Plantenwanderung 02.06.2025, 13:33 Uhr

Wieso wird es auf dem Exoplaneten WASP-121b immer heißer?

Das James-Webb-Weltraumteleskop zeigt: Der heiße Exoplanet WASP-121b wanderte wohl aus den kalten Außenregionen seines Systems nahe an seinen Stern heran.

WASP-121b

Diese künstlerische Darstellung zeigt das Stadium, in dem WASP-121b den größten Teil seines Gases angesammelt hat, wie aus den neuesten Ergebnissen geschlossen werden kann. Die Illustration deutet darauf hin, dass der entstehende Planet seine entfernte Umlaufbahn von festen Kieselsteinen, die Wasser in Form von Eis speicherten, geräumt hatte. Dadurch verhinderte die Lücke, dass weitere Kieselsteine den Planeten erreichten. WASP-121b muss anschließend aus den kalten, äußeren Regionen in Richtung der inneren Scheibe gewandert sein, wo er nun in der Nähe seines Sterns umläuft.

Foto: T. Müller (MPIA/HdA) Creative Commons Lizenz CC BY-SA 4.0 (deutsch)

WASP-121b ist kein Planet wie andere. Er umkreist seinen Stern so nah, dass ein Jahr dort nur 30,5 Stunden dauert. Während die eine Seite des Planeten stetig im Sternenlicht glüht, bleibt die andere in ewiger Dunkelheit. Temperaturen von über 3000 °C auf der Tagseite und etwa 1500 °C auf der Nachtseite machen ihn zu einem Paradebeispiel für einen ultraheißen Riesenplaneten.

Dank des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) wissen Forschende nun mehr über seinen Ursprung – und warum seine Atmosphäre Rätsel aufgibt.

Moleküle als Zeitzeugen der Planetenentstehung

Ein internationales Team um Thomas Evans-Soma vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg untersuchte mit Webb die Atmosphäre von WASP-121b. Sie identifizierten vier entscheidende Moleküle: Wasserdampf, Kohlenmonoxid, Methan und Siliziummonoxid. Diese Bestandteile geben Aufschluss über die chemische Zusammensetzung der planetaren Hülle – und damit auch über den Ort, an dem sich der Planet gebildet hat.

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Die Analyse ergab ein auffällig hohes Verhältnis von Kohlenstoff zu Sauerstoff. Das deutet darauf hin, dass der Planet einst in einer Region entstand, in der Wassereis erhalten blieb, Methan aber schon verdampfen konnte. Solche Bedingungen herrschen typischerweise in kälteren Bereichen eines jungen Planetensystems.

Wanderung vom Rand ins Zentrum

In unserem Sonnensystem läge dieser Bereich zwischen Jupiter und Uranus. Heute aber kreist WASP-121b extrem nah an seinem Stern. Der Vergleich legt nahe: Der Planet entstand weit draußen und wanderte über Millionen Jahre hinweg nach innen.

Solche Wanderungen sind in der Planetenforschung bekannt, aber schwer nachzuweisen. Die Molekülverteilung in der Atmosphäre liefert nun ein wichtiges Indiz. Besonders Siliziummonoxid – das nur bei hohen Temperaturen gasförmig vorliegt – ist ein Hinweis darauf, dass Gesteinsmaterial später aus dem inneren System zugeführt wurde, als der Planet schon eine Hülle aus Gas besaß.

Dynamik auf der Nachtseite: Unerwartet viel Methan

Methan in der Atmosphäre eines solch heißen Planeten zu finden, war überraschend. Auf der Tagseite zersetzt sich CH₄ bei Temperaturen von über 2000 °C. Theoretisch müsste es auch auf der Nachtseite fehlen – denn die Gase zirkulieren zwischen Tag- und Nachtseite und gleichen sich dabei thermisch aus.

Doch die Daten des Webb-Teleskops zeigten: Auf der Nachtseite ist Methan vorhanden – und zwar in ungewöhnlich hoher Konzentration.

Thomas Evans-Soma vermutet starke vertikale Strömungen als Ursache. Diese könnten Methan aus tieferen, kühleren Schichten der Atmosphäre nach oben transportieren, wo es bei den dort herrschenden Temperaturen stabil bleibt. Das stellt bestehende Atmosphärenmodelle für Gasplaneten infrage.

JWST als molekularer Detektiv

Um diese Erkenntnisse zu gewinnen, nutzte das Team den Nahinfrarotspektrografen (NIRSpec) an Bord von Webb. Damit konnten sie die chemische Zusammensetzung der Tag- und Nachtseite getrennt analysieren. Besonders wichtig war die Beobachtung während des Transits – also wenn der Planet vor seinem Stern vorbeizieht.

Dabei dringt Sternenlicht durch den Rand der Atmosphäre und erzeugt ein sogenanntes Transmissionsspektrum. Anhand der spektralen Linien konnten die Forschenden die Gase exakt zuordnen. So bestätigten sich frühere Emissionsdaten, etwa für Wasser und Kohlenmonoxid.

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Interessant: Methan tauchte im Transmissionsspektrum nicht auf. Das zeigt, dass es nur in bestimmten Höhenlagen und Temperaturzonen vorkommt – vermutlich isoliert auf der kühlen Nachtseite.

Die Geburtsgeschichte im chemischen Fingerabdruck

Cyril Gapp, Erstautor der begleitenden Studie, sieht WASP-121b als ideales Labor. „Da viele chemische Verbindungen in gasförmiger Form vorliegen, nutzen Astronomen WASP-121b als natürliches Labor, um die Eigenschaften planetarer Atmosphären zu untersuchen.“

Die Häufigkeit einzelner Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Silizium lässt Rückschlüsse auf den Materialfluss während der Planetenbildung zu. Aus den beobachteten Mustern leitet das Team ab, dass der Planet zunächst kohlenstoffreiches Gas aufsog, während sauerstoffreiche Stoffe wie Wassereis im äußeren System zurückblieben. Die Zusammensetzung der Atmosphäre spiegelt somit die historische Wanderung und das Wachstum des Planeten wider.

NIRSpec – europäisches Know-how im Orbit

Der NIRSpec-Spektrograf ist ein Beitrag der ESA zur Webb-Mission. Entwickelt wurde er von einem europäischen Konsortium unter Leitung von Airbus Defence and Space. Das Max-Planck-Institut in Heidelberg war maßgeblich an der Entwicklung der Steuerungskomponenten beteiligt. Zwei Teilsysteme – darunter die empfindlichen Detektoren – stammen von der NASA.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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