Nova erscheint: Das Warten auf ein seltenes Himmelsschauspiel
T Coronae Borealis steht vor dem Ausbruch. Wann die Nova leuchtet, ist unklar – warum sich das Warten lohnt, erfahren Sie hier.
Das Sternbild Nördliche Krone: Zwischen Bootes und Herkules bildet es einen kleinen Halbkreis am Himmel. Hier könnte bald die Nova T Coronae Borealis aufleuchten.
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Sie stehen draußen, der Himmel ist klar, und Ihr Blick wandert zu den Sternen. Zwischen Bootes und Herkules sehen Sie die Nördliche Krone, klein, aber markant. Meist funkelt darin nur Gemma. Doch irgendwann könnte ein zweiter Stern aufleuchten, so hell wie der Polarstern. Ein Himmelskörper, der bislang verborgen war, würde sich kurzzeitig zeigen.
Die Rede ist von T Coronae Borealis, kurz T CrB. Astronomen erwarten, dass er schon bald als „neuer Stern“ am Himmel erscheint. Doch das Warten zieht sich hin. Mehrfach gab es Vorhersagen – 2024, spätestens 2025. Nichts ist passiert. Und so bleibt der Blick nach oben voller Spannung.
„Es war von Anfang an falsch, einen Zeitpunkt für den Ausbruch vorherzusagen“, sagt Ulisse Munari von der Universität Padua. Er gilt als einer der besten Kenner dieses Sterns. Seine Einschätzung bringt die Unsicherheit auf den Punkt. Sicher ist nur: Irgendwann wird T CrB aufleuchten. Wann, weiß niemand.
Inhaltsverzeichnis
Zwei Sterne im engen Tanz
T CrB ist kein einzelner Stern, sondern ein Doppelsternsystem. Zwei ungleiche Partner umkreisen sich in nur 75 Millionen Kilometern Abstand – das ist etwa die Hälfte der Distanz zwischen Erde und Sonne.
Der eine ist ein Roter Riese. Er hat ungefähr die gleiche Masse wie unsere Sonne, ist aber stark aufgebläht und 75-mal größer. Der andere ist ein Weißer Zwerg. Er besitzt die Masse von 1,3 Sonnen, ist aber kaum größer als die Erde.
Was ist ein Weißer Zwerg?
Ein Weißer Zwerg ist der ausgebrannte Kern eines Sterns. Er hat seine Vorräte an Wasserstoff verbraucht und seine äußeren Schichten abgestoßen. Zurück bleibt ein extrem dichter Himmelskörper: Ein Würfel Zucker wiegt dort so viel wie ein Auto.
Durch die Nähe der beiden Sterne zieht der Weiße Zwerg ständig Material vom Roten Riesen an. Vor allem Wasserstoff strömt über – pro Sekunde rund 600 Milliarden Tonnen. Dieses Gas sammelt sich zunächst in einer rotierenden Scheibe, bevor es auf die Oberfläche des Weißen Zwergs fällt.
Wenn ein Funken genügt
Die Oberfläche des Weißen Zwergs ist ein gefährlicher Ort. Der Wasserstoff, der sich dort ansammelt, wird durch den enormen Druck immer stärker zusammengedrückt. Ab einer bestimmten Menge und Temperatur entzündet sich das Gas plötzlich.
Es beginnt eine unkontrollierte Kernfusion: Wasserstoff verwandelt sich in Helium. Innerhalb kürzester Zeit setzt das eine gigantische Energiemenge frei. Der Stern leuchtet dann für wenige Tage 1.000- bis 3.000-mal heller als gewöhnlich.
So entsteht eine Nova. Der Begriff bedeutet „neu“, weil für Beobachter plötzlich ein Stern zu erscheinen scheint, der zuvor nicht sichtbar war. In Wahrheit handelt es sich um ein vertrautes Doppelsternsystem, das für kurze Zeit aufleuchtet.
Nova oder Supernova?
Eine Nova ist ein zeitweiliges Aufleuchten, ausgelöst durch Kernfusion auf einem Weißen Zwerg. Der Stern überlebt den Ausbruch.
Eine Supernova dagegen ist das Ende eines Sterns. Dabei wird er völlig zerstört und kann einen Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch hinterlassen.
Ein Blick in die Geschichte
Die Ausbrüche von T CrB sind selten, aber gut dokumentiert.
- 1217: In Chroniken ist ein heller „neuer Stern“ in der Nördlichen Krone vermerkt.
- 1788: Erneute Berichte von ungewöhnlicher Helligkeit.
- 1866: Der irische Astronom John Birmingham beschreibt einen plötzlichen Ausbruch.
- 1946: T CrB leuchtet wieder für mehrere Tage mit bloßem Auge sichtbar.
Seitdem sind fast 80 Jahre vergangen. Daher glaubten viele Astronomen, die nächste Explosion müsse zwischen 2024 und 2026 erfolgen. Doch wie Munari betont: „Es steht nirgends geschrieben, dass die Ausbrüche immer 80 Jahre auseinander liegen.“
Zeichen der Ungeduld
Seit Jahren beobachten Sternwarten weltweit das Doppelsternsystem. 2015 registrierten sie einen leichten Anstieg der Helligkeit, 2018 wieder einen Abfall. Das erinnerte an das Verhalten vor dem Ausbruch von 1946.
Die Hoffnung wuchs, dass T CrB bald explodiert. Doch dann geschah – nichts. Selbst als mehrere Teams 2024 Veränderungen im Spektrum feststellten, blieb der Himmel dunkel.
„Der Massentransfer ist sehr variabel und auch noch nicht zu hundert Prozent verstanden“, erklärt Veronika Schaffenroth von der Thüringer Landessternwarte. Mit Massentransfer ist gemeint, wie viel Material vom Roten Riesen auf den Weißen Zwerg übergeht. Mal ist es mehr, mal weniger. Diese Schwankungen machen jede Prognose schwierig.
Das Rätsel der Spektrallinien
Wie können Forschende dennoch versuchen, den Zeitpunkt des Ausbruchs vorherzusagen? Sie schauen sich das Licht genauer an.
Wenn Astronomen ein Teleskop auf T CrB richten, zerlegen sie das Licht in seine Bestandteile – ähnlich wie bei einem Regenbogen. In diesem Spektrum erscheinen Linien, die von bestimmten Atomen stammen. Wasserstoff, Helium und andere Elemente hinterlassen ihre Spuren.
Je nachdem, wie stark diese Linien sind, lässt sich ableiten, wie viel Materie auf den Weißen Zwerg fällt. Auch die Bewegung des Gases verrät sich: Kommt es auf uns zu, verschiebt sich die Linie ins Blaue; entfernt es sich, ins Rote.
Seit 2016 beobachten Teams steigende Emissionslinien – ein Zeichen für zunehmenden Materiezufluss. Ende 2023 gab es einen Einbruch, gefolgt von einem erneuten Anstieg Anfang 2025. Doch noch immer hat die kritische Masse nicht gereicht.
Was zeigt ein Spektrum?
- Absorptionslinien entstehen, wenn Gas bestimmte Wellenlängen verschluckt.
- Emissionslinien entstehen, wenn Gas selbst Licht abgibt.
- Ihre Stärke verrät, wie viel Material vorhanden ist und wie es sich bewegt.
Experten wagen vorsichtige Prognosen
Viele Indizien deuten darauf hin, dass die Nova bald aufleuchten könnte. Aber wie bald?
Der Astrophysiker Sumner Starrfield von der Arizona State University hält es für möglich, dass es erst 2026 oder 2027 so weit ist. Bradley E. Schaefer von der Louisiana State University vermutet, dass die aktuelle Phase der Materiezufuhr schwächer ausfällt als 1946. Das könnte den Prozess verzögern. Andere bleiben optimistisch und hoffen auf Ende 2025. Sicher ist: Der Stern steht kurz vor dem Ausbruch – astronomisch betrachtet.
Doch ob das in Monaten oder Jahren geschieht, bleibt offen.
Ein Schauspiel auch für Laien
T Coronae Borealis liegt rund 3000 Lichtjahre entfernt. Für das menschliche Auge erscheint er gewöhnlich unsichtbar. Doch wenn die Nova ausbricht, genügt ein Blick in den klaren Nachthimmel.
Die Nördliche Krone ist leicht zu finden: ein kleiner Halbkreis aus sieben Sternen zwischen den auffälligen Sternbildern Bootes und Herkules. Normalerweise leuchtet Gemma in der Mitte am hellsten. Doch während des Ausbruchs könnte T CrB sogar heller als Gemma werden.
Sternbild Nördliche Krone – ein kurzer Überblick
• Form: kleiner Halbkreis aus sieben Sternen, erinnert an eine Krone
• Hellster Stern: Gemma (auch Alphecca genannt)
• Lage: zwischen den Sternbildern Bootes (Hirtenstern Arktur) und Herkules
• Mythologie: In der griechischen Sage ist es die Krone von Ariadne, Tochter des Königs Minos
• Besonderheit: T Coronae Borealis befindet sich am linken Rand des Halbkreises
(mit dpa)
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