Architektur des Sonnensystems 23.10.2025, 08:30 Uhr

Kosmischer Baumeister: Ohne Jupiter gäbe es die Erde vielleicht nicht

Neue Simulationen zeigen: Jupiter formte das junge Sonnensystem – und machte damit die Entstehung der Erde erst möglich.

Jupiter

Voyager I machte im Jahr 1979 diese Aufnahme des Jupiters. Laut einer aktuellen Studie war der Riese ganz entscheidend für die Entwicklung des Sonnensystems und damit auch der Erde verantwortlich.

Foto: NASA/JPL-Caltech

Jupiters frühes Wachstum veränderte die Gas- und Staubscheibe der Sonne so stark, dass stabile Regionen für Planeten wie die Erde entstehen konnten. Seine Schwerkraft stoppte den Zustrom von Material, trennte das Sonnensystem in zwei Zonen und sorgte für eine zweite Welle der Planetenbildung. Ohne diesen Eingriff wäre die Erde womöglich nie entstanden.

Der Riese als Baumeister des Sonnensystems

Jupiter war von Anfang an der Unruhestifter im Sonnensystem – und vielleicht sein Retter. Eine neue Studie der Rice University zeigt, dass ohne den größten Planeten unsere Erde in dieser Form womöglich nie entstanden wäre. Der Gasriese formte die Gas- und Staubscheibe um die junge Sonne so stark, dass überhaupt erst stabile Regionen für die spätere Planetenbildung entstehen konnten.

Die Forschenden kombinierten hydrodynamische Modelle mit Simulationen der Staubentwicklung. Sie wollten verstehen, warum viele primitive Meteoriten, sogenannte Chondrite, erst Millionen Jahre nach den ersten festen Körpern entstanden. Diese kleinen Gesteine sind wie kosmische Archivboxen. Sie enthalten unverändertes Material aus der Frühzeit des Sonnensystems und erzählen von dessen chaotischen Anfängen.

Stellenangebote im Bereich Luft- und Raumfahrt

Luft- und Raumfahrt Jobs
WITTENSTEIN motion control GmbH-Firmenlogo
Systemingenieur (w/m/d) WITTENSTEIN motion control GmbH
Igersheim-Harthausen Zum Job 
Nord-Micro GmbH & Co. KG a part of Collins Aerospace-Firmenlogo
Leiter (m/w/d) Lieferantenbetreuung, -entwicklung & Wareneingangsprüfung Nord-Micro GmbH & Co. KG a part of Collins Aerospace
Frankfurt am Main Zum Job 

Jupiter bringt Ordnung ins Chaos

Als der junge Jupiter heranwuchs, wirbelte er seine Umgebung kräftig auf. Seine Schwerkraft war so mächtig, dass sie Wellen durch die Gas- und Staubscheibe schickte, die die Sonne damals umgab. In dieser Scheibe staute sich das Material – eine Art kosmischer Verkehrsstau. Kleine Staubpartikel konnten nicht mehr in die Sonne stürzen, sondern sammelten sich in dichten Bändern.

Dort begannen sie, sich zusammenzuballen. Aus diesen Klumpen entstanden sogenannte Planetesimale – die ersten Bausteine der Planeten. Doch das Überraschende: Diese Planetesimale waren nicht die allerersten. Sie bildeten eine zweite Generation, die erst später entstand, als Jupiter bereits gewachsen war. Genau in dieser Zeit formten sich auch die Chondrite, jene Meteoriten, die heute noch auf der Erde landen.

„Chondrite sind wie Zeitkapseln aus den Anfängen des Sonnensystems“, sagt André Izidoro, Assistenzprofessor an der Rice University. „Das Rätsel war immer: Warum haben sich einige dieser Meteoriten so spät gebildet, zwei bis drei Millionen Jahre nach den ersten Feststoffen? Unsere Ergebnisse zeigen, dass Jupiter selbst die Bedingungen für ihre verspätete Entstehung geschaffen hat.“

Entstehung des Jupiters

Entstehungsgeschichte des Jupiter.

Foto: Rice University

Der Planet, der zwei Welten trennte

Die Simulationen zeigen, dass Jupiter früh genug groß wurde, um eine Lücke in der Scheibe zu öffnen. Diese Lücke verhinderte, dass Material aus dem äußeren Bereich in den inneren Bereich strömte – und umgekehrt. Dadurch entstanden zwei voneinander getrennte Zonen: eine für die inneren Planeten wie Erde und Mars und eine für die äußeren Welten wie Saturn oder Neptun.

Baibhav Srivastava, Doktorand in Izidoros Team, erklärt: „Jupiter wuchs früh, öffnete eine Lücke in der Gasscheibe, und dieser Prozess schützte die Trennung zwischen dem Material des inneren und des äußeren Sonnensystems.“ So blieben auch ihre unterschiedlichen Isotopensignaturen erhalten – chemische Fingerabdrücke, die sich noch heute in Meteoriten nachweisen lassen.

Jupiter trennte also nicht nur die beiden Regionen, sondern sorgte auch dafür, dass neue Bereiche entstehen konnten, in denen sich später weitere Planetesimale bildeten. Diese Regionen waren die Keimzellen vieler der Gesteinsbrocken, die später zu Planeten wie der Erde wurden.

Warum die Erde blieb, wo sie ist

Ein weiteres Rätsel der Astronomie lautet: Warum kreisen die erdähnlichen Planeten alle in einem relativ engen Abstand von der Sonne – und nicht in spiralförmigen Bahnen, wie man sie in vielen anderen Planetensystemen beobachtet?

Die Antwort liegt offenbar ebenfalls bei Jupiter. Der Riese unterbrach den Gasfluss, der sonst junge Planeten nach innen gezogen hätte. Statt in die Sonne zu stürzen, blieben Erde, Venus und Mars auf stabilen Bahnen gefangen. Damit bestimmte Jupiter gewissermaßen den Bauplan des inneren Sonnensystems.

„Jupiter wurde nicht nur zum größten Planeten – er legte auch die Architektur für das gesamte innere Sonnensystem fest“, sagt Izidoro. „Ohne ihn gäbe es die Erde, wie wir sie kennen, vielleicht gar nicht.“

Spuren im kosmischen Staub

Die neuen Erkenntnisse passen gut zu Beobachtungen junger Sternsysteme, die Astronominnen und Astronomen mit dem ALMA-Teleskop in Chile gemacht haben. Dieses riesige Observatorium kann Strukturen in Gas- und Staubscheiben auflösen, die um neugeborene Sterne kreisen.

Dort sehen Forschende immer wieder Ringe und Lücken – Hinweise auf Planeten, die gerade dabei sind, ihre Umgebung zu formen. „Wenn wir diese jungen Scheiben betrachten, sehen wir den Beginn der Entstehung von Riesenplaneten, die ihre Geburtsumgebung umgestalten“, erklärt Izidoro. „Unser eigenes Sonnensystem war nicht anders. Das frühe Wachstum des Jupiter hat Spuren hinterlassen, die wir noch heute lesen können – eingeschlossen in Meteoriten, die auf die Erde fallen.“

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.