Nach dem Scheitern 15.08.2025, 12:00 Uhr

Abkommen gescheitert: So lässt sich die Plastikflut technisch eindämmen

Scheitern des UN-Plastikabkommens: Folgen für Umwelt, Gesundheit und Recycling – und welche Lösungen jetzt gefragt sind.

Müllberg

Wachsende Müllberge: Das Plastikmüll-Abkommen ist vorerst gescheitert.

Foto: Smarterpix / sergioz

Das Ziel war ehrgeizig: ein globales, rechtsverbindliches Abkommen gegen die Plastikflut. Doch am 14. August 2025 scheiterte die Einigung in Genf – nach drei Jahren Verhandlungen. Rund 180 Staaten saßen am Tisch. Am Ende blieben die Fronten verhärtet. Ein Vertragsentwurf ohne klare Verpflichtungen fand keine Mehrheit. „Kein Abkommen ist in diesem Fall besser als eines, das den Status quo auf UN-Ebene zementiert“, sagt Florian Tize von der Umweltstiftung WWF.

Verena Graichen, Geschäftsführerin Politik beim BUND, bringt die Konsequenzen auf den Punkt: „Ohne ein ambitioniertes Plastikabkommen geht die Vermüllung unseres Planeten nun weiter. Die Öl-, Gas- und Chemieindustrielobbyisten haben in Überzahl in der Schweiz gewonnen – auf Kosten von uns allen.“

Warum die Verhandlungen scheiterten

Die Lager waren klar getrennt. Über 100 Staaten, vereint in der sogenannten High Ambition Coalition, wollten die Plastikproduktion auf ein nachhaltiges Maß begrenzen, Einwegprodukte verbieten und Mehrwegsysteme fördern. Auf der anderen Seite stand die Like-Minded Group, zu der vor allem ölproduzierende Länder wie Saudi-Arabien, Iran und Russland gehören. Sie wollten sich auf besseres Abfallmanagement beschränken, ohne die Produktion einzuschränken.

Stellenangebote im Bereich Energie & Umwelt

Energie & Umwelt Jobs
Wirtschaftsbetrieb Hagen AöR-Firmenlogo
Bauingenieur*in Siedlungswasserwirtschaft - Grundstücksentwässerung (w/m/d) Wirtschaftsbetrieb Hagen AöR
Stadtwerke Tübingen-Firmenlogo
Ingenieur für Versorgungstechnik (m/w/d) Stadtwerke Tübingen
Tübingen Zum Job 
FERCHAU GmbH-Firmenlogo
Projektingenieur Verfahrenstechnik / Anlagenbau (m/w/d) FERCHAU GmbH
Dortmund Zum Job 
TÜV NORD GROUP-Firmenlogo
Sachverständige:r im Bereich Anlagensicherheit Immissionsschutz und Störfallvorsorge TÜV NORD GROUP
Hamburg, bundesweit Zum Job 
Berliner Stadtreinigung (BSR)-Firmenlogo
Gruppenleiter:innen für Projektsteuerung und Projektleitung Anlagenbau (w/m/d) Berliner Stadtreinigung (BSR)
THOST Projektmanagement GmbH-Firmenlogo
Projektmanager*in/ Projektmitarbeiter*in (m/w/d) Flächenmanagement THOST Projektmanagement GmbH
Dresden, Berlin, Leipzig, Hamburg Zum Job 
3M Deutschland GmbH-Firmenlogo
Senior Research Product Development Engineer (R&D) - Electrical Markets (m/f/*) 3M Deutschland GmbH
Wirtschaftsbetrieb Hagen AöR-Firmenlogo
Werkstudent*in Siedlungswasserwirtschaft (w/m/d) Wirtschaftsbetrieb Hagen AöR
Dr. Born - Dr. Ermel GmbH-Firmenlogo
Projektleiter Ingenieur Abwasserbehandlung (m/w/d) Dr. Born - Dr. Ermel GmbH
Frankfurt am Main Zum Job 
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)-Firmenlogo
Leiter*in des Referates "Innerer Dienst" (m/w/d) Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
Stadtwerke Esslingen am Neckar GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Projektingenieur Wärme- und Kältetechnische Projekte (w/m/d) Stadtwerke Esslingen am Neckar GmbH & Co. KG
Esslingen am Neckar Zum Job 
TenneT TSO GmbH-Firmenlogo
Sachbearbeiter für Wandler in Umspannwerken (m/w/d) TenneT TSO GmbH
Stadtwerke Lübeck Gruppe-Firmenlogo
Projektleiter:in Konzeption, Planung, Bau und Einsatz Fernwärmeanlagen Stadtwerke Lübeck Gruppe
Lübeck Zum Job 
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik-Firmenlogo
Ingenieurin / Ingenieur (w/m/d) für technische Gebäudeausrüstung, Infrastruktursicherheit und Hochverfügbarkeit im Referat I 24 "Sicherheit in Rechenzentren der Bundesverwaltung" Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
Landeshauptstadt Hannover-Firmenlogo
Ingenieur*in - Versorgungstechnik oder Energie- und Gebäudetechnik Landeshauptstadt Hannover
Hannover Zum Job 
noris network AG-Firmenlogo
Ingenieur (m/w/d) für Versorgungstechnik - Rechenzentrumsbau noris network AG
Nürnberg Zum Job 
Berliner Stadtreinigung (BSR)-Firmenlogo
Betriebsleiter:in Biogasanlage (w/m/d) Berliner Stadtreinigung (BSR)
Berlin-Ruhleben Zum Job 
swa Netze GmbH-Firmenlogo
Elektroingenieur (m/w/d) Einspeiseanlagen mit Führungsperspektive swa Netze GmbH
Augsburg Zum Job 
Regierungspräsidium Freiburg-Firmenlogo
Bachelor / Diplom (FH) (w/m/d) Bauingenieurwesen, Infrastruktur-, Umweltingenieurwesen Regierungspräsidium Freiburg
Freiburg Zum Job 
Regierungspräsidium Freiburg-Firmenlogo
Bachelor / Diplom (FH) Bauingenieurwesen, Infrastrukturingenieurwesen, Umweltingenieurwesen (m/w/d) Regierungspräsidium Freiburg
Freiburg Zum Job 

Das ursprüngliche UN-Mandat aus dem Jahr 2022 sah vor, den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen zu regeln – von der Herstellung bis zur Entsorgung. Doch schon während der Verhandlungen in den letzten Monaten zeichnete sich ab, dass zentrale Punkte gestrichen werden könnten. Der letzte Entwurf enthielt nur noch vage Formulierungen. Für viele Staaten war das zu wenig.

Die technischen Herausforderungen

Plastik ist vielseitig und günstig herzustellen. Das macht ihn in Industrie, Bauwesen, Medizin und Verpackung unverzichtbar. Gleichzeitig erschwert diese Vielfalt das Recycling. Viele Produkte bestehen aus Mischkunststoffen oder enthalten Additive, die sich nur schwer trennen lassen. „Eine PET-Flasche lässt sich gut recyceln, aber viele Verpackungen sind aus mehrschichtigen Kunststoffen aufgebaut, die sich nur sehr schwer wieder trennen lassen“, erklärt die Meeresbiologin Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut.

Fehlende Recyclingkapazitäten verschärfen das Problem. Wenn der Preis für neu hergestelltes Plastik künstlich niedrig bleibt – unter anderem, weil fossile Rohstoffe steuerlich begünstigt werden –, können Recyclingbetriebe wirtschaftlich kaum mithalten. Branchenverbände wie BDE und FEAD fordern deshalb, diese Vorteile für Primärplastik abzuschaffen und die Einnahmen in den Ausbau von Recyclinganlagen zu investieren. Andernfalls drohen weitere Schließungen.

Die Hürden beim Recycling

Ein Kernproblem ist die Vielfalt der Kunststoffe. Manche lassen sich sortenrein und relativ einfach wiederverwerten – wie PET-Flaschen. Andere, etwa mehrschichtige Verpackungen, sind technisch kaum zu trennen. Ohne einheitliche Standards im Produktdesign stoßen selbst modernste Anlagen an ihre Grenzen.

Hinzu kommt die Preisfrage: Neuplastik ist oft billiger als Recyclingware, weil die wahren Umweltkosten nicht eingepreist werden. Branchenverbände wie BDE und FEAD schlagen deshalb vor, fossile Rohstoffe in der Kunststoffproduktion nicht länger steuerlich zu begünstigen. Die frei werdenden Mittel könnten in Recycling-Infrastruktur fließen.

„Bis 2060 müssen wir mit einer Verdreifachung der Plastikproduktion rechnen. Auch 2060 wird weniger als ein Fünftel des Materials recycelt werden können“, warnt BUND-Chefin Graichen. Ohne technische und wirtschaftliche Anreize wird diese Lücke kaum zu schließen sein.

Ökologische Risiken

Jährlich landen etwa 22 Millionen Tonnen Plastikmüll in der Natur. In Flüssen, an Stränden, in der Tiefsee – und mittlerweile auch in unseren Körpern. Mikro- und Nanoplastik wird in Organen, im Blut und sogar im Gehirn nachgewiesen. Studien zeigen mögliche Auswirkungen auf das Immunsystem, die Fruchtbarkeit und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Besonders in Entwicklungsländern fehlt eine funktionierende Abfallwirtschaft. Dort landet ein großer Teil des Abfalls unkontrolliert in der Umwelt oder wird unter einfachen Bedingungen verbrannt – oft ohne Filtertechnik. Dabei entstehen giftige Emissionen, die nicht nur Ökosysteme, sondern auch die Gesundheit der Bevölkerung gefährden.

Forschende untersuchen zudem, ob Plastik die Fotosynthese von Algen beeinträchtigen könnte. Das hätte Folgen für die gesamte Nahrungskette im Meer und würde auch die Fähigkeit der Ozeane verringern, CO₂ aufzunehmen.

Problematische Scheinlösungen

Immer mehr Unternehmen setzen auf sogenannte Plastic Credits – eine Art Ausgleichszahlung für Plastikmüll. Firmen finanzieren damit Projekte, die Kunststoffabfälle einsammeln. Doch das System hat Schwächen. Es zählt allein die Menge des eingesammelten Plastiks, unabhängig von Qualität oder Recyclingfähigkeit.

Das Beispiel eines Projekts in Indonesien zeigt die Risiken: Ein Teil der gesammelten Abfälle wurde zu Brennstoffbriketts verarbeitet und in einfachen Öfen verbrannt. Dabei gelangten Schadstoffe unkontrolliert in die Luft. Nach Protesten wurde das Projekt eingestellt. „Plastic Credits verschieben die Verantwortung vom Staat auf den Privatsektor“, warnt die Umweltwissenschaftlerin Sangcheol Moon. Langfristig verhindere das den Aufbau einer stabilen öffentlichen Abfallwirtschaft.

Was jetzt getan werden müsste

Trotz des Scheiterns gibt es Ansätze, die jetzt verstärkt werden könnten:

  • Design for Recycling: Produkte von Beginn an so entwickeln, dass Materialien sortenrein trennbar sind.
  • Erweiterte Herstellerverantwortung: Produzierende verpflichten, Rücknahmesysteme einzurichten und problematische Chemikalien zu vermeiden.
  • Kreislaufwirtschaft fördern: Kunststoffe möglichst lange im Umlauf halten und fossile Rohstoffe ersetzen.
  • Steuerliche Lenkung: Primärplastik verteuern, um Recyclingmaterial wettbewerbsfähig zu machen.

Gerade für Ingenieurinnen und Ingenieure bietet das Feld zahlreiche Herausforderungen – von der Entwicklung besserer Sortier- und Recyclingtechnologien bis hin zu neuen Materialrezepturen, die Leistung und Umweltverträglichkeit verbinden.

Kreislaufwirtschaft und umweltfreundlichere Additive

Ein weiterer Ansatz ist die Kreislaufwirtschaft. Dabei werden Kunststoffe möglichst lange im Nutzungskreislauf gehalten und nach dem Gebrauch als Rohstoff wiederverwendet. Das senkt den Bedarf an fossilen Rohstoffen und reduziert Abfall.

Auch die Entwicklung umweltfreundlicherer Additive kann helfen, problematische Chemikalien zu ersetzen. Hier ist Forschung gefragt – und ein klarer regulatorischer Rahmen, der Innovation nicht ausbremst, aber Risiken minimiert. (mit Material der dpa)

Ausblick

Das Scheitern in Genf ist ein Dämpfer für den globalen Umweltschutz. Doch es kann auch ein Anstoß sein, nationale und regionale Lösungen schneller voranzutreiben. Die Prognosen sind eindeutig: Ohne Eingriffe wächst die Plastikflut weiter – mit Folgen, die Technik, Gesundheit und Natur gleichermaßen betreffen.

„Wir fordern deshalb eine Begrenzung der Plastikproduktion und das Verbot nachweislich schädlicher Chemikalien“, sagt Graichen. Die nötigen Technologien sind da – jetzt braucht es den politischen Willen, sie auch einzusetzen.

Weiterführende Informationen:

„Plastic Credits“ können die Müllflut nicht aufhalten

Weniger Plastikmüll – nicht weniger Plastik

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.