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Effizienter Brückenbau 20.10.2023, 09:00 Uhr

Beton verbindet die Ufer

Die neue Brücke über die Aare in Aarau sollte laut Wettbewerb einen Ersatz Brückenoberbau umfassen, das Aareufer mitgestalten und den Übergangsbereich zur Altstadt bilden. Der Entwurf Pont Neuf wurde von der Jury als Sieger ausgewählt. Er ist mit einer hohen Schlüssigkeit im Ganzen durchgestaltet. Dabei kommt nur ein Material zum Einsatz: Beton.

Seit 2023 verbindet die neue Aarebrücke die Ufer in Aare. Foto: Marc Gilgen, Basel

Seit 2023 verbindet die neue Aarebrücke die Ufer in Aare.

Foto: Marc Gilgen, Basel

Die neue Aarebrücke fügt sich schlicht ins charakteristische Stadtbild von Aarau ein. Technisch und funktional ist das Brückenbauwerk anspruchsvoll, dass nur aus dem Material Beton besteht. Der Entwurf stammt vom Planerteam WMM Ingenieure AG, Henauer Gugler AG, Christ & Gantenbein Architekten sowie August + Margrith Künzel Landschaftsarchitekten AG und ist der Gewinner des Wettbewerbs „Ersatz Oberbau Aarebrücke in Aarau“

Brücke mit Tradition

Die Aareufer waren seit der Römerzeit mit Brücken verbunden. 1848 entstand eine Kettenbrücke, die im Vergleich zu den Vorgängern aus Holz eine Verbesserung darstellt. Sie wurde zwischen 1948 und 1951 durch eine Betonbrücke ersetzt. Diese Brücke wies nun erhebliche Schäden und Mängel auf, vor allem die Fahrbahnübergänge im Brückenmittelfeld bildeten den Schwachpunkt der Brückenstatik. Somit war eine Nachfolgerin notwendig, damit die 22.000 Fahrzeuge weiterhin täglich an dieser Stelle die Aarau überqueren können. Da die beiden Flusspfeiler aber in einem guten Zustand sind, wurde in einem Projektwettbewerb nur der Brückenoberbau ausgeschrieben. 2009 wurde der Wettbewerb ausgelobt und 2019 konnte mit dem Abriss der alten Brücke und dem Bau des Wettbewerbssiegers begonnen werden. 2023 wurde die neue Brücke für den Verkehr freigegeben.

Die Brücke besteht aus Beton und nutzt die bestehenden Flusspfeiler.

Foto: Marc Gilgen, Basel

Optik der Brücke

Der städtebauliche Kontext war in der Auslobung wichtig, sodass sich die neue Brücke hier einfügen sollte. Dies griff der Siegerentwurf auf und das Planerteam lies sich von den massiven Steinbauten in Aarau inspirieren. Die mittelalterlichen Häuser entlang der Stadtmauer, die Pfeiler, Stützmauern und Rampen sowie die Uferbefestigungen flossen in die Optik der Brücke mit ein. Um die Brücke in den Dialog mit der Umgebung zu setzen, wurde der Beton leicht eingefärbt. Die geschwungenen Bögen und die elliptischen Öffnungen zwischen den Pfeilern prägen das Bauwerk und geben ihm einen optischen Reiz.

Anspruchsvolle Brückenkonstruktion

Die Jury des Wettbewerbs war durch die Schwere und Kühnheit der Brücke beeindruckt, die meist Brücken um 1900 aufweisen. Doch beeindruckte sie auch, dass „Pont Neuf“ das Material Beton und die Entstehungszeit nicht verleugnet. Funktionalität und Effizienz werden bei der Aarebrücke mit der modernen Interpretation traditioneller Ästhetik kombiniert. Die Brücke ist 119 Meter lang, 17,5 Meter Breit und besitzt eine Hauptspannweite von 44 Metern. Zwei Fahrspuren führen über die Brücke, die an beiden Seiten Platz für Fußgänger und Fahrradfahrer hat. Mit dem Material wurde bei der Stahlbetonkonstruktion sparsam umgegangen. Dies wurde durch eine ausgedünnte Geometrie und Hohlkörper erreicht. Die beiden Senkkästen, die sich im Flussbett befinden, könnten durch Teile der fünf unterschiedlich weit gespannten Bögen wiederverwendet werden. Der einheitliche und fugenlose Baukörper ist durch die monolithische Tragstruktur mit ihren Komponenten Pfeilerfundamente, Pfeiler, Bögen, Flanken, Fahrbahn, Brüstungen möglich geworden. Alle Elemente der Brücke sind in den Lastabtrag mit eingebunden. Dies führt zu einer nachhaltig optimierten Konstruktion.

Große Öffnungen lassen den Blick auf und über das Wasser zu.

Foto: Marc Gilgen, Basel

Zusammenspiel von Ingenieurbau und Architektur

Die mehrfeldrige Bogenbrücke „Pont Neuf“ zeigt für die Jury mit ihren herauswachsenden Stützmauern, wie Ingenieurbau und Architektur bereits auf der konzeptionellen Ebene zusammenarbeiten können. Dadurch betont das Bauwerk eine Kontinuität zwischen den Ufermauern und der Brücke und setzt damit die in der Ausschreibung geforderte Umsetzung der Verflechtung von architektonischer und konstruktiver Überlegungen um. Die Uferbereiche gehören zum Konzept der Brücke. Dabei überspannt die Brücke Teile der Uferwege, lässt aber durch große Öffnungen den Blick auf und über das Wasser zu. Auf der Seite der Altstadt wurde eine große Promenade mit Aufenthaltsbereich und schattenspenden Bäumen umgesetzt. Blumenwiesen und natürliche Uferbestockung prägen den nördlichen Uferbereich.

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Von WMM Ingenieure AG/Heike van Ooyen