Batteriegehäuse aus Aluminiumschaum: Leichtbau trifft Sicherheit
Die Anforderungen an Batteriegehäuse in Elektrofahrzeugen sind hoch: Sie müssen leicht, stabil, stoßsicher und thermisch effizient sein. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU haben gemeinsam mit dem Automobilzulieferer AMSTED ein neues Konzept entwickelt – ein integrales Batteriegehäuse aus Aluminiumschaum. Das Material vereint geringes Gewicht mit hoher Energieabsorption und bietet zugleich neue Ansätze für ein effizientes Thermomanagement.
Dr. Rico Schmerler (links) und Dr. Thomas Hipke auf der Battery Show North America.
Foto: Fraunhofer IWU
Die Gehäuse von Hochvoltbatterien übernehmen in modernen Elektrofahrzeugen mehrere zentrale Funktionen. Neben dem Schutz der Batteriezellen vor mechanischen Einflüssen wie Steinschlag, Nässe oder Streusalz müssen sie im Crashfall Energie aufnehmen, elektrische Kurzschlüsse verhindern und Wärme effizient abführen.
Gleichzeitig tragen sie zur strukturellen Steifigkeit der Fahrzeugkarosserie bei und dürfen das Gewicht des Fahrzeugs nicht erhöhen, da jedes Kilogramm Einfluss auf die Reichweite hat. Hinzu kommt die Anforderung, die Batteriezellen bei Kälte vor zu starker Auskühlung zu schützen. Diese Kombination aus Sicherheit, Stabilität und Effizienz stellt Entwicklerinnen und Entwickler seit Jahren vor eine komplexe Aufgabe.
Aluminiumschaum als multifunktionales Material
Ein vielversprechender Ansatz für diese Herausforderung ist Aluminiumschaum. Der Werkstoff zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Kombination aus geringem Gewicht, hoher Steifigkeit und guter Energieabsorption aus. Damit erfüllt er viele der Kriterien, die an Batteriegehäuse gestellt werden – von der Crashsicherheit bis zur thermischen Belastbarkeit.
Auf der Battery Show North America im Oktober in Detroit stellten das Fraunhofer IWU und der Zulieferer AMSTED ein neuartiges Gehäusekonzept vor. Es basiert auf sogenannten Aluminium-Aluminiumschaum-Sandwiches (AAS), die aus zwei festen Deckblechen und einem Kern aus Aluminiumschaum bestehen. Diese Struktur ermöglicht nicht nur eine hohe mechanische Stabilität, sondern bietet auch Gestaltungsfreiheit für zusätzliche Funktionen.
In die Sandwichplatten lassen sich bei Bedarf Kühlstrukturen oder ein Wärmespeichermedium (Phase Change Material, PCM) integrieren. So kann das Bauteil gezielt zur Temperaturregelung beitragen – ein entscheidender Aspekt bei Lithium-Ionen-Batterien.

Möglicher Gehäuseaufbau. In den vier Kammern von links nach rechts: reines AAS, AAS mit infiltriertem PCM, AAS mit Kühlstruktur, AAS mit Kühlstruktur und PCM.
Foto: Fraunhofer IWU
Effizientes Thermomanagement durch integriertes PCM
Den Forschenden am Fraunhofer IWU gelang es, PCM in geschlossenporigen Aluminiumschaum einzubringen. Diese Materialien besitzen die Fähigkeit, große Mengen thermischer Energie aufzunehmen oder abzugeben, während sie ihren Aggregatzustand ändern – also von fest zu flüssig oder umgekehrt. Während dieses Prozesses bleibt die Temperatur des PCM nahezu konstant. Dadurch eignen sich Phase-Change-Materialien ideal, um kurzfristige Temperaturschwankungen auszugleichen und die Batterien im optimalen Betriebsfenster zu halten.
Das in Detroit vorgestellte Demonstrator-Gehäuse zeigt eine Vielzahl möglicher Varianten: Je nach Priorität können reine AAS, AAS mit integriertem PCM, AAS mit Kühlstruktur oder Kombinationen aus beiden Optionen umgesetzt werden. So lässt sich das Design individuell an verschiedene Fahrzeugtypen oder Batteriekonfigurationen anpassen.
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Serienpotenzial und Wirtschaftlichkeit im Fokus
Damit Batteriegehäuse aus Aluminiumschaum künftig auch in Großserienfahrzeugen eingesetzt werden können, untersuchen die Forschenden derzeit die wirtschaftliche Skalierbarkeit der Produktion. Neben der technischen Machbarkeit spielt dabei vor allem das Ausgangsmaterial eine zentrale Rolle.
Dr. Thomas Hipke, Leiter der Arbeitsgruppe am Fraunhofer IWU, erklärt: „Wir setzen für die Herstellung des Aluminiumschaums verstärkt auf Recyclingmaterial. Das ist nicht nur wesentlich kostengünstiger, sondern reduziert auch den CO2-Fußabdruck erheblich.“ Mit dieser Entscheidung zielt das Team darauf ab, die ökologische Bilanz des neuen Werkstoffs weiter zu verbessern und zugleich die Kosten für den industriellen Einsatz zu senken.
Von der Forschung zur Anwendung
Die Kooperation zwischen Fraunhofer IWU und AMSTED verdeutlicht, wie eng Materialforschung und Fahrzeugentwicklung heute verzahnt sind. Während das IWU seine Kompetenzen im Bereich Leichtbau und Funktionsintegration einbringt, ergänzt AMSTED die industriellen Erfahrungen aus der Serienfertigung und dem automobilen Strukturdesign. Durch die Verbindung beider Ansätze entsteht eine praxisnahe Lösung, die sowohl in Prototypen als auch in künftigen Serienfahrzeugen Anwendung finden kann. Die Forschenden sehen darin einen wichtigen Schritt hin zu sicheren, leichten und ressourceneffizienten Batteriegehäusen.
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Perspektive: Nachhaltigkeit als Entwicklungsziel
Neben den technischen Vorteilen rückt auch die Nachhaltigkeit stärker in den Fokus der Entwicklungsarbeit. Der Einsatz von Recyclingaluminium trägt nicht nur zur Ressourcenschonung bei, sondern eröffnet auch neue wirtschaftliche Spielräume.
Dr. Rico Schmerler, Projektleiter am Fraunhofer IWU, betont den langfristigen Ansatz des Forschungsteams: Ziel sei es, die Technologie so zu optimieren, dass sie nicht nur in Premiumsegmenten, sondern auch in der Großserie eingesetzt werden könne – etwa bei Kompaktfahrzeugen oder leichten Nutzfahrzeugen.
Die Ergebnisse der Präsentation auf der Battery Show North America stoßen auf großes Interesse. Durch die Kombination aus Sicherheit, Funktionalität und Nachhaltigkeit gilt der Werkstoff Aluminiumschaum als ein Schlüsselmaterial für die nächste Generation von Batteriegehäusen im Elektrofahrzeugbau.




