Wird Thyssenkrupp indisch? Kretinsky bekommt sein Geld zurück
Der tschechische Unternehmer Daniel Kretinsky wollte mit seiner EP Group ein Joint Venture mit der Thyssenkrupp-Stahlsparte eingehen. Damit ist es nun endgültig vorbei. Und wieder steht Thyssenkrupp mit nur einem Interessenten da. Dabei handelt es sich um den indischen Konzern Jindal Steel.
Grobblechwerk von Thyssenkrupp in Duisburg-Hüttenheim. Der tschechische Investor Daniel Kretinsky hat sich bei der deutschen Nummer Eins im Stahl verabschiedet.
Foto: picture alliance/Rupert Oberhäuser
Offenbar hat Daniel Kretinsky gut verhandelt. Denn nach seinem Ausstieg bei der Thyssenkrupp-Stahlsparte TKSE (Thyssenkrupp Steel Europe) bekommt er sein Geld zurück. Der tschechische Unternehmer hatte im Juli 2024 mit seiner EP Group 20 % der Anteile erworben – die Aufstockung auf 50 % war lange Zeit die konkreteste Zukunftsperspektive für TKSE. Nun ist Kretinsky weg: Seine Anteile hat er zurückgegeben und den Kaufpreis erstattet bekommen.
Rückzieher wegen Verhandlungen mit Jindal Steel
Man habe die Gespräche „einvernehmlich“ beendet, teilte Thyssenkrupp mit. Der Grund für Kretinskys Rückzieher sind Gespräche des Stahlkonzerns mit der indischen Jindal Steel, die bereits ein nicht bindendes Angebot für TKSE abgegeben hat. Die EPG respektiere den Wunsch von Thyssenkrupp, sich zunächst auf Gespräche mit Jindal zu konzentrieren, hieß es.
Thyssenkrupp befindet sich also abermals in der Situation, mit nur einem Interessenten zu verhandeln. Immerhin: Das Jindal-Angebot ist von der Arbeitnehmer-Seite positiv aufgenommen worden. Jürgen Kerner, zweiter Vorsitzender der IG Metall, nennt Deutschlands größten Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel die „perfekte Ergänzung“ für Jindal. Der indische Konzern ist bislang in Europa nicht vertreten, ein Einstieg bei TKSE würde den Zugang zu hochqualitativen Stählen ermöglichen.
Jindal Steel gehört zur Gruppe des indischen Milliardärs Naveen Jindal und ist laut Weltstahlverband Worldsteel der viertgrößte Stahlkonzern Indiens. 2024 produzierte das Unternehmen demnach 8,06 Mio. t Rohstahl – 2,2 Mio. t weniger als TKSE. Die Jindal-Grupp erzielte im vergangenen Geschäftsjahr bei einem Umsatz von 12 Mrd. € eine Gewinnmarge von 22 %. In Deutschland sind solche Margen schon lange nicht mehr erzielt worden und auch für die Zukunft nicht zu erwarten.
Jindal will Direktreduktion umsetzen
Jindal hat zugesagt, den Direktreduktionsplänen des Duisburger Stahlunternehmens treu zu bleiben. TKSE hat eine Förderzusage für den Bau einer wasserstoff-fähigen Direktreduktionsanlage erhalten; der Bund und das Land NRW unterstützen das Vorhaben mit insgesamt 2 Mrd. € Subventionen.
Der indische Übernahmeinteressent hat außerdem zugesagt, in Duisburg für mehr als 2 Mrd. € Elektrolichtbogenofen-Kapazitäten zu schaffen. Mit diesem Aggregat lässt sich aus DRI (direkt-reduziertem Eisen) und Schrotten Stahl produzieren. Allerdings wäre die Installation von Elektrolichtbogenöfen eine Abkehr der bisherigen Pläne für das Duisburger Hüttenwerk. Bislang hatte es stets geheißen, man wolle die riesigen Stahlwerke intakt halten – und den Stahl wie gewohnt im Konverter produzieren.
Die Jindal-Gruppe verfügt sowohl über eigene Rohstoffe – im Konzern ist auch ein Bergbauunternehmen – als auch künftig über Möglichkeiten, auf der arabischen Halbinsel wasserstoff-basiertes DRI zu produzieren. Dieses könnte nach Deutschland verschifft werden, TKSE könnte das DRI dann in der Stahlproduktion nutzen und deutlich weniger eigenes Eisen produzieren.
Nicht der erste Übernahmeinteressent aus Indien
Jindal ist nicht der erste Übernahmeinteressent aus Indien. Die indische Nummer Eins, Tata Steel hatte Ende der 2010er-Jahre versucht, mit TKSE zu fusionieren. Dem hatten die Wettbewerbshüter in der EU-Kommission einen Riegel vorgeschoben.
Ein Beitrag von: