4D-Röntgen: Uni Passau macht unsichtbare Materialbewegungen sichtbar
Mit dem EU-Projekt X-Celerate möchte ein europäisches Forschungsteam – darunter auch die Universität Passau – die Entwicklung intelligenter Materialien vorantreiben. Mithilfe modernster 4D-Röntgentechnik sollen Werkstoffe sichtbar gemacht werden, die sich selbst verändern oder heilen können – ein wichtiger Schritt für die Zukunft der Materialforschung.
Mit 4D-Röntgentechnik erforschen Passauer Forschende Materialien, die sich selbst verändern – ein Blick in die Zukunft intelligenter Werkstoffe.
Foto: Universität Passau
Die Universität Passau ist Teil des europaweiten Netzwerks X-Celerate, bestehend aus 14 Partnern in neun Ländern. Gemeinsam wollen sie die Materialforschung vorantreiben: Mit neuartigen 4D-Computertomografie-Strategien, präziser Datenanalyse und innovativer Bildgebung sollen in Zukunft selbst feinste Veränderungen in smarten Werkstoffen sichtbar werden – in Echtzeit und ohne diese zu beschädigen.
Smarte Materialien – was dahintersteckt
Intelligente Werkstoffe sind Materialien, die eigenständig auf äußere Reize reagieren, beispielsweise auf Wärme, Licht, Magnetfelder oder Chemikalien. Sie werden in vielen Bereichen eingesetzt:
- Medizin: z. B. selbstentfaltende Stents, temperatursensitive Wirkstoffträger
- Luft- und Raumfahrt: adaptive Flügelstrukturen
- Bauwesen: selbstheilender Beton
So gibt es beispielsweise Formgedächtnislegierungen, also Metalle, die sich nach Verformung wieder in ihre ursprüngliche Form verwandeln können. Das Gleiche gilt auch für Kunststoffe – nur heißen die smarten Materialien hier Formgedächtnispolymere. Auch Hydrogele – Gele, die aus Polymeren bestehen und eine hohe Menge an Wasser binden können – haben intelligente Fähigkeiten und werden unter anderem in der Kosmetik verwendet, zum Beispiel für die Herstellung von Feuchtigkeitscremes oder Gesichtsmasken.
Smarte Materialien aus dem Drucker?
Konventioneller 3D-Druck produziert üblicherweise starre Bauteile – die Objekte werden Schicht für Schicht aufgebaut. Der 4D-Druck geht einen Schritt weiter: Er nutzt smarte Materialien, die ihre Form, Größe oder Eigenschaften nachträglich verändern können. Das Besondere dabei ist, dass schon beim Druckvorgang in das Material einprogrammiert wird, wie es sich später verändern soll. Diese Programmierung geschieht durch die Anordnung der Materialschichten, -kombinationen oder durch die Richtung, in der das Material beim Drucken ausgerichtet wird. Wird das fertige Objekt dem Reiz ausgesetzt, „erinnert“ es sich an die gewünschte Form und reagiert gezielt.
Forschung an smarten Materialien
Das Doktorandenprogramm X-Celerate widmet sich nun der Erforschung der 4D-Computertomografie – einer Methode, die zeitlich aufgelöste Röntgenaufnahmen liefert und dabei zeigt, wie sich Materialien unter Belastung verändern.
„Laborbasierte, zeitaufgelöste Röntgenbildgebung ist ideal für die Untersuchung intelligenter Materialien geeignet. Sie erfasst Dynamiken dieser Materialien, die bislang unsichtbar waren“, erklärt Christoph Heinzl, Leiter der Forschungsgruppe des Fraunhofer-Entwicklungszentrums Röntgentechnik (EZRT).
Bisher war das Problem, dass die Messungen zu langsam erfolgt sind und oft nicht genug Details zu den intelligenten Materialien und ihre Entwicklung geliefert haben. X-Celerate hat sich zum Ziel gesetzt, diese Technik schneller, präziser und vielseitiger zu machen. Dazu zählen maßgeschneiderte 4D-CT-Strategien, neuartige Methoden zur Datenanalyse und Visualisierung sowie eine Phasenkontrast-Bildgebung – ein spezielles Röntgenverfahren, das Materialien mit sehr geringer Dichte sichtbar macht. So können die Materialien dreidimensional und in Echtzeit beobachtet werden, ohne sie zu zerstören.
X-Celerate – Ausbildung der Ingenieure
Das Forschungsprojekt wird zehn Doktorandinnen und Doktoranden aus ganz Europa aufnehmen. In dem internationalen und interdisziplinären Programm werden Fähigkeiten vermittelt, die auch in anderen Wissenschafts- und Ingenieurberufen wichtig sind.
Die Universität Antwerpen koordiniert das Netzwerk. Beteiligt sind insgesamt 14 Partner aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und Industriepartnern aus neun europäischen Ländern. Der offizielle Projektstart ist im Dezember 2025 geplant.
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