Tritiumverluste stoppen: Neue Schutzschichten für die Fusionsenergie
Tritium ist ein zentraler Brennstoff in der Kernfusion, dessen sichere Handhabung für den Betrieb künftiger Fusionskraftwerke von hoher Bedeutung ist. Im Rahmen des Projekts „TritiumStopp“ entwickeln das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS und das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) spezielle Schutzschichten, die Tritiumverluste verhindern sollen. Der Text bietet einen detaillierten Überblick über die Forschungsansätze, die Materialdiagnostik und die geplante Umsetzung der Technologie.

Industriereife PVD-Technologie des Fraunhofer IWS bildet die Grundlage für neuartige Permeationsbarrieren, die künftig Tritiumverluste in Fusionskraftwerken verhindern sollen.
Foto: Daniel Viol/Fraunhofer IWS
Tritium ist ein kostbarer Rohstoff für die Energiegewinnung durch Kernfusion. Um dessen Verlust in künftigen Fusionskraftwerken zu verhindern, entwickeln das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS und das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) neuartige Schutzschichten. Das gemeinsame Forschungsprojekt „TritiumStopp“ zielt auf hocheffektive Diffusionsbarrieren, die auch unter extremen Bedingungen standhalten. Die kontrollierte Fusion von Wasserstoffisotopen gilt als Hoffnungsträger für eine saubere und sichere Energiezukunft. Tritium spielt dabei eine zentrale Rolle als Brennstoff. Sein ungewollter Austritt aus Reaktorwänden oder Rohrleitungen wäre nicht nur teuer, sondern auch sicherheitsrelevant. Die Herausforderung besteht darin, dass Tritium-Atome so klein sind, dass sie sich selbst durch Metallstrukturen hindurchbewegen können – ein Phänomen, das als Permeation bezeichnet wird.
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Schutzschichten aus erprobter Schichttechnologie
Das Projekt „TritiumStopp“ setzt auf dünne Barriereschichten, die Tritium am Durchdringen hindern. Anders als bisherige Forschungsansätze greift das Fraunhofer IWS auf Schichttechnologien zurück, die sich bereits in industriellen Hochleistungsanwendungen bewährt haben, beispielsweise als Verschleißschutz auf stark beanspruchten Werkzeugen. „Unsere Schichten basieren auf etablierten PVD-Verfahren und lassen sich mit industriereifer Technik auf reale Kraftwerkskomponenten aufbringen“, erklärt Dr. Volker Weihnacht vom Fraunhofer IWS.
Die Forschenden untersuchen verschiedene Schichttypen, darunter Metallnitride, Oxide und diamantartige Kohlenstoffe, auf ihre Barrierewirkung. Die Tests erfolgen unter Bedingungen, wie sie im Fusionskraftwerksbetrieb zu erwarten sind: Mechanischer Stress, thermische Wechselbeanspruchung und insbesondere Neutronenstrahlung. Ziel ist es, nicht nur kurzfristige Schutzwirkung nachzuweisen, sondern auch die Langzeitstabilität der Schichten zu verstehen.
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Materialdiagnostik und Permeationsmessung im Fokus
Ergänzend zu den Tests werden detaillierte Analysen durchgeführt. „Wir bringen langjährige Erfahrung darin mit, nachzuverfolgen, wie sich Wasserstoffisotope in Fusionsmaterialien ausbreiten“, sagte Dr. Armin Manhard vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. An mehreren Permeations-Messplätzen finden systematische Untersuchungen statt, unterstützt durch hochauflösende Diagnostikmethoden. Dadurch sollen werkstoffphysikalische Zusammenhänge aufgeklärt und die Wirkung einzelner Prozessparameter präzise verstanden werden.

Im Fokus der Untersuchung von TritiumStopp stehen metallische Komponenten, z. B. Leitungen, bei denen zukünftig durch Barrierschichten die Eindiffusion von Tritium verhindert werden soll. Foto; Daniel Viol/Fraunhofer IWS
Übertragung der Ergebnisse auf Kraftwerkskomponenten
Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen will das Projekt konkrete Konzepte für die Übertragung der Technologie auf Kraftwerkskomponenten liefern. „Wir denken von Anfang an mit, wie sich unsere Ergebnisse später in die Praxis überführen lassen – etwa in Form großflächiger Beschichtungen oder integrierter Schutzsysteme“, sagt Dr. Weihnacht.
Forschungspartner im Projekt TritiumStopp
Das Fraunhofer IWS entwickelt Werkstoffe und Technologien, um Tritium in Fusionsanlagen sicher zu handhaben – darunter Oberflächenbeschichtungen, Tritiumbarrieren und Recyclingverfahren.
Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) untersucht in Anlagen wie ASDEX Upgrade, wie sich Tritium im Plasma verhält, wie es effizient eingesetzt werden kann und wie Materialien auf den Kontakt mit Tritium reagieren.
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Projektinformationen TritiumStopp
- Titel: „TritiumStopp – Permeationsdichte Schichtsysteme als Tritium-Barrieren in Fusionsanwendungen“
- Laufzeit: 2025–2028
- Partner: Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS, Dresden | Max-Planck-Institut für Plasmaphysik IPP, Garching
- Förderung: Fraunhofer-Max-Planck-Kooperationsprogramm
Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik im Überblick
Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) erforscht die physikalischen Grundlagen für ein Fusionskraftwerk, das Energie aus der Verschmelzung von leichten Atomkernen gewinnen soll. Am Standort Garching bei München betreibt das IPP das Tokamak-Experiment ASDEX Upgrade, in Greifswald den Stellarator Wendelstein 7-X. Die Arbeiten des IPP sind in das Europäische Fusionskonsortium EUROfusion eingebettet. Mit rund 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zählt das IPP zu den größten Zentren für Fusionsforschung in Europa.