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Kreislaufgerechtes Bauen 16.04.2021, 14:53 Uhr

Bauteile wiederverwenden

An der Forschungs- und Innovationsplattform NEST hat der Bau einer neuen Unit begonnen. Hier zeigt das Forschungsteam von Empa und Eawag, wie Bauteile für eine Büroeinheit wiederverwendet werden.

Am NEST entsteht eine neue Unit als flexible Büroräumlichkeiten. Foto: Empa

Am NEST entsteht eine neue Unit als flexible Büroräumlichkeiten.

Foto: Empa

Die neue Unit „Sprint“ an der Forschungs- und Innovationsplattform NEST ist als Büroeinheit geplant, die zu großen Teilen aus wiederverwendeten Materialien gebaut wird. Das Forscherteam der Empa und Eawag möchten mit „Sprint“ beim kreislaufgerechten Bauen neue Maßstäbe setzen. Um die CO2-Ziele zu erreichen, ist das kreislaufgerechte Bauen unumgänglich. Die Wiederverwendung (Re-Use) von Bauteilen und Materialien ist beim Schließen des Kreislaufs Bau ein effizienter Ansatz. In einigen Bauprojekten werden bereits Bauteile und Materialien wiederverwendeten. Doch hinsichtlich Normen und Garantieleistungen stellen sich beim Rückbau und der Wiederverwendung immer wieder Fragen. Aus diesem Grund konzentrieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich bei dem Unit „Sprint“ auf allgemeingültige Lösungen und streben damit eine Vereinfachung der Wiederverwendung von Baumaterialien an. An dem Projekte arbeiten Akteure aus Forschung, Wirtschaft und öffentlicher Hand zusammen. „Erstmals vereint die Empa den Ansatz der Wiederverwendung und die Marktanforderungen des schnellen und flexiblen Bauens. Mit der neuen Unit „Sprint“ wollen wir zeigen, dass diese Bedürfnisse zusammen erfüllt werden können“, erklärt Enrico Marchesi, Innovation Manager und Projektverantwortlicher seitens NEST. Neben der Wiederverwendung von Baumaterialien soll die Unit „Sprint“ eine COVID-konforme Büroräumlichkeit sein. Das Forscherteam möchte zeigen, dass flexible und schnell auf andere Bedürfnisse anpassbare Gebäude, als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie, nötig sind.

Wiederverwendung in der Planungsphase mit einbezogen

Während der Planungsphase wurde auf den Wiederverwendungsprozess und seinen Herausforderungen ein besonderes Augenmerk gelegt. Dabei wurden anfangs die Fragen geklärt, welchen Mehrwert wiederverwendetes Material bietet und ob es günstiger ist als Neumaterial. Oliver Seidel, Architekt und Partner bei der baubüro in situ ag weiß: „Das Wiederverwenden von Materialien wird oft mit tieferen Kosten assoziiert. Doch der Mehrwert liegt in einem anderen Bereich: Re-Use ist nachhaltiger. Und in puncto Qualität gibt es keine Einbußen. Im Gegenteil: Je nach Material kann man sogar von einem Qualitätszuwachs sprechen, zum Beispiel bei einem alten Holzparkettboden, der eine zusätzliche ästhetische Komponente erhält.“ Das Planen eines Rückbaus und der Wiederverwendung der Materialien bieten neben dem zurückführen in den Kreislauf Bau einige Vorteile. Bereits im Vorprojekt muss die Detailstudie betrachtet werden, früher als nach den standardmäßigen Planungsphasen. Dadurch wird der Bauprozess zeitlich flexibel und dynamisch. Parallel kann somit das Vorhaben definiert werden und die gebrauchten Materialien gesucht und geprüft werden.

Rückbau bei der Planung berücksichtigen

Bei der Planung der „Sprint“-Unit hat sich das Forscherteam dazu entscheiden, dem Design for Disassembly-Ansatz zu folgen. Das bedeutet, dass bereits der Rückbau mitberücksichtigt wurde. Dazu zählt auch die Bauweise, die zukünftige Änderungen und Demontagen zur Rückgewinnung von Systemen, Komponenten und Materialien erleichtert. Damit ist dann sichergestellt, dass am Ende der Lebensdauer der Gebäude diese möglichst effizient in einen weiteren Zyklus übergehen können. Nicht bei allen Bautypen eignet sich derzeit ein Rückbau der Bauteile und Materialien. Bei Industriebauten ist dieses einfacher als bei Wohnbauten. „Umso wichtiger ist es, dass wir die heutigen Gebäude so bauen, dass deren Bestandteile wieder in Kreisläufe zurückgeführt werden können“, betont Kerstin Müller, Architektin, Geschäftsleitungsmitglied bei der baubüro in situ ag und Geschäftsführerin der Zirkular GmbH. Für Müller ist die Wiederverwendung auch eine Chance für die Wertschöpfungs- und Lieferketten: „Beim Wiederverwenden von Bauteilen und Materialien können lokal Arbeitsplätze geschaffen und ökologische wie baukulturelle Werte erhalten werden.“ Beim Bau der Unit „Sprint“ wird der Prozess fortlaufend dokumentiert und die Chancen und Herausforderungen werden zusammengestellt. Mit den Erfahrungen aus dem Projekt soll das Wiederverwendungskonzept als Bauweise markttauglich gemacht werden.

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Von EMPA / Heike van Ooyen