Zum E-Paper
Arbeitsschutz und Prävention 18.10.2021, 12:10 Uhr

Wo lauern für Mitarbeitende des SHK-Handwerks die größten Gefahren?

Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) hat die Megatrends im SHK-Handwerk und ihre Auswirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten identifiziert.

Foto: panthermedia.net/ auremar

Foto: panthermedia.net/ auremar

Im Rahmen des Risikoobservatoriums der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) hat das IFA die branchenspezifischen Trends und Entwicklungen im SHK-Handwerk analysiert. Dafür wurden im Rahmen einer Online-Befragung zahlreiche Präventionsfachleute um ihre Einschätzung gebeten. Anschließend wurden mittels statistischer Methoden die wichtigsten Entwicklungen in der Branche identifiziert. Ergänzende Internet- und Literaturrecherchen haben dabei geholfen, Ursachen und Folgen dieser Entwicklungen zu beschreiben.

Fachkräftemangel führt zu deutlicher Mehrbelastung

Demnach ist der Fachkräftemangel das größte Risiko für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten im SHK-Handwerk. Fast die Hälfte aller Innungsbetriebe konnten bereits im Jahr 2017 offene Stellen aus Mangel an qualifizierten, gut ausgebildeten Bewerbern und Bewerberinnen nicht besetzen. Das hat auch Auswirkungen auf eine mögliche Betriebsübergabe: Geeignete NachfolgerInnen sind rar. 2017 legten nur noch 1 713 Personen im SHK-Handwerk erfolgreich ihre Meisterprüfung ab. Gleichzeitig sind immer weniger junge Menschen bereit, in einem Handwerk mit hoher körperlicher Belastung bei schlechterer Bezahlung als in vielen anderen Berufen zu arbeiten. Im Vergleich zu 1998 lag die Anzahl der Auszubildenden im SHK-Handwerk 2017 nur noch bei 55 %; mehr als tausend Ausbildungsplätze blieben unbesetzt. Gleichzeitig sieht sich das verbleibende Personal einer guten Auftragslage gegenüber. Arbeitsverdichtung ist die zwangsläufige Folge. Die Work-Life-Balance und damit die psychische Gesundheit sind gefährdet. Längere Arbeitszeiten bei körperlicher Belastung begünstigen die Entstehung von Muskel-Skelett-Belastungen.

Demografischer Wandel: Weniger Erwerbstätige – größerer Bedarf an Barrierefreiheit

Der Fachkräftemangel wird vielfach verstärkt: Mit dem demografischen Wandel schrumpft die Zahl der Menschen im Erwerbstätigenalter. In der Folge werden 2040 etwa 26 % der Bevölkerung 67 Jahre oder älter sein. Bereits 2017 fehlten rund zwei Millionen barrierefreie, altersgerechte Wohnungseinheiten – Tendenz steigend. Ein Trend, der gleichzeitig die Auftragsbücher des SHK-Handwerks füllt, denn das SHK-Handwerk übernimmt den altersgerechten Umbau von Bädern, inklusive dem Einbau smarter Technologien und altersgerechter Assistenzsysteme. Und auch die Energiewende trägt zur Auslastung der SHK-Handwerkerinnen und -Handwerker bei. Denn staatliche Programme und Steuererleichterungen fördern die kundenseitige Investitionsbereitschaft zur Heizungsmodernisierung. Tatsächlich sind zwölf Millionen (56 %) der Heizungen in Deutschland veraltet und müssten modernisiert werden. Hier wird smarte und immer stärker auf erneuerbare Energien basierende Heizungstechnik (Solarthermieanlagen, Wärmepumpen) zum Standard.

Neue Techniker erfordern zusätzliche Qualifizierung

SHK-Handwerkerinnen und –Handwerker müssen nicht nur mehr Aufträge mit weniger Personal bewältigen, sondern auch ihr Know-how deutlich und in verschiedenen Bereichen ausbauen, um den steigenden Kundenanforderungen und technischen Entwicklungen gerecht zu werden. Allein die Zusammenlegung der Berufe „Gas- und Wasserinstallateur/-in“ und „Heizungs- und Lüftungsbauer/-in“ ist oft nur durch Spezialisierung zu bewerkstelligen, insbesondere in Kleinstbetrieben oder bei Solo-Selbstständigen. Zudem sind erweiterte Kenntnisse für die Installation von neuen, CO2-Emissionen reduzierenden Heiztechniken gefragt. Dies erfordert sicheres Arbeiten an Gasleitungen und auf Dächern und verlangt Kompetenzen beispielsweise in der Elektrotechnik und im Brand- und Explosionsschutz. Die Kenntnis geeigneter persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz oder Ersticken und deren Handhabung sind essenziell. Die Digitalisierung fordert zudem den routinierten Umgang mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, smarten Techniken und die sichere Installation entsprechender Geräte oder Bauteile (smarte Heizungsanlagen, smarte Toiletten). Auch der Einsatz von Bauwerksdatenmodellierung und erweiterter Realität (VR) nehmen zu. All diese Anforderungen, gepaart mit Termindruck begünstigen Überforderung.

Möglichkeiten der Prävention

Umso wichtiger wird der Arbeitsschutz. Er soll den Erhalt der Arbeitsfähigkeit bestmöglich unterstützen und wirkt mit dieser Zielsetzung auch dem Fachkräftemangel entgegen. Beschäftigte vor psychischen wie physischen Belastungen schützen, die über ein gesundheitlich unbedenkliches Maß hinausgehen – das will Arbeitsschutz. Der Mensch muss mit seiner Gesundheit und Sicherheit im Mittelpunkt stehen. Die gesetzliche Unfallversicherung bietet dafür neben der Betriebsberatung durch ihren Aufsichtsdienst ein breites Informationsangebot sowie Schulungen zur Verhütung von Unfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung, Absturzsicherung, Elektrotechnik, Arbeiten in engen Räumen, Muskel-Skelett- und psychische Belastungen sind nur einige der Themen, die sie aufgreift.

Das komplette Branchenbild zu den Gefährdungen und auch Chancen durch technische, politische, gesellschaftliche, ökologische und ökonomische Entwicklungen für die Branche „Gas-, Wasser-, Heizungs- sowie Lüftungs- und Klimainstallationen“ ist hier abrufbar.

 

Das könnte Sie auch interessieren:

Klimaneutralität: Deutsche Energie-Agentur veröffentlicht neue Leitstudie

Personal für Raumlufttechnik und Raumluftbefeuchtung muss nachgeschult werden

Neustart der Intersolar gelungen

Bundesförderung für effiziente Gebäude: Fördervolumen verdoppelt

Neue Schornsteinhöhen für Holz und Pellets

Indoor-Air: Luft nach oben

Wärmepumpen: Was ist bei der Hauseinführung zu beachten?

Von Angelika Hauke, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Bereich Wissenschaftskommunikation am Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Sankt Augustin/ MDS