Rätselhafte Abweichungen 23.08.2025, 20:29 Uhr

Verborgene neue Welt entdeckt? Was für Planet Y spricht

Hinweise auf „Planet Y“: Ein erdgroßer Planet könnte das äußere Sonnensystem formen. Rubin Observatory soll Klarheit bringen.

erdähnlicher Planet

Rätselhafte Abweichungen im Kuipergürtel deuten auf einen unsichtbaren Planet Y hin. Wird er bald entdeckt?

Foto: Smarterpix / Catmando

Am Rand unseres Sonnensystems könnte sich noch ein weiterer Planet verstecken. Nicht so weit entfernt wie die vermutete „Supererde“ namens Planet 9, aber auch nicht so nah wie Pluto. Genau auf dieses Szenario deuten neue Hinweise hin. Forschende der Princeton University und des Institute for Advanced Study haben Spuren gefunden, die auf einen bislang unentdeckten Himmelskörper schließen lassen. Sie nennen ihn vorläufig „Planet Y“.

Es sind keine direkten Bilder, die den Verdacht erhärten, sondern kleine Abweichungen im Tanz der Himmelskörper. Eisige Brocken im Kuipergürtel – jener weit entfernten Region hinter Neptun – folgen nicht der flachen Ebene, in der die meisten Planeten ihre Bahnen ziehen. Stattdessen kippen manche von ihnen leicht aus dieser Ebene heraus, so als ob eine unsichtbare Hand die Fläche des Sonnensystems sanft anhebt und wieder absenkt.

„Wenn diese Verformung real ist, dann spricht vieles für einen bislang verborgenen Planeten“, sagt Amir Siraj, einer der beteiligten Astrophysiker.

Was die Abweichungen verraten

Normalerweise bewegen sich Objekte im Kuipergürtel stabil entlang der sogenannten invariablen Ebene. Diese wird durch den gesamten Drehimpuls aller Planeten bestimmt – eine Art Durchschnittsebene des Sonnensystems. Doch zwischen 80 und 200 Astronomischen Einheiten (AE) zeigt sich ein auffälliger Knick. Eine AE entspricht dem Abstand zwischen Erde und Sonne.

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Die mittlere Bahnebene ist hier um etwa 15 Grad geneigt. Physikalisch gesehen dürfte so eine Abweichung nicht lange bestehen. Innerhalb von weniger als 100 Millionen Jahren würde sie sich eigentlich wieder ausgleichen. Dass sie trotzdem sichtbar ist, legt nahe: Etwas stört den Gleichklang – vielleicht ein bislang unentdeckter Planet.

Die Berechnungen deuten auf eine Masse zwischen Merkur und Erde hin. Planet Y könnte also ein Gesteinsplanet sein, kein Gasriese. Seine Umlaufbahn läge zwischen 100 und 200 AE – also etwa 100- bis 200-mal so weit von der Sonne entfernt wie unsere Erde.

Wie wahrscheinlich ist das Ganze?

Natürlich könnte es sich um Zufall handeln. Doch die Forschenden haben diese Möglichkeit geprüft. Mithilfe einer neuen statistischen Methode und aufwendigen Simulationen schätzen sie die Wahrscheinlichkeit für einen reinen Zufall auf lediglich zwei bis vier %. Zum Vergleich: Auch die ersten Hinweise auf den vermuteten Planet 9 bewegten sich in einer ähnlichen Größenordnung.

Damit ist Planet Y zwar nicht bewiesen, aber seine Spur erscheint belastbar genug, um die Suche ernsthaft weiterzuführen.

Planet 9 und Planet Y – kein Widerspruch

Die Hypothese von Planet 9 geistert seit Jahren durch die Fachwelt. Sie beschreibt einen massereichen Himmelskörper mit ungefähr zehn Erdmassen, der weit draußen – mindestens 300 AE von der Sonne entfernt – seine Kreise ziehen soll. Er soll für die auffällige Bündelung mancher Kuipergürtel-Objekte verantwortlich sein.

Planet Y dagegen wäre kleiner und näher. Er erklärt nicht die Bündelung, sondern die Neigung der mittleren Bahnebene. „Das Signal ist ein anderes“, betont Siraj. Es ist also denkbar, dass beide Planeten existieren – eine Art Doppelpack unsichtbarer Welten am Rand des Sonnensystems.

Neue Teleskope sollen Klarheit bringen

Doch wie lässt sich Planet Y nachweisen, wenn er sich bislang jeder direkten Beobachtung entzieht? Die Hoffnung ruht auf dem Vera C. Rubin Observatory in Chile. Das Teleskop soll in den kommenden Jahren eine systematische Durchmusterung des Himmels starten. Mit seiner Kamera, die den gesamten Himmel wiederholt abtasten wird, könnten Tausende neue Kuipergürtel-Objekte entdeckt werden.

„Rubin wird den Katalog der transneptunischen Objekte schnell erweitern“, sagt Siraj. Sollte Planet Y tatsächlich existieren, könnte er schon in den ersten Jahren sichtbar werden. Falls nicht, liefert die Himmelsdurchmusterung zumindest präzisere Daten, die die Hypothese bestätigen oder widerlegen.

Eine alte Idee bekommt neue Nahrung

Spekulationen über verborgene Planeten gibt es seit Jahrzehnten. Schon früh suchten Astronomen nach einem „Planet X“, der weit draußen um die Sonne kreisen sollte. Viele dieser Ideen hielten der Überprüfung nicht stand. Doch immer wieder tauchen neue Indizien auf, die zeigen: Unser Bild vom Sonnensystem ist vielleicht noch unvollständig.

Die Entdeckung von Pluto im Jahr 1930 war selbst ein Zufallsfund im Rahmen einer solchen Suche. Wer weiß also, ob nicht auch Planet Y eines Tages ins Teleskop rückt – und wir ein weiteres Kapitel zur Geschichte unseres Sonnensystems hinzufügen.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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