Interview 19.07.2023, 10:00 Uhr

Wie Künstliche Intelligenz die Medizin modernisiert

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin nimmt stetig zu und es werden vermehrt Meldungen darüber veröffentlicht. Sie ermöglicht schnellere und präzisere Diagnosen sowie maßgeschneiderte Therapien. Dr. Lutz Müller, Projektleiter bei Science4Life e.V., begleitet seit Jahren Start-ups u. a. in diesem Bereich und hat in dieser Zeit umfangreiche Erfahrungen und Beispiele zum Einsatz von KI in der Medizin gesammelt.

KI in der Medizin

Die Zukunft der Medizin: KI-Algorithmen revolutionieren Diagnose und Behandlung.

Foto: PantherMedia / IgorVetushko

Die Integration von KI in die Medizin revolutioniert Diagnoseverfahren, Behandlungspläne und die Gesundheitsversorgung. KI-Algorithmen analysieren medizinische Daten, erkennen schwer erkennbare Muster und ermöglichen schnellere und präzisere Diagnosen. Sie unterstützen zudem die Entwicklung maßgeschneiderter Therapien durch den Abgleich von Patientendaten mit medizinischem Wissen. In diesem Interview erläutert Dr. Müller unter anderem, warum wir uns einem Science-Fiction-artigen Gesundheitssystem nähern, das vor 15 Jahren noch undenkbar schien, und erklärt, welche Hindernisse noch sind zu überwinden.

Herr Dr. Müller, wie hat der Science4Life Venture Cup in den letzten 25 Jahren Gründer beim Aufbau ihrer Unternehmen unterstützt und welche Erfolge wurden bisher erzielt?

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Schon von Anfang an hatte Science4Life eine Menge Experten an Bord, zunächst aus dem Bereich Life Sciences und Chemie, später auch zu Energie. Sie helfen Gründungsteams seit 25 Jahren dabei, ihre Ideen in echte Unternehmen umzusetzen. Die Branchenexperten setzen sich hierfür mit den Ideen, Konzepten und Businessplänen auseinander, analysieren und bewerten diese und geben das Feedback an die Gründerteams weiter. So können die Teams sich über die Grenzen des Wettbewerbs hinaus weiterentwickeln. In 25 Jahren gab es über 8.500 Teilnehmer und gut 1.400 Gründungen aus Start-ups, die bei Science4Life teilgenommen haben. Darunter der Impfstoffhersteller CureVac, das Space-Start-up yuri und der Polymerhersteller AMSilk – das verbuche ich als großen Erfolg.

Auf welche Weise unterstützt der Science4Life Venture Cup Gründer in den Bereichen Life Sciences und Chemie, und welche Vorteile können sie aus der Teilnahme ziehen?

Der Science4Life Venture Cup ist in drei Phasen unterteilt, die sich an die Phasen einer Start-up-Gründung angleichen. So können Gründende genau da einsteigen, wo sie sich gerade mit ihrem Geschäftsmodell befinden. Bei der Idee, dem Konzept oder dem Businessplan. Wir begleiten die Teams durch jede dieser Phasen und über 300 Branchenexperten stehen ihnen im Rahmen des Wettbewerbs beratend zur Seite. Neben den Preisgeldern können die Teams an Online-Seminaren zu verschiedenen gründungsrelevanten Themen teilnehmen und unsere Vorlagen für Businesspläne oder ein Read-Deck nutzen. Besonders wertvoll sind für die Teilnehmenden immer die Academy Days. Die besten Teams erhalten hier auf sie zugeschnittene, individuelle Coachings und feilen mit den Experten an ihren Ideen, Konzepten und Businessplänen. Während der Konzept- und Businessplanphase bekommt jedes Gründungsteam einen persönlichen Coach zur Verfügung gestellt. Am Ende nehmen die Start-ups hier wertvolles Wissen zu Themen wie Finanzierung, juristischen Fragestellungen wie z.B. Patentrecht, Verkauf oder Marketing mit.

Wie wichtig ist es, Innovationen für die Medizin- und Pharmabranche zu fördern?

Seit der Covid-19-Pandemie ordnen Gesellschaft und Investoren der Medizinbranche eine noch höhere Relevanz zu. Und das zurecht! Wir sind einem Gesundheitssystem, das wir bis vor 15 Jahren nur aus Science-Fiction Filmen kannten, heute näher als je zuvor. KI-gestützte Diagnosen, Roboter im OP-Saal oder Bioprinting sind nur einige Beispiele für die rasante Entwicklung in der Branche. Es wäre fatal, wenn lediglich aufgrund fehlender finanzieller Mittel bahnbrechende Innovationen im Sand verliefen. Ich denke, hier kann in den kommenden Jahren sehr viel passieren.

Größte Hindernisse für die Innovationskraft

Wie würden Sie die aktuelle Innovationskraft bzw. Einsatz von KI im medizinischen Bereich in Deutschland beurteilen?

Gerade im Rahmen des Science4Life Businessplan-Wettbewerbs sehe ich konstant eine Vielzahl an Innovationen im Medizinbereich. Praktisch in jeder Wettbewerbsrunde sind KI-Start-ups vertreten, die mit ihren Ideen Bahnbrechendes erreichen können. Ich denke, von einem Mangel an Ideen und Motivation kann nicht zu sprechen sein. Ich sehe die größten Hindernisse für die Innovationskraft in den KI-Regularien und der Finanzierung. Wie auch bei Start-ups aus jeder anderen Branche stellt die Kapitalbeschaffung eine der größten Herausforderungen dar. Zudem sind rechtliche Rahmenbedingungen, Zulassungen und Zertifizierungen ohnehin schon eine Herausforderung für Gründungsteams. Wie die kommenden KI-Regularien ausgestaltet sein werden, ist aktuell noch nicht final geklärt – einfacher wird es für Start-ups dadurch aber wahrscheinlich kaum.

In welchen Bereichen der Medizin hat Künstliche Intelligenz bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt, und welche zukünftigen Anwendungen werden erwartet?

Ich würde hier zwischen zwei Bereichen differenzieren: Zum einen KI, die in Forschung und Planung eingesetzt wird, zum anderen solche, die direkte Anwendung bei Patienten findet. In der Forschung kann die Technologie helfen, neue Medikamentenkombinationen zu identifizieren und langwierige Prozesse enorm zu verkürzen. Auch bei der Planung von Operationen oder der Bettenbelegung in Krankenhäusern kann KI zum Einsatz kommen und so den Workflow von Kliniken und Praxen optimieren.

Für die Zukunft stelle ich mir vor allem flächendeckende Diagnosen durch Künstliche Intelligenz vor. Eines der größten gegenwärtigen Probleme ist es, Termine bei Fachärzten zu bekommen. Hier könnte KI insofern unterstützen, dass mehr Menschen schneller diagnostiziert werden und Krankheiten so frühzeitig erkannt und effizient behandelt werden können.

Können Sie einige Beispiele nennen?

Lutz Müller

Lutz Müller.

Foto: Science4 Life

Betrachten wir den Bereich des direkten Patientenkontakts, sehe ich nahezu überall großes Potenzial. Viele unserer Gründerteams nutzen KI zur Diagnose für beispielsweise Atemwegs- oder Augenerkrankungen. Häufig wird sie zur Auswertung der Bildgebung genutzt und kann Unregelmäßigkeiten schnell und sehr genau erkennen. Auch Wearables spielen zunehmend eine große Rolle in Sachen Diagnose und Monitoring von Patienten. Durch die steigende Anzahl der Nutzer wird die Menge an Daten immer größer und KI praktisch zum Must-have, um alles auswerten zu können.

Lungenerkrankungen durch einen digitalen Zwilling der Lunge identifizieren

Wie funktioniert die präzise Behandlung von Lungenerkrankungen durch einen digitalen Zwilling der Lunge, wie es bei der Ebenbuild GmbH angeboten wird?

Ebenbuild beschäftigt sich seit Jahren mit der Entwicklung eines “digitalen Zwilling” der menschlichen Lunge. Damit möchte das Start-up die Behandlungsergebnisse bei künstlicher Beatmung von Intensivpatienten bei akutem Atemnotsyndrom verbessern. Konkret ist der digitale Zwilling eine exakte digitale Nachbildung des Organs, mit dem Luftströme, einwirkende Kräfte und Gewebedehnungen innerhalb der Lunge vorhergesagt werden können, um daraus digitale Biomarker zu berechnen. das hilft Ärzten wiederum, die Auswirkungen der Beatmung auf einzelne Patienten genau abzuwägen und fundierte Behandlungsentscheidungen zu treffen. Das Ganze geschieht individuell für jeden Patienten. Dadurch werden natürlich am Ende deutlich mehr Erkenntnisse gewonnen, als aus einem klassischen CT-Scan und die anschließende Behandlung kann deutlich individueller gestaltet werden.

Können Sie genauer erläutern, wie die mediaire GmbH Künstliche Intelligenz einsetzt, um MRT-Befunde zu automatisieren und den Arbeitsalltag von Radiologen zu modernisieren?

In der Neuroradiologie spielt das Hirnvolumen eine signifikante Rolle bei der Erkennung von Demenzerkrankungen, wie z.B. Alzheimer. Dieses wird jedoch selten einheitlich bewertet und oft nur geschätzt. Die KI von mediaire analysiert Hirn-MRT-Scans systematisch. Dabei helfen Deep Learning Algorithmen, die mit Daten von einigen Tausend Untersuchungen trainiert wurden. Die Künstliche Intelligenz führt dann einen Normwertabgleich mit einer gesunden Referenzpopulation durch und fasst die Ergebnisse für die Radiologen anschließend in Form eines Berichts zusammen. Das macht ihre Arbeit nicht nur schneller, sondern auch weitaus genauer.

Lautstärke und Dauer des Schnarchens analysieren

Kann Künstliche Intelligenz tatsächlich zur Diagnose von Schlafapnoe und zur Unterstützung von Menschen mit Schlafstörungen, wie es die Diametos GmbH vorschlägt, eingesetzt werden?

Definitiv. Die App von Diametos registriert die Lautstärke und Dauer des Schnarchens und analysiert, ob das Schnarchen gefährlich ist. Das alles geschieht mittels KI und basierend darauf gibt die Software Risikoeinschätzungen für Schlafapnoe – diese führt zu Atemaussetzern und kann das Risiko für Herzerkrankungen erhöhen. Die Snorefox App von Diametos nutzt hierfür das Smartphone-Mikrofon. Zunächst werden die Schnarch-Daten vorverarbeitet, dann die Merkmale extrahiert und zuletzt alles maschinell klassifiziert.

Gibt es Beispiele für den Einsatz der KI in der Zahnmedizin?

Unter unseren Teilnehmern befand sich zwar bisher kein Start-up, welches KI in der Zahnmedizin nutzt, jedoch ordne ich ihr hier auch ähnliche Anwendungsfelder wie in anderen Sparten der Medizin zu: Vor allem in der Diagnose von z.B. Karies durch Analyse der Röntgenbilder könnte sie Zahnärzte in Zukunft unterstützen.

Was sehen Sie als die größte Herausforderung für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Medizin?

Ein Wort: Regulierungen. Die EU beschäftigt sich gerade stark mit der Regulierung von KI und es bleibt abzuwarten, wie diese Regulierungen sich auf Start-ups, die KI nutzen, auswirken wird – sowohl in der Medizin, als auch branchenübergreifend. Hinzu kommt die Frage nach dem Umgang mit Patientendaten, denn einerseits benötigt Künstliche Intelligenz natürlich große Datenmengen, andererseits stellen Patientendaten ein schützenswertes Gut dar. Es existieren bereits Ansätze, mit denen sich beide Anforderungen verknüpfen ließen – aktuell ist die Thematik aber noch nicht final geklärt. Gerade in der Medizin, die ja sehr nahe am Menschen arbeitet, ist der Respekt vor der Technologie an sich außerdem besonders groß. Die Angst von Patientenseite, die Diagnose oder Behandlung in die “Hände” einer Künstlichen Intelligenz zu legen, wird vermutlich noch einige Zeit bestehen bleiben. Wobei man hier erwähnen sollte, dass die KI immer nur unterstützend agiert. Einen Arzt ersetzen wollen die Start-ups nicht. Lediglich dessen Aufgaben effizienter und präziser gestalten.

Vielen Dank für das Interview!

Am 1. September 2023 startet auch die neue Wettbewerbsrunde mit der Ideenphase und Start-ups sind wieder herzlich eingeladen, am Science4Life Venture Cup oder Science4Life Energy Cup teilzunehmen.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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