Warum will Biontech ein KI-Start Up für 410 Millionen Euro kaufen?
Die Kombination von künstlicher Intelligenz und Biotechnologie ist vielversprechend. Nun beabsichtigt das Mainzer Unternehmen Biontech dafür 410 Millionen Euro zu investieren. Ist es viel oder wenig?
Es ist längst bekannt – KI hat viele mögliche Einsatzgebiete – auch in der Medizin. So kann man damit besser und schneller Erkrankungen diagnostizieren, individuell Therapien auswählen oder sie bei chirurgischen Eingriffen einsetzen. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz können Ärztinnen und Ärzte große Datenmengen auswerten und Behandlungsoptionen individuell an Patienten anpassen. Dass die KI eine große Zukunft hat, ist unbestritten. Und nicht nur das: Man spricht sogar davon, dass KI die Arzneimittelforschung revolutionieren kann. Biontech hat dieses Potenzial früh erkannt und gibt Millionen aus, um diese Technologien weiterzuentwickeln.
KI spart Zeit und diese kostet bekanntlich Geld
Jetzt sorgte das für seinen Corona-Impfstoff bekannte Mainzer Unternehmen Biontech (Biopharmaceutical New Technologies) wieder für Schlagzeilen, indem es ankündigte, 410 Millionen Euro für die Übernahme eines auf künstliche Intelligenz spezialisierten britischen Start-ups auszugeben. Diese Summe, die das Unternehmen ausgeben will, lässt aufhorchen. Und das zeigt mehr als deutlich, dass derartige Investitionen in die Zukunft gerichtet sind. Denn: Mit dem gesteigerten Einsatz von KI kann man nicht zuletzt viel Zeit bei zukünftigen Entwicklungen sparen – und Zeit ist Geld.
Biontech will mit KI Entwicklung von Krebsantikörpern vorantreiben
Ja, die angekündigte Übernahme würde Biontech sage und schreibe (!) rund 362 Millionen Pfund (410 Millionen Euro) in bar und Biontech-Aktien kosten. Das hat Biontech in einer Pressemitteilung mitgeteilt. Damit wird der Pharmariese verstärkt im Bereich der künstlichen Intelligenz aktiv werden. Mit diesem Millionen-Investment will der Konzern u.a. die beschleunigte Entwicklung von Krebsantikörpern vorantreiben.
„Seit der Gründung von Biontech haben wir uns darauf konzentriert, computergestützte Lösungen zu nutzen, um personalisierte Immuntherapien zu entwickeln, die möglichst viele Patienten erreichen können“, kommentierte Prof. Dr. Ugur Sahin, CEO und Mitbegründer von BioNTech diese ambitionierten Pläne. „Die Übernahme von InstaDeep ermöglicht es uns, die sich rasch weiterentwickelnden KI-Fähigkeiten der digitalen Welt in unsere Technologien sowie Wirkstoff- und Arzneimittelforschung, Herstellung und Bereitstellungsabläufe einzubinden. Unser Ziel ist es, Biontech zu einem Technologieunternehmen zu machen, in dem KI nahtlos in alle Aspekte unserer Arbeit integriert ist“, erklärte der Wissenschaftler in der Pressemitteilung.
Biopharmazeutische Forschung und KI miteinander verbinden
„KI entwickelt sich exponentiell weiter. Unsere Aufgabe bei InstaDeep war es immer, dafür zu sorgen, dass jeder davon profitieren kann. Wir freuen uns sehr darauf, unsere Kräfte mit Biontech zu bündeln und zu einem Team zu stoßen, dessen Kultur unserer gleicht. Die Unternehmen eint der Fokus auf tiefgreifende technologische Innovation sowie das Bestreben, als Menschen einen positiven Beitrag zu leisten“, kommentierte Karim Beguir, CEO und Mitbegründer von InstaDeep die geplante Übernahme. „Gemeinsam wollen wir ein weltweit führendes Unternehmen aufbauen, das biopharmazeutische Forschung und künstliche Intelligenz verbindet, mit dem Ziel, Immuntherapien der nächsten Generation zu entwickeln, um die medizinische Versorgung zu verbessern und so dazu beizutragen, Krebs und andere Krankheiten mit hohem medizinischem Bedarf zu bekämpfen.“
Noch im November des vergangenen Jahres teilte das Mainzer Unternehmen mit, dass es nach dem Ende der Corona-Pandemie zu einem Schwergewicht im Kampf gegen den Krebs werden will. Nun scheint es so zu sein, dass diese Pläne die ersten Züge bekommen:
Anfang Januar wurde zudem bekannt, dass Biontech in Großbritannien ein Forschungs- und Entwicklungszentrum zur Krebstherapie aufbauen will. Darauf hat sich das Unternehmen mit dem britischen Gesundheitsministerium geeinigt. Bis 2030 sollen dort bis zu 10 000 Patientinnen und Patienten mit personalisierten mRNA-Krebsimmuntherapien behandelt werden. Schließlich arbeitet Biontech seit seiner Gründung an der Entwicklung von mRNA-basierten Krebstherapien.
Wo kann die KI sonst noch in der Medizin eingesetzt werden?
Laut Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS kann sie u.a. in folgenden Bereichen eingesetzt werden:
- Klinische Entscheidungsfindung
- Roboterassistierte Chirurgie
- Medizinische Bildverarbeitung und Diagnostik
- Überwachung chronischer Krankheiten
- Krankenhausdatenmanagement
All das zeigt deutlich, dass die künstliche Intelligenz auch in der Forschung immer wichtiger wird. Es ist auch unbestritten, dass die digitale Transformation im Gesundheitswesen längst angekommen ist. Der Einsatz von KI kann außerdem die Entwicklung von Medikamenten signifikant beschleunigen und deutlich preiswerter machen. Preiswerter – durch die gewonnene Zeit.
Nach anderen Beispielen für Kooperationen zwischen Pharmaindustrie und IT, braucht man nicht lange zu suchen. So nutzt der US-Konzern Pfizer das KI-Programm „Watson“ von IBM für seine Krebsforschung. Der Schweizer Pharmagigant Novartis hat bereits 2019 mit Microsoft das AI Innovation Lab gegründet.
Doch die Ersparnis von Zeit und die Entlastung des Personals sind nicht die einzigen Vorteile für den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Dadurch steigen auch Genauigkeit und Präzision.
KI in der Medikamentenentwicklung
Auch bei der Medikamentenentwicklung hat die KI großes Potenzial. So kann es beispielsweise für die präzisere Auswahl der Studienteilnehmer eingesetzt werden und früh genug die Forschenden warnen, wenn dadurch keine belastbaren Daten entstehen. So können sie auf entsprechende Mängel schneller reagieren und aktiv werden. Auch bei der Auswertung von Daten kann viel Zeit gewonnen werden.
Außerdem kann die KI besser geeignete Stoffe für die Medikamentenentwicklung identifizieren und vermeidet dadurch, dass die Forschung, mit fälschlicherweise als passend identifizierten Stoffen, eine falsche Richtung einschlägt.
Behält man das im Hinterkopf, scheint auch die Summe, die für die avisierte Übernahme eingeplant wurde, gar nicht mehr so gewaltig zu sein. Zukunft und Zeit lassen sich in Euros kaum messen.
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