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IBA‘27 23.04.2021, 10:55 Uhr

Neue Wohnungen für Stuttgart – Wettbewerb ist entschieden

Ab 2024 soll in Stuttgart-Rot in einer bestehenden Siedlung zwischen 250 und 280 neue Wohneinheiten entstehen. Jetzt wurde der Realisierungswettbewerb in Kooperation mit der IBA‘27 entschieden. Beim Gewinnerkonzept steht die Gemeinschaft im Mittelpunkt.

Der städtebauliche Entwurf »Am Rotweg« plant eine Gemeinschaftswiese im Herzen des Quartiers. Foto: ISSS research | architecture | urbanism

Der städtebauliche Entwurf »Am Rotweg« plant eine Gemeinschaftswiese im Herzen des Quartiers.

Foto: ISSS research | architecture | urbanism

Es ist entschieden: Gewinner beim städtebaulichen Realisierungswettbewerb für den Neubau des Quartiers „Am Rotweg“ in Stuttgart-Rot ist das Architekturbüro ISSS Research Architecture Urbanism aus Berlin zusammen mit dem Büro für Landschaftsarchitektur topo*grafik aus Marseille. Unter Beteiligung der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) und der Landeshauptstadt Stuttgart hat ein 27-köpfiges Preisgericht den Sieger festgelegt. Die Zweitplatzierten, das Büro EMT Architekten aus Stuttgart und das StudioVlayStreeruwitz aus Wien sollen bei der weiteren Planung und Umsetzung mit einbezogen werden. Auf einem rund zwei Hektar großem Areal soll in Stuttgart-Rot ab 2024 in einer bestehenden Siedlung neue Wohneinheiten entstehen. Diese 250 bis 280 Wohneinheiten sollen unterschiedliche Wohnungstypen darstellen. Neben den neuen Wohnungen sollen gemeinschaftlich und gewerblich genutzte Flächen hinzukommen. Seit Dezember 2020 war Neues Heim – Die Baugenossenschaft eG und die Baugenossenschaft Zuffenhausen eG (BGZ) in Kooperation mit der IBA’27 im Realisierungswettbewerb auf der Suche nach städtebaulichen und architektonischen Perspektiven. Die Entscheidung für den Sieger wurde aus den insgesamt 15 eingereichten Vorschlägen einstimmig gefällt.

Gemeinschaftsplätze bringen das Quartier zusammen

Die Architekten aus Berlin und Marseille sehen in ihrem Entwurf zehn drei- bis siebengeschossige Gebäude vor. Diese gruppieren sich um ein Netz von kleinen Flächen. Eine zentrale Gemeinschaftswiese soll das Herz des Quartiers bilden und begrünte Ankerplätze verbinden die Gebäude mit der Nachbarschaft. Ziel ist es, dass die vorhandenen Bäume erhalten bleiben. In den Erdgeschossen der Wohngebäude sollen gemeinschaftliche und gewerbliche Einrichtungen einziehen: Läden, Kita, Flächen für mögliche Ateliers, Werkstätten oder Co-Working-Spaces sowie ein Waschsalon oder eine Quartiersküche. Die Wohnungen in den Etagen über dem Erdgeschoss sollen als Klein-, Familien- und Cluster-Wohungen entstehen. Die Gebäude sollen nach dem Entwurf in einer Holzhybrid-Bauweise errichtet werden und auf den Dächern stellt sich das Architektenteam begrünte Dachterrassen vor. Die Energieversorgung soll im Quartier lokal und nachhaltig geschehen. Zudem soll das Regenwasser durch eine Zisterne und Versickerungsflächen nutzbar werden. Gleichzeitig soll dieses vor Starkregen schützen. Um auf Autoverkehr zu verzichten, wird am Rand des Quartiers ein Mobilitätszentrum mit Sharing-Angeboten, Fahrradwerkstatt und einer Quartiersgarage geplant. Während der Bauphase ist eine „IBA-Bauhütte“ angedacht. Dort sollen die wiederverwertbaren Bauteile der heutigen Gebäude für die Neubebauung nutzbar macht werden.

Überzeugende Wohnungsvielfalt im Quartier

Der Entwurf von ISSS beeindruckte das Preisgericht durch die Planung der Freiräume. Die Zweitplatzierten konnten mit ihren Konzepten für die Gebäude und Wohnungen punkten. Für die Jury entwickelten die Büros aus Stuttgart und Wien überzeugende unterschiedliche Häusertypen mit vielfältigen Wohnungsangeboten für verschiedene Lebenslagen. Aus diesem Grund empfahl die Jury, die zweitplatzierten Büros mit der Planung einzelner Gebäude zu beauftragen. Im nächsten Schritt stehen die Ausarbeitung des städtebaulichen Entwurfs und die Errichtung der Hochbauten an. Dies soll von einem Beratungsgremium, das sich unter anderem aus Vertreterinnen des Preisgerichts, der Bauherrinnen, der IBA’27 sowie der Landeshauptstadt Stuttgart zusammensetzt, begleitet werden. „Wir haben einen klaren ersten Sieger gekürt, der den städtebaulichen Rahmen des Projektes vorgibt. Er und die beiden zweiten Plätze werden in diesem städtebaulichen Rahmen einzelne Gebäude planen. Dadurch soll ein vielfältiges Quartier entstehen“, so Prof. Susanne Dürr, Vizepräsidentin der Architektenkammer Baden-Württemberg und Vorsitzende des Preisgerichts. „Wir haben gemeinsam drei Lösungen gefunden, die hohe Aufenthaltsqualitäten in ihren Außenräumen und den gebauten Räumen versprechen. Die Entwürfe zeichnen sich vor allem durch ihr Freiraumkonzept sowie ihre Dichte und Maßstäblichkeit aus, die sich gut in die Umgebung einfügt. Nicht nur Wohnraum, sondern auch soziale Funktionen finden ihren Platz im neuen Quartier. Die neue vernetzte Quartiersdurchwegung kann damit zum Begegnungsort werden. Zuffenhausen und Stuttgart-Rot werden von den öffentlichen Räumen und den belebten Erdgeschossen des Siegerentwurfs profitieren.“

Bewerbung mit Skizzen

IBA’27-Intendant Andreas Hofer sagte: „Alle drei Preisträgerinnen haben sehr vielversprechende und zukunftsfähige Konzepte entwickelt. Die Stärken der drei Entwürfe können sich gut ergänzen. Der erste Platz schafft ein sehr robustes und flexibles Gerüst, in das sich Elemente der beiden Zweitplatzierten gut einfügen lassen. Um das neue Quartier nun konkret zu planen und zu bauen, müssen die beteiligten Büros in einen intensiven Austausch treten – nicht nur untereinander, sondern mit dem Beratungsgremium und den Auftraggeberinnen. Das wird ein anspruchsvoller, gleichzeitig aber sehr vielversprechender Prozess aus dem ganz neuen Qualitäten für das Quartier erwachsen könnten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass daraus ein wegweisender Beitrag für Stuttgart und die IBA’27 entsteht.“ Bereits das Vorgehen im Wettbewerb war innovativ. Für das erste Auswahlverfahren vor dem eigentlichen Wettbewerb bewarben sich die Büros mit ersten Skizzen für die Teilnahme am Wettbewerb. So wurden zu den bereits vorab vier gesetzten Büros elf weitere Teilnehmer ausgewählt. Die Büros hatten dann bis März 2021 Zeit, ihre Modelle und Planungsunterlagen anonym einzureichen.

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Von IBA‘27 / Heike van Ooyen