruckpegel der ersten 5 Schuss an der Mündung jedes Dämpfers gemessen. Zusätzlich wurde vor jedem Schuss die Lufttemperatur im inneren des Schalldämpfers gemessen. Hierzu wurde die abgefeuerte Waffe nicht geöffnet und die Mündung unmittelbar mit der Messsonde verschlossen, um einen Gasaustausch möglichst zu vermeiden. Erst unmittelbar vor dem nächsten Schuss wurde die abgefeuerte Hülse zügig durch eine neue Patrone ausgetauscht.

Nach den ersten fünf Schuss wurden bis zum 45. Schuss keine Messungen vorgenommen. Beim 46. bis 50. Schuss wurde eine Messreihe mit Schalldruckpegeln und Kerntemperaturen aufgenommen. Danach folgten jeweils Intervalle von 45 Schuss ohne Messung und 5 Schuss-Messreihen.

Hierbei wurden die zwischen den Messreihen liegenden 45 Schuss im Rhythmus des jagdlichen Wettkampfschießens abgegeben. Die Probanden schossen im Rahmen der Jagdausbildung jeweils 5 Schuss stehend angestrichen auf die DJV-Rehbockscheibe. Danach kühlten Waffe und Schalldämpfer auf Lufttemperatur ab. Hierbei wurde zeitweise ein Kaltluftföhn zur Hilfe genommen.

Dieser Schießrhythmus wurde ausgewählt, um die Belastung von Schalldämpfer und Schießpersonal in Schießständen und bei der Jagdausbildung möglichst realitätsnah abzubilden (Bild 1).

Zur Festlegung von Referenzwerten der Schalldruckpegel der Versuchswaffen ohne Schalldämpfer wurden je Waffe 30 Schuss ohne Schalldämpfer nach oben beschriebenem Versuchsaufbau gemessen.

Ergebnisse

Bild 1 zeigt die Verteilung der Schalldruckpegel ohne Schalldämpfer nach Waffen getrennt. Hierbei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Versuchswaffen, obgleich Kaliber, Lauflänge und Laufprofil baugleich ausgestaltet sind.

Bild 1. Schalldruckpegel der Versuchswaffen ohne Schalldämpfer.

Bild 1. Schalldruckpegel der Versuchswaffen ohne Schalldämpfer.

Es ist an dieser Stelle jedoch anzumerken, dass die Waffen 1 und 2 zwar modellgleich sind, jedoch stammt Waffe 1 aus einer der ersten Fertigungsserien, Waffe 2 wurde 3 Jahre später gefertigt. Die Waffen 3, 4 und 5 wurden in einem Los gefertigt und haben auch fortlaufende Seriennummern. Über die Ursache der Unterschiede zwischen den Versuchswaffen vermögen die Verfasser jedoch nicht zu mutmaßen.

Versuchswaffe 1 hat einen mittleren Schalldruckpegel von 172 db(C), Waffe 2 von 176,6 db(C), Waffe 3 von 173,4 db(C), Waffe 4 von 173,5 und Waffe 5 von 174,9 db(C).

Im Ergebnis der Versuche ergeben sich die in Abbildung 2 gezeigten Dämmleistungsverläufe. Zu jeder der jeweils 30 Messreihen gehören fünf gemessene Schalldruckpegel der Wertungsschüsse.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Dämmleistung eines fabrikneuen Schalldämpfers erheblich von der Dämmleistung nach mehreren hundert Schuss unterscheiden kann (Bild 2).

Bild 2. Entwicklung der Dämmleistung der Versuchsdämpfer

Bild 2. Entwicklung der Dämmleistung der Versuchsdämpfer

Mit Ausnahme des Triton Dämpfers nimmt die Dämmleistung im Laufe der ersten 3-5 Messreihen (insgesamt 150 Schuss) zu. Beim A-tec Carbon, dem Blaser-Silencer, dem Modell Freyr und Devik und dem Hausken JD-224 sinkt die Dämmleistung danach wieder auf ein stabiles Niveau ab. Bei den Modellen Roedale Ultralight Magnum und Hunter 55 bleibt die Dämmleistung längere Zeit auf einem konstant hohen Niveau ehe die Kurve allmählich abflacht. Lediglich die Dämmleistung des Aimsport Triton sinkt anfangs nur leicht ab, bleibt aber im Großen und Ganzen sehr stabil.

Im Folgenden seien nun die einzelnen Dämmleistungsentwicklungen bewertet. Um den Blick von der Suche nach dem absolut tiefsten Schalldruckpegel abzuleiten, wurde der erste gemessene Schalldruckpegel eines Schalldämpfers gleich Null gesetzt. Alle nachfolgenden Werte eines Schalldämpfers werden als Differenzwert zur ersten (Null-)Messung dargestellt.

Wie in Bild 3 gezeigt, steigt die Dämmleistung des Hausken JD-224 innerhalb der ersten 3 Messreihen um ca. 8 db(C). Danach sinkt die Dämmleistung auf ein stabiles Niveau von ca. 2 db(C) über dem Ausgangswert.

Bild 3. Entwicklung der Dämmleistung als Relativwert zum Anfangsschalldruck.

Bild 3. Entwicklung der Dämmleistung als Relativwert zum Anfangsschalldruck.

Nach etwa 25 Messreihen sinkt die Dämmleistung wiederum auf das Ausgangsniveau. Über alle Messreihen verändert sich die Dämmleistung in einem Bereich von etwa 7 db(C). Beim Freyr und Devik Titanium steigt die Dämmleistung über 5 Messreihen stetig an. Danach sinkt der Dämmwert bis zur 23. Messreihe bis auf 5 db(C) unter dem Ausgangswert. Danach steigt die Dämmleistung wieder auf etwa 2 db(C) unter dem Ausgangswert. Die Gesamtspanne der Dämmleistungsänderung beträgt also etwa 14,5 db(C).

Das Modell Roedale Ultralight Magnum verzeichnet eine deutliche Steigerung der Dämmleistung um etwa 7 db(C) bis zur neunten Messreihe. Danach flacht die Kurve kontinuierlich bis auf 2 db(C) über dem Ausgangswert ab. Insgesamt verändert sich die Dämmleistung aber nur in einer Spannweite von ca 5 db(C).

Der A-tec Carbon-Schalldämpfer verzeichnet ebenfalls einen Anstieg um 7 db(C) während der ersten drei Messreihen. Danach sinkt der Dämmwert rasch auf etwa 3,7 db(C) unter dem Ausgangswert bis zur siebten Messreihe und stagniert danach um etwa –3 db(C). Nach 13 Messreihen verfärbte sich das Sicherheitssiegel unter der Anweisung Stop Use. Danach wurde aus Sicherheitsgründen keine weitere Beaufschlagung durchgeführt. Es ist an dieser Stelle anzumerken, das weder Verarbeitung noch Haltbarkeit einen negativen Einfluss auf das Ausscheiden des Dämpfers hatten. Das Sicherheitssiegel löste durch Hitzeeinwirkung aus, die vermutlich durch die große Menge an hitze­stauenden Pulverrückständen in den Kammern des Dämpfers initiiert wurde.

Der Blaser-Silencer steigt in seiner Dämmleistung innerhalb von etwa 150 Schuss stark an, ehe er innerhalb von nur 10 weiteren Schüssen etwa auf das Ausgangsniveau absinkt, um dass der Dämmwert zunächst oberhalb und ab der 15 Messreihe unterhalb fluktuiert. Die Gesamtspanne der Dämmleistung beträgt etwa 11 db(C).

Der Hunter 55 von Roedale steigt innerhalb von acht Messreihen kontinuierlich um ca. 12 db(C) an. Danach beginnt die Dämmleistung wieder langsam zu sinken. Dabei bleibt die Dämmleistung ständig mit großem Abstand über dem Ausgangswert. Die Spannweite der Dämmleistung begrenzt sich auf die ersten acht Messreihen und liegt bei etwa 12 db(C). Die Messungen wurden nach 19 Messreihen eingestellt.

Beim Aimsport-Triton sind die stabilsten Messwerte zu finden. Die Dämmleistungswerte steigen innerhalb von zwei Messreihen um etwa 1 db(C) an und sinken danach wieder auf etwa 1 db(C) unter dem Ausgangsniveau. Damit ergibt sich auch die geringste Spannweite von etwa 2 db(C). Die Messungen wurden nach neun Messreihen eingestellt.

Bild 4 zeigt eine Sortierung der Schalldruckpegel nach den jeweils 5 Schuss einer Messreihe.

Bild 4. Vergleichende Schalldruckpegel zum jeweils ersten Schuss einer 5er-Serie.

Bild 4. Vergleichende Schalldruckpegel zum jeweils ersten Schuss einer 5er-Serie.

Die Diagramme zeigen, dass bei allen Versuchsdämpfern der Erstschusseffekt nachgewiesen werden konnte. Lediglich dessen Ausprägung fällt je nach Modell unterschiedlich stark aus.

Um einen Zusammenhang zur Dämpferkerntemperatur zu untersuchen, wurde vor jedem Schuss der Messreihe die Innentemperatur gemessen. Die in Bild 5 dargestellten Diagramme zeigen eine Zuordnung von Temperatur und Dämmleistung.

Bild 5. Zusammenhang zwischen Temperatur und Schalldruck.

Bild 5. Zusammenhang zwischen Temperatur und Schalldruck.

Hieraus lassen sich keine systematischen Zusammenhänge erkennen. Da die Datenpunkte nicht normalverteilt sind, wurde die Rangkorrelation nach Spearman getestet. Im Ergebnis dieser Untersuchungen wird festgestellt, dass die Dämpferkerntemperatur nicht mit dem Schalldruckpegel eines bei dieser Kerntemperatur abgegebenen Schusses korreliert (p> 0,05).

Diskussion

Die Ergebnisse der Versuchsreihen zeigen, dass sich die Dämmleistung eines großkalibrigen Büchsenschalldämpfers über mehrere Hundert Schuss stetig verändert. Alle Dämpfer mit Ausnahme des Aimsport Triton zeigen zunächst einen starken Anstieg der Dämmleistung, der nach drei bis fünf Messreihen wieder mehr oder weniger stark absinkt. Hierbei sei bedacht, dass nur die Modelle Roedale Hunter 55 und Ultralight Magnum sowie Hausken JD224 dauerhaft über dem Anfangsmesswert der Dämmleistung bleiben. Hier kann vor dem Hintergrund des Arbeitsschutzes festgestellt werden, dass die Schalldämpfer in der Lage sind, die vom Hersteller angegebene Dämmleistung, auch im Dauereinsatz (über 1000 Schuss und mehr) zu generieren. Bei allen anderen Schalldämpfermodellen sinkt die Dämmleistung unter ihren jeweils zugehörigem Startwert. Somit kann also nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die vom Hersteller angegebene Dämmleistung, die an einem (fast) neuen Schalldämpfer gemessen wurde, auch dauerhaft generiert werden kann.

Betrachtet man die mit der Schussbelastung einhergehende Verschmutzung der Dämpfer kann folgende Hypothese zur Herleitung der Ursache der Schallpegelentwicklungen herangezogen werden:

Im fabrikneuen Dämpfer lagern sich zunächst Pulverrückstände in Form einer dünnen matten Schicht an den Innenwänden des Schalldämpfers an. Diese Schicht hat im Vergleich zu den eigentlichen Wandungen eine vergrößerte Oberfläche. Diese nun größere Oberfläche kann die stoßartig austretenden Verbrennungsgase zunehmend besser abkühlen und ausbremsen. Durch diesen Effekt steigt die Dämmleistung des Schalldämpfers. Mit fortlaufender Schussbelastung nimmt diese Schichtdicke immer mehr zu, wobei sich aber die Oberflächenbeschaffenheit der Schicht aus Pulverrückständen nicht mehr verändert, da eine maximal große Oberflächenkomplexizität erreicht ist. Einzig die Schichtdicke nimmt zu und verdrängt das zur Kompensation der Gase zur Verfügung stehende Innenvolumen des Schalldämpfers. Hierdurch sinkt wiederum die Dämmleistung des Schalldämpfers.

Hierbei ist es nicht unbedingt entscheidend, ob die Dämmleistung über ihrem Anfangswert bleibt oder darunter absinkt. Viel wichtiger für die Beurteilung des langfristigen Leistungsvermögens ist, wie sich die Kennlinie der Dämmleistung langfristig entwickelt. Nur so haben Arbeitgeber, Dienstherren und Privatleute eine Entscheidungsgrundlage, um den für Ihre Bedürfnisse passenden Schalldämpfer vor dem Hintergrund technischer und wirtschaftlicher Anforderungen auszuwählen.

Auch der bloße Dämmleistungswert sagt nichts über die tatsächliche Eignung eines Schalldämpfers. Betrachtet man nicht die in der Hilfseinheit Dezibel angegebenen Werte, sondern die (echte) Pascal-Druckskala, wird klar, dass ein gebräuchlicher Schalldämpfer den Schalldruck um 80 bis über 90 % reduziert. Vor diesem Hintergrund ist jeder mittelmäßig dämpfende Schalldämpfer geeignet, eine nachhaltige Schädigung des Gehörs zu verhindern, vor allem im Vergleich zum Schuss ohne Schalldämpfer.

Literatur

[1] Albrecht, R.: Präzisionsschießen: Ein Leitfaden für alle Langwaffenschützen. 1. Aufl. Stuttgart: Motorbuch-Verl, 2007.

[2] Joniskeit, D. U.: Mythos Schalldämpfer – Schalldämpferentwicklung aus leichtautobiographisch angehauchter Sicht und persönlichen Erfahrungen eines Praktikers

und Ernders. Joniskeit, 2009. isbn: 978–3–000–26237–1.

[3] Kersting, F.: Wiederladen – Vorbereiten und Praxis; Patronen für Lang- und Kurzwaffen. DEVA, 2005.

[4] Kneubuehl, B.: Geschosse -. Ulm: Motorbuch-Verlag, 2004.

[5] Neitzel, C.: Jagd mit Schalldämpfer – 2. Auflage. Bad Soden: Selbstverlag, 2016.

[6] Rottenberger, I.: Bericht zur Ermittlung realer Werte des Geräuschpegels mit und ohne Schalldämpfer. Techn. Ber. DEUTSCHE VERSUCHS- UND PRÜFANSTALT FÜR JAGD- UND SPORTWAFFEN E.V. (DEVA), 2015.

Von Theo Fischer, Horst Reinecke, Göttingen

Theo Fischer, Horst Reinecke, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Abteilung Wildtierwissenschaften, Georg August Universität Göttingen