Recycling 04.11.2025, 07:21 Uhr

Stahl kommt künftig aus dem Sonnenofen

In der Schweiz schmilzt Panatere Stahl mit Sonnenenergie – weltweit die ersten Solaröfen für recycelten Edelstahl.

Solarenergie statt Kohle: Panatere recycelt in La Chaux-de-Fonds Edelstahl in Solaröfen

Solarenergie statt Kohle: Panatere recycelt in La Chaux-de-Fonds Edelstahl in Solaröfen.

Foto: picture alliance/KEYSTONE | JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Die weltweit ersten Solaröfen, in denen Eisen-Stahlschrott geschmolzen werden, um neuen Stahl herzustellen, hat jetzt das Recyclingunternehmen Panatere in La Chaux-de-Fonds im Schweizer Kanton Neuenburg in Betrieb genommen. Das Unternehmen sammelt vor allem Edelstahlschrott aus der Uhrenindustrie und von medizintechnischen Unternehmen ein, um ihn einzuschmelzen und Neuware nach den Spezifikationen der Kunden herzustellen.

„Die Schweizer Industrie hat ein großes Interesse daran, die wertvollen Stahlabfälle im Land zu halten“, sagt Panatere-Chef Raphaël Broye. Deren Recycling soll die Einfuhr von teurem Spezialstahl reduzieren. Jährlich importiert die Schweiz 140.000 t Edelstahl, davon 15.800 t für die Uhrenindustrie und 6500 t für den medizinischen Bereich.

Sonnenwärme wird doppelt konzentriert

Am Standort La Chaux-de-Fonds ist jetzt ein großer Solarofen mit einer Leistung von 30 KW und ein kleiner mit 5 KW in Betrieb. Der große Ofen bezieht seine Wärmeenergie aus einem 137 m²großen Spiegelfeld, das automatische dem Gang der Sonne folgt. Die Wärmestrahlen werden auf einen Hohlspiegel mit 9,8 m Durchmesser gelenkt.

Dieser bündelt die Infrarotstrahlen weiter, sodass sie mit einer Temperatur von bis zu 1700 °C den Ofen erreichen. Der Schmelzpunkt von Edelstahl liegt bei 1400 bis 1550 °C. Je nach Zusammensetzung des Schrotts kann die Anlage pro Arbeitsgang 50 bis 100 kg verflüssigen.

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Der kleine Solarofen wird sogar bis zu 2000 °C heiß. Er ist für das schnelle Schmelzen kleiner Stahlmengen gedacht. Realisiert wurde das Pilotprojekt mithilfe der Haute Ecole Arc Ingénierie am Standort La Chaux-de-Fonds und der Universität Franche-Comté im französischen Besançon.

Schmelzvorgang dauert 1,5 Stunden

Von März bis September liegt die Sonnenscheindauer in La Chaux-de-Fonds bei täglich sechs bis 9,5 Stunden pro Tag. Die Betriebsleitung des Recyclers verfügt über besonders genaue Wetterprognosen, um zu verhindern, dass die Sonne während eines Schmelzvorgangs ausfällt.

Das würde die Anlage zerstören. Die Öfen werden also nur in Betrieb genommen, wenn die Sonne mindestes 1,5 Stunden dauerhaft scheint. So lange dauert ein durchschnittlicher Arbeitsgang.

CO2-Emission sinkt auf sechs Promille

Bei der Produktion von rostfreiem Stahl entstehen mit bisheriger Technik etwa 6,8 kg Kohlenstoffdioxid (CO₂) pro Kilogramm Stahl, so Loïc Bonsack von Panatere. Mit den Solaröfen lasse sich der Ausstoß auf lediglich 41 Gramm drücken und so die Umweltbelastung deutlich verringern.

Das ist ein Rückgang auf sechs Promille. „Unser Ziel ist es, fünf Prozent des in der Schweiz anfallenden Stahlschrotts zurückzugewinnen, anstatt sie zu exportieren. Bis 2028 soll das Zentrum jährlich 1000 t Solar-Stahl produzieren“, so Broye.

Gewinnung von strategisch wichtigen Metallen

Die Solarschmelzöfen sind der erste Schritt zur Realisierung eines ehrgeizigen Plans: mittelfristig eine autarke Fabrik zu bauen, die ausschließlich mit konzentrierter Solarenergie und recycelten Materialien betrieben wird. „Wir haben mehr als fünf Jahre gebraucht, um die richtige Formel zu finden, ohne zusätzliche Chemie oder Mineralien zu verwenden“ so Broye. „Heute sind wir stolz darauf zu zeigen, dass eine nachhaltige, wettbewerbsfähige und lokale industrielle Produktion möglich ist.“

Die Stahl- und Eisenindustrie ist weltweit für etwa sieben Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Jährlich sind es in absoluten Zahlen ausgedrückt rund 2,7 Mrd. t.

Auf mittlere Sicht will Panatere die Öfen auch nutzen, um strategisch wichtige Metall zurückzugewinnen, etwa die, die in Mobiltelefonen und anderen Geräten stecken, ebenso in Magneten.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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