Meilenstein für die Wissenschaft: Forschende simulieren Gehirn
Supercomputer eröffnen mit biophysikalischen Gehirnsimulationen völlig neue Wege für die Hirnforschung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist nun erstmals die Simulation des Gehirns einer Maus gelungen. Ein Meilenstein, der vermutlich Antworten auf viele Fragen der Hirnforschung liefern kann.
Für die Hinrforschung war der Einsatz des Supercomputers Fugaku der Durchbruch.
Foto: smarterpix / sdecoret
Ein internationales Forschungsteam hat erstmals das Gehirn einer Maus nachgebildet. Geholfen hat ihnen dabei modernste Rechenleistung, mit der sie eine digitale Kopie erstellen konnten. Diese Gehirnsimulation zählt zu den detailliertesten weltweit.
Daraus resultierend könnten künftig voraussichtlich Krankheiten wie Alzheimer und Epilepsie virtuell simuliert werden, beispielsweise neuronale Wechselwirkungen, die detaillierte Ausbreitung epileptischer Anfälle oder die Wirkung von Hirnwellen. Das alles kann virtuell und somit in Echtzeit untersucht werden. Die Ausbreitung von Störungen und ihr Einfluss auf Bewusstsein oder kognitive Prozesse sind dadurch in nie dagewesener Präzision analysierbar.
Hirnerkrankungen digital erforschen
Die digitale Umgebung hilft natürlich nicht nur bei der Grundlagenforschung, etwa einem besseren Verständnis für das Entstehen von Symptomen. Auch neue Behandlungsstrategien könnten zunächst virtuell getestet werden, was die Sicherheit der Patienten und Patientinnen erheblich verbessert.
Das Forschungsteam hofft, langfristig sogar noch einen Schritt weitergehen zu können. Ziel sei es, Probleme bereits zu erkennen und behandeln zu können, bevor Symptome auftreten. Das wäre ein großer medizinischer Durchbruch.
Gehirn simulieren: Datenmengen, die alles verändern
Die Grundlage für die Gehirnsimulation liefert der Supercomputer Fugaku aus Japan. Maschinen wie Fugaku bewältigen in einer Sekunde Billionen von Rechenschritten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Allen Institute und der japanischen Universität für Elektrokommunikation, angeführt von Tadashi Yamazaki, koordinieren diese internationale Kooperation mit weiteren Organisationen.
Fugaku zählt zu den schnellsten Rechenanlagen weltweit, ermöglicht über 400 Billiarden Vorgänge pro Sekunde. Zum Vergleich: Ein Mensch bräuchte über zwölf Milliarden Jahre, um die Zahl der Operationen von Fugaku zu zählen. Sein Name, inspiriert vom Berg Fuji, steht für Kraft und Reichweite — auch symbolisch für dieses Projekt.
Supercomputer erleichtert die Gehirnsimulation
Bislang konnten Forschende nur mit realem Gewebe ihre Experimente durchführen. Dadurch ist die Hirnforschung sehr aufwendig und auch zeitintensiv. Durch den Einsatz des Supercomputers wird es für sie nun deutlich einfacher.
„Das zeigt, dass die Tür offensteht. Mit genügend Rechenleistung können wir solche Gehirnsimulationen effektiv durchführen“, erklärte Anton Arkhipov vom Allen Institute. „Es ist ein technischer Meilenstein, der uns die Zuversicht gibt, dass deutlich größere Modelle nicht nur möglich, sondern auch präzise und skalierbar realisierbar sind.“
Globale Teamarbeit für moderne Hirnforschung
Kern des Projekts ist die internationale Zusammenarbeit: Das Allen Institute steuert Baupläne und reale biologische Daten bei, etwa aus der Allen Cell Types Database und dem Allen Connectivity Atlas. Das japanische Fugaku-Team übernimmt die Umwandlung dieser Daten in komplexe virtuelle Strukturen, sodass die Gehirnsimulation lebendig wird.
Knoten für das Gehirn
Fugaku unterstützt verschiedene Forschungsbereiche wie Astronomie, Meteorologie oder die Entwicklung neuer Medikamente mit seiner enormen Rechenkraft. Die gegenwärtige Anwendung bei der neuronalen Simulation zeigt, wie Supercomputer dabei helfen, komplexe gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen und so neue Erkenntnisse für Forschende zu schaffen.
Dieser Supercomputer ist in nahezu 159.000 einzelne Knoten gegliedert und organisiert sie in Einheiten und Racks. So entstehen Strukturen, die riesige Datenmengen und Berechnungen aufnehmen und blitzschnell verarbeiten — eine zentrale Voraussetzung für realistische Gehirnsimulationen.
Gehirnsimulation: Biologische Abläufe werden sichtbar
Durch die Untersuchung des simulierten Cortex erhalten Forschende Einblicke in Echtzeit, sowohl in die Struktur als auch in die Funktion der Nervenzellen. Die Verzweigung von Neuronen, die Aktivierung von Synapsen sowie die Bewegung elektrischer Signale sind als reale Vorgänge fast vollständig nachvollziehbar. Dies gilt als wichtiger Schritt für künftige Hirnforschungsprojekte.
„Es ist eine technische Meisterleistung, aber nur der erste Schritt. Der Teufel steckt im Detail, und ich glaube, dass die biophysikalisch detaillierten Modelle entscheidend sind“, sagt Yamazaki. Forschende planen, die Technologien weiterzuentwickeln, um schließlich ganze Gehirne – sogar menschliche – virtuell nachbilden zu können. Mit Fugaku erscheint ein vollständiges, exaktes Hirnmodell erstmals als erreichbares Ziel.
Über das Allen Institute
Das Allen Institute ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation, gegründet von Paul G. Allen. Es widmet sich den zentralen Fragen der Biowissenschaften und setzt sich für offene Forschung und den freien Austausch von Erkenntnissen ein. Weltweit gilt das Institut als Pionier der groß angelegten neurowissenschaftlichen Forschung.
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