Zum E-Paper
Nachhaltiges Bauen 10.11.2025, 11:00 Uhr

Zementfreie Leichtbetonsteine: Hochschule Koblenz entwickelt klimafreundliche Baustoffe

Im Forschungsprojekt „EcoLight“ arbeitet die Hochschule Koblenz gemeinsam mit Industriepartnern an einer neuen Generation von Leichtbeton-Mauersteinen ohne Zement. Ziel ist es, die CO2-Emissionen im Mauerwerksbau deutlich zu reduzieren und den Einsatz lokaler, natürlicher Rohstoffe zu fördern. Das Vorhaben wird im Rahmen des „Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.

Schon heute zeichnen sich Mauersteine aus Leichtbeton durch ihre gute Ökobilanz, hohe Rezyklierbarkeit und ihren geringen Primärenergiebedarf aus. Durch den Ersatz des Zements soll ihre Ökobilanz künftig noch weiter verbessert werden. Foto: Smarterpix / chat9780

Schon heute zeichnen sich Mauersteine aus Leichtbeton durch ihre gute Ökobilanz, hohe Rezyklierbarkeit und ihren geringen Primärenergiebedarf aus. Durch den Ersatz des Zements soll ihre Ökobilanz künftig noch weiter verbessert werden.

Foto: Smarterpix / chat9780

Zement zählt weltweit zu den größten Einzelquellen industrieller CO2-Emissionen. Rund 90 % der Emissionen beim Leichtbeton entstehen durch die Herstellung dieses Bindemittels. Genau hier setzt das Forschungsprojekt „EcoLight“ an.

Die Mauerwerksbauweise aus Leichtbeton- und Bimssteinen ist im Mittelrheingebiet traditionell fest verankert und spielt eine zentrale wirtschaftliche Rolle in der Region. Bereits heute gelten Leichtbetonsteine aufgrund ihres geringen Primärenergiebedarfs und ihrer guten Rezyklierbarkeit als umweltfreundliche Bauprodukte. Durch den Ersatz des Zements soll ihre Ökobilanz künftig noch weiter verbessert werden.

Künstliche Intelligenz im Metallkreislauf: Potenzial-Landkarte zeigt neue Chancen

Starke Partnerschaften für nachhaltige Innovation

Wissenschaftlicher Projektträger ist die Hochschule Koblenz. Industriepartner sind die Gebr. Zieglowski GmbH & Co. KG (Kruft) sowie die Brameshuber + Uebachs Ingenieure GmbH (Aachen). Gemeinsam entwickeln sie alternative Bindemittelrezepturen und erforschen die mechanischen und bauphysikalischen Eigenschaften der neuen Materialien.

Im Mittelpunkt steht die Entwicklung eines alkalisch aktivierten Bindemittels, das auf natürlichen Puzzolanen aus der Region basiert. Diese vulkanischen Gesteine stammen aus dem Neuwieder Becken und sollen den Zement vollständig ersetzen.

„Mit dem Projekt EcoLight wollen wir zeigen, dass nachhaltiges Bauen bei der Materialwahl beginnt“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Ulf Schmidt, Leiter des Lehrgebiets Baustoffkunde und Nachhaltiges Bauen an der Hochschule Koblenz und Projektleiter des Forschungsvorhabens. „Zementfreie Leichtbetonsteine mit lokal verfügbaren Bindemitteln sind ein großer Schritt in Richtung ressourcenschonender und klimafreundlicher Baustoffe.“

Vom Labor in die Produktion

Im Rahmen des Projekts werden die Rezepturen der neuen Leichtbetone systematisch optimiert. Parallel dazu arbeitet das Team an einem automatisierten Produktionsverfahren, das eine reproduzierbare Herstellung der zementfreien Steine ermöglicht. Auch eine Lochbildoptimierung wird durchgeführt, um Wärmedämmung und Tragfähigkeit weiter zu verbessern.

Das Projekt wurde mit einem Kick-off-Meeting bei der Firma Gebr. Zieglowski in Kruft gestartet. Dort trafen sich alle beteiligten Partner zum offiziellen Auftakt. Neben Gastgeber Thomas Zieglowski nahmen unter anderem Prof. Dr.-Ing. Ulf Schmidt und Marcel Ramler von der Hochschule Koblenz sowie Dr.-Ing. Stephan Uebachs (Brameshuber + Uebachs Ingenieure), Kai Markiefka (MC-Bauchemie), Andreas Krechting (KLB Klimaleichtblock), Ahmad Iravani (Bundesverband Leichtbeton) und John Day (Wagners, Australien) teil. Bei einer Werksführung konnten die Teilnehmenden den Produktionsprozess moderner Leichtbetonsteine kennenlernen und sich über den Forschungsstand austauschen.

„Aktuell wird der Verbundstoffanteil beispielsweise durch Flachsfaser ersetzt, ohne dabei die besonderen Materialeigenschaften der Naturfaser zu berücksichtigen“, erklärt Jaron Nübold, Geschäftsführer der Nuebold Yachtbau GmbH, der das Thema Naturfasern bereits in einem verwandten Forschungsprojekt begleitete. „Wir sind überzeugt davon, dass insbesondere Erkenntnisse zu den dynamischen Materialeigenschaften den Durchbruch in der breiten Anwendung ermöglichen können.“

Batteriegehäuse aus Aluminiumschaum: Leichtbau trifft Sicherheit

Nachhaltigkeit beginnt beim Material

Das Forschungsteam der Hochschule Koblenz verfolgt im Projekt EcoLight mehrere zentrale Ziele:

  • Einsatz natürlicher, lokal gewonnener Puzzolane als alternative Bindemittel zu Zement,
  • Entwicklung energieeffizienter Herstellungsprozesse,
  • Integration ressourcenschonender Zuschlagstoffe,
  • Verbesserung der Wärmedämmung und Tragfähigkeit der Leichtbetonsteine.

Durch die gezielte Kombination dieser Ansätze soll ein Baustoff entstehen, der nicht nur klimafreundlich, sondern auch wirtschaftlich und technisch konkurrenzfähig ist.

Netzwerk „Nachhaltiges Mauerwerk“

Die Hochschule Koblenz ist Mitglied im Innovationsnetzwerk „Nachhaltiges Mauerwerk“, das vom BMWK im Rahmen des ZIM-Programms gefördert wird. Das Netzwerk wird durch die Jöckel Innovation Consulting GmbH (JÖIN) koordiniert und vereint Partner aus Forschung, Industrie und Baupraxis.

Neben der Hochschule Koblenz sind unter anderem die RWTH Aachen, die TU Dortmund, die Hochschule Karlsruhe und die OTH Regensburg beteiligt. Im Fokus stehen drei Technologiefelder:

  • Nachhaltigkeitsbewertung und Ressourceneffizienz,
  • Automatisierung des Mauerwerksbaus,
  • Rück- und Wiederaufbau von Mauerwerken.

Alle Aktivitäten verfolgen das gemeinsame Ziel, Nachhaltigkeit und Kreislaufdenken im Bauwesen langfristig zu verankern.

Ästhetische Prothetik

Hochschule Koblenz: Forschung für die Baupraxis

Mit rund 9 000 Studierenden an den Standorten Koblenz, Remagen und Höhr-Grenzhausen ist die Hochschule Koblenz die größte Hochschule für angewandte Wissenschaften in Rheinland-Pfalz. Ihre Forschung in den Bereichen Bau, Werkstoffe und Nachhaltigkeit verbindet wissenschaftliche Methoden mit praxisnaher Anwendung. Mit Projekten wie EcoLight setzt die Hochschule nach eigenen Angaben ein deutliches Zeichen für die Zukunft des Bauens – regional verankert, technologisch innovativ und konsequent ressourcenschonend.

Von Hochschule Koblenz – University of Applied Sciences / RMW