Mythos Roter Planet 08.07.2025, 07:53 Uhr

Mars: Warum der Mensch bald selbst nachsehen muss

Mars-Erkundung früher und heute: Wie aus Mythen und Science-Fiction konkrete Raumfahrtpläne wurden – mit Robotern, Rovern und bald auch Menschen.

Mars

Der Mars, aufgenommen vom Weltraumteleskop Hubble am 8. Dezember 2017.

Foto: NASA, ESA, and Z. Levay (STScI)

Lange Zeit war der Mars eine Projektionsfläche für Mythen und Science-Fiction. Heute ist er das realistische Ziel ambitionierter Raumfahrt. Der Beitrag beschreibt die Entwicklung von ersten Beobachtungen über robotische Missionen bis hin zu Plänen für bemannte Flüge. Dabei zeigt sich, wie Technikträume langsam zur Realität werden – trotz aller Rückschläge, Unsicherheiten und Risiken.

Roter Himmelskörper mit schwerem Erbe

Seit jeher fasziniert der Mars die Menschheit. Schon in der Antike galt er als Kriegsgott – rot, feurig, bedrohlich. Diese symbolische Aufladung hat sich über Jahrtausende gehalten. Doch mit der Erfindung des Teleskops wurde aus dem mythischen Planet allmählich ein Forschungsobjekt.

Im Jahr 1659 fertigte der niederländische Astronom Christiaan Huygens die erste grobe Marskarte an. Er sah dunkle Flächen und Helligkeitsunterschiede – und stellte erste Überlegungen zu möglichem Leben an. Später, im Jahr 1877, sorgte Giovanni Schiaparelli für Aufsehen. Er beobachtete vermeintliche „Canali“ auf der Marsoberfläche – ein Begriff, der im Englischen bald zu „Canals“ wurde, also zu künstlich angelegten Wasserwegen. Die Vorstellung intelligenter Marsbewohner war geboren.

Science-Fiction befeuert die Fantasie

Die Bilder, die sich daraus entwickelten, fanden schnell Eingang in Literatur und Hörfunk. H.G. Wells ließ 1898 in seinem Roman „Der Krieg der Welten“ eine Invasion von Marswesen beginnen. 1938 sorgte Orson Welles mit einem gleichnamigen Radiohörspiel für Panik in den USA. Millionen Menschen glaubten an einen echten Angriff.

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Der Mars wurde zur Bühne für Abenteuer, Bedrohung – und Hoffnung. Auch Raumfahrtpioniere wie Wernher von Braun hegten in den 1930er- und 1940er-Jahren den Wunsch, ihn eines Tages zu erreichen.

Ernüchterung aus dem All: Die ersten Marsbilder

Der Wendepunkt kam 1965: Die US-Raumsonde „Mariner 4“ flog am Mars vorbei und sendete erstmals Bilder zur Erde. Die Aufnahmen waren unscharf und zeigten nur rund 1 % der Oberfläche – aber sie reichten aus, um viele Illusionen zu zerstören. Statt Oasen, Pflanzen oder Zivilisationen zeigten sich Krater, Staub und Kälte. Die Marsnacht ließ stellenweise sogar Frost erkennen. Keine Spur von Wasser oder Leben.

Zwar war diese erste „Entzauberung“ ernüchternd. Doch der Forscherdrang blieb – und mit ihm die Frage: Gab es auf dem Mars früher einmal Bedingungen, unter denen Leben möglich gewesen wäre?

Wie der Mars früher aussah

Geologische und klimatische Modelle deuten darauf hin, dass der Mars einst eine dichtere Atmosphäre und flüssiges Wasser besaß. Wahrscheinlich gab es Strömungen, Sedimente, vielleicht sogar Meere. Magnetfeld, vulkanische Aktivität und saisonale Zyklen könnten sich ähnlich wie auf der Erde ausgewirkt haben.

Indizien dafür lieferten spätere Missionen: Die Marsrover Spirit und Opportunity fanden Strukturen im Gestein, die durch Wasser entstanden sein könnten. Die Sonde Phoenix entdeckte unter der Oberfläche der Marsarktis Wassereis. Und Curiosity fotografierte 2012 abgerundete Kieselsteine in einem ausgetrockneten Flussbett – ein starkes Indiz für ehemals fließendes Wasser.

Technik gegen die Distanz

Die technische Herausforderung bei Marsmissionen ist enorm. Von mehr als 30 gestarteten Sonden kam nur rund ein Drittel heil an. Einige verglühten beim Eintritt in die Atmosphäre, andere zerschellten oder konnten nicht gesteuert werden. Die Entfernung von bis zu 370 Millionen Kilometern – das 1.000-Fache der Strecke zum Mond – macht die Kommunikation zeitverzögert und unzuverlässig.

Trotzdem gelangen der NASA immer wieder beachtliche Erfolge. Neben „Mariner 4“ zählen die Viking-Sonden (1976), Pathfinder (1997), Spirit (2004), Curiosity (2012) und Perseverance (seit 2021) zu den wichtigsten Meilensteinen. Auch die europäische ESA mischt mit – seit 2003 ist Mars Express in der Umlaufbahn aktiv.

Meilensteine der Mars-Erkundung

1659: Christiaan Huygens fertigt die erste Marskarte an.
1877: Giovanni Schiaparelli beobachtet vermeintliche „Canali“.
1965: „Mariner 4“ sendet erste Bilder vom Mars zur Erde.
1976: „Viking 1 und 2“ landen erfolgreich auf dem Mars.
1997: „Pathfinder“ bringt den ersten mobilen Rover (Sojourner) auf den Planeten.
2004–2018: Die Rover „Spirit“ und „Opportunity“ liefern wichtige Daten über Wasservorkommen.
2012: „Curiosity“ findet Hinweise auf einst fließendes Wasser.
2021: „Perseverance“ beginnt mit der Suche nach Spuren mikrobiellen Lebens.
Ab 2030: NASA und China planen bemannte Missionen zum Mars.

 

Der Mensch will selbst hin

Doch Roboter haben ihre Grenzen. Viele Forschende sind überzeugt: Um endgültige Antworten zu finden, müssen Menschen selbst den roten Planeten betreten. Derzeit laufen deshalb zahlreiche Vorbereitungen für bemannte Missionen.

Die NASA visiert einen Start in den 2030er-Jahren an. SpaceX plant mit seinen „Starships“ sogar eine ganze Flotte. Elon Musk schreibt: „Wir wollen jeden, der ein Weltraumreisender sein will, befähigen, zum Mars zu reisen!“ Auch China arbeitet an einem Zeitplan – 2033 wird dort als realistisches Ziel genannt.

Ein solches Vorhaben ist jedoch komplex. Denn nicht nur das Gewicht (über 200 Tonnen Nutzlast) ist ein Problem, sondern auch die Reisezeit. Selbst bei optimaler Planetenstellung dauert ein einfacher Flug sechs bis acht Monate. NASA-Kalkulationen gehen für eine Mission mit kurzem Aufenthalt von insgesamt 505 Tagen aus – inklusive Rückflug.

Lesen Sie dazu: Wie lange fliegt man zum Mars?

Herausforderungen auf dem Mars

Auch die Bedingungen vor Ort sind extrem: Temperaturen bis minus 125 Grad Celsius, Staubstürme, fast kein Sauerstoff, eine dünne Atmosphäre und gefährliche UV- und kosmische Strahlung. Die Energieversorgung müsste über Brennstoffzellen oder Solartechnik erfolgen. Wassereis unter der Oberfläche könnte als Ressource genutzt werden – zur Versorgung oder zur Gewinnung von Sauerstoff.

Medizinisch betrachtet stehen Muskel- und Knochenschwund, hormonelle Veränderungen und psychische Belastungen im Raum. Deshalb testen Mitglieder der „Mars Society“ schon heute das Leben auf engstem Raum in isolierten Stationen – etwa in der Wüste Utahs oder im arktischen Kanada.

Warum der Mars für die Wissenschaft so spannend ist

Kaum ein Himmelskörper hat die Menschheit so nachhaltig fasziniert wie der Mars. Seit Jahrzehnten schickt die Raumfahrt Sonden, Roboter und bald wohl auch Menschen dorthin. Doch was macht gerade diesen Planeten so besonders?

Ein Blick in die Vergangenheit des Mars liefert erste Antworten. Forschende vermuten, dass der rote Planet einst ein ganz anderes Gesicht zeigte – wärmer, feuchter, vielleicht sogar lebensfreundlich. Geologische Strukturen deuten darauf hin, dass es früher flüssiges Wasser auf der Oberfläche gab. Auch eine dichtere Atmosphäre soll vorhanden gewesen sein. Genau hier setzen viele der aktuellen Missionen an: Gab es jemals Leben auf dem Mars? Und wenn ja – existiert es vielleicht noch immer in Spalten, Höhlen oder unter der Oberfläche?

Neben dieser großen Frage treibt die Wissenschaft noch ein weiteres Rätsel um: Warum verlor der Mars seine Atmosphäre und sein Wasser? Was passierte auf dem Nachbarplaneten – und könnten ähnliche Prozesse langfristig auch der Erde drohen? Der Mars dient damit als Zeitmaschine und Frühwarnsystem zugleich.

Doch nicht nur aus wissenschaftlicher Neugier ist der Mars im Fokus. Auch als möglicher Ort für zukünftige Außenposten der Menschheit rückt er in den Blick. Von allen Planeten des Sonnensystems bietet der Mars noch die günstigsten Voraussetzungen für eine bemannte Präsenz:

  • In seinem Boden steckt gefrorenes Wasser, das sich unter Umständen gewinnen lässt.
  • Ein Marstag – auch „Sol“ genannt – dauert 24 Stunden und 39 Minuten. Der Unterschied zur Erde ist minimal.
  • Die Sonneneinstrahlung reicht aus, um Solarzellen effizient zu betreiben.
  • Temperatur und Strahlung stellen zwar Herausforderungen dar, sind aber beherrschbarer als etwa auf der Venus oder dem Merkur.
  • Und nicht zuletzt: Es gibt Schwerkraft – wenn auch nur rund ein Drittel der irdischen, aber genug, um biologische Prozesse zu unterstützen.

Mars bleibt ein Ziel – trotz Risiken

Trotz aller technischen und physiologischen Hürden bleibt die Idee einer Marskolonie lebendig. Warum? Weil der Mars uns zeigt, was einmal war – und was vielleicht sein könnte. In seinen Gesteinen könnten Spuren früherer Lebensformen stecken. Und in seiner kargen Landschaft liegt die Möglichkeit eines Neuanfangs.

Was einst als Hirngespinst galt, ist heute Gegenstand konkreter Planung. Aus „Krieg der Welten“ wurde „Perseverance“. Die Grenze zwischen Science-Fiction und Wissenschaft verschwimmt – und genau darin liegt die Faszination des Mars. (mit dpa)

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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