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Brücken- und Tunnelbau 22.12.2023, 07:00 Uhr

Branchenreport 2023

Viele Brücken in Deutschland müssen modernisiert werden. Dabei hat der Fachkräftemangel längst auch schon den Brücken- und Tunnelbau ereilt, wie dies der Branchenreport 2023 offenbart.

Fast 40.000 Brücken umfasst allein das Bundesfernstraßennetz. Zusammen kommen sie auf eine Länge von 2.100 Kilometern, was in etwa der Strecke Flensburg – Neapel entspricht. Bayern und NRW zählen dabei die meisten Brückenbauwerke.

Marode Brücken…

Viele der älteren Brücken sind bereits in die Jahre gekommen. Dies betrifft vor allem die großen Talbrücken in den alten Bundesländern, welche hauptsächlich in den 60er, 70er und 80er Jahren gebaut wurden. Noch weisen 76 % der Brücken einen befriedigenden bis ausreichenden Zustand (Note 2 bis 2,9) auf, 12 % befinden sich dagegen in einem nicht ausreichenden bis ungenügendem Zustand. Sie müssen jetzt im Rahmen von Brückenmodernisierungen an die gestiegenen Verkehrsanforderungen angepasst werden. Einige davon werden verstärkt, andere durch einen Neubau ersetzt.

…treffen auf Fachkräftemangel

Doch wie fit ist die Branche, um die notwendigen Instandsetzungen vorzunehmen? Einblicke hierzu gibt der Branchenreport Brücken- und Tunnelbau 2023. Die Daten für die jährliche Strukturstatistik liefert das Statistische Bundesamt.

Mehr als 8000 Beschäftigte erwirtschaften einen Jahresumsatz von 2,2 Mrd. Euro

Im Juni 2022 gab es deutschlandweit 118 Betriebe, die mehr als 50 % ihres Umsatzes im Brücken- und Tunnelbau erwirtschafteten. Das sind gerade einmal 11 Betriebe mehr als im Jahr 2010. Die meisten davon haben ihren Sitz in Bayern (23), gefolgt von Hessen und Nordrhein-Westfalen (jeweils 16). Zusammen beschäftigten sie im selben Monat 8.220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Jahr zuvor erwirtschafteten alle Betriebe zusammen 2,2 Mrd. Euro. Damit lag die Zahl der Betriebe 2022 um 10 %, die Zahl der Beschäftigten um 21 % und der Umsatz 2021 um nominal 50 % über dem Niveau von 2010. Entsprechend ist der Jahresumsatz je Beschäftigter bzw. Beschäftigtem um 31 % auf 227.000 Euro gestiegen. Im Vergleich dazu hat sich der Umsatz im gesamten Bauhauptgewerbe um 37 % auf 160.000 Euro verbessert.

Der Brücken- und Tunnelbau ist personalintensiv

42 % der Betriebe beschäftigen zwischen 1 und 19 Beschäftigte und zählen damit zu den Kleinbetrieben. Mit 5 % aller Beschäftigten erwirtschaften sie nur 3 % des Umsatzes. Im Bauhauptgewerbe machen die Kleinbetriebe hingegen 88 % aus. Sie beschäftigen 41 % aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und erzielen 30 % des Umsatzes.

9 % der Brücken- und Tunnelbaubetriebe zählen zu den ganz Großen mit 200 und mehr Beschäftigten. Sie erwirtschaften mit 42 % der Beschäftigten 47 % des Umsatzes. Im Bauhauptgewerbe entfallen nur 0,4 % der Betriebe auf Großbetriebe. Sie erwirtschaften mit 13 % der Beschäftigten 20 % des Umsatzes.

Da der Bau von Brücken und Tunneln deutlich personalintensiver ist als der anderer Bauwerke, liegt die durchschnittliche Beschäftigtenzahl bei Brücken- und Tunnelbaubetrieben bei 70, während sie im Bauhauptgewerbe bei 11 liegt. Allerdings unterlag die Beschäftigtenentwicklung im Betrachtungszeitraum 2010 bis 2022 deutlichen Schwankungen. Dies betrifft insbesondere die größeren Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten.

Fachkräftemangel bedroht auch Brückenbau

Doch auch die Brücken- und Tunnelbau-Branche steuert auf einen Fachkräfteengpass zu. So lag die Zahl der Beschäftigten über 55 Jahre im Jahr 2022 bereits bei 25 %, 2013 waren dies noch 18 %. Zwar stellen die Betriebe seit 2017 wieder mehr Auszubildende ein, allerdings umfasst dieser Aufwärtstrend auch die kaufmännischen Azubis. Die Anzahl derer, die sich im Beton- oder Stahlbetonbau oder als Kanal- und Tunnelbauer ausbilden lassen wollen, geht hingegen deutlich zurück. Auch die Zahl der Arbeitslosen ist deutlich gesunken, sie entspricht im Beton- und Stahlbetonbau nahezu den offenen Stellen, beim Kanal- und Tunnelbau liegt sie bereits deutlich darunter.

Preise für Material und Arbeiten schnellen nach oben

Gleichzeitig sind die Kosten für den Neubau von Straßenbrücken seit 2021 aufgrund zunehmender Materialkosten deutlich gestiegen, wenngleich sich diese Entwicklung langsam beruhigt. Besonders betroffen sind Arbeiten für Entwässerungsanlagen, Oberbauschichten ohne Bindemittel sowie Pflaster, Platten und Einfassungen. Zusammen haben diese aber gerade einmal einen Anteil von 2,4 Prozent an einem durchschnittlichen Brückenbauwerk. Am geringsten fallen die Preissteigerungen für Metallbauarbeiten, Betonarbeiten sowie Ramm-, Rüttel- und Pressarbeiten aus, die zusammen einen Anteil von knapp 68 Prozent an einem Brückenbauwerk haben. Besonders schlagen hier die Betonarbeiten zu Buche.

Auch die Preise für Rohstoffe wie Asphaltmischgut, Bitumen aus Erdöl oder Betonstahl in Stäben sind deutlich gestiegen, wobei auch hier die Höchstpreise 2022 erreicht wurden.

Spannbetonbrücken dominieren den Bestand

Da die Materialauswahl großen Einfluss auf das Bauverfahren und den Bauablauf hat, sollen abschließend noch einige Zahlen zum Brückenbestand in Deutschland genannt werden: Die meisten Brücken in Deutschland bestehen aus Stahl- (17 %) und Spannbeton (70 %). Stahlverbundlösungen (7 %) und Stahlbrücken (6 %) werden hingegen vor allem bei Brücken mit großen Stützweiten verwendet.

Fazit

Das Fazit: Mehr Auszubildende sowie schnellere und ressourcenschonende Bauverfahren werden zukünftig im Brücken- und Tunnelbau mehr gefragt sein denn je.

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Von Von Hauptverband der Deutschen Bauindustrie / Melanie Schulz