OpenAI greift Google an: Browser ChatGPT Atlas denkt mit
OpenAI startet mit Atlas einen KI-Browser ohne Suchleiste. ChatGPT denkt mit, sucht selbstständig und fordert Google Chrome heraus.
Der Browser ChatGPT Atlas kommt ohne Suchleiste und könnte die Internetrecherche auf ein neues Level heben.
Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Andre M. Chang
OpenAI hat ein neues Werkzeug im Köcher – und diesmal geht es direkt an Googles Kernprodukt. Der ChatGPT-Entwickler hat mit „Atlas“ einen Browser vorgestellt, der ganz auf künstliche Intelligenz (KI) setzt. Statt wie gewohnt eine Adressleiste einzutippen, sollen Nutzende einfach mit ChatGPT sprechen. Der Browser denkt mit, sucht, erklärt und erledigt Aufgaben, ohne dass Sie Tabs wechseln müssen.
OpenAI-Chef Sam Altman erklärte es bei der Präsentation folgendermaßen: Der Browser sei „um ChatGPT herum gebaut“. Klingt, als hätte jemand Chrome neu erfunden – nur ohne Suchleiste.
Atlas als smarter Assistent im Netz
Die Idee dahinter: Ihr Browser wird zu einem echten digitalen Assistenten. ChatGPT begleitet Sie durch das Internet, versteht, was Sie gerade tun, und hilft direkt im selben Fenster. Ob Recherche, Terminplanung oder Online-Shopping – Atlas soll mitdenken, statt nur anzeigen.
So soll Atlas den klassischen Browser zur intelligenten Arbeitsumgebung weiterentwickeln. Der integrierte Browser-Speicher merkt sich auf Wunsch, welche Seiten Sie besucht haben, und kann daraus Zusammenfassungen oder Trends ableiten. Wer also etwa Stellenanzeigen durchforstet, kann ChatGPT später bitten, daraus eine Branchenübersicht zu basteln.
Natürlich bleibt der Datenschutz ein Thema – OpenAI betont, dass alle Speicherfunktionen optional sind und sich jederzeit löschen lassen.
Der Agent-Modus: ChatGPT wird zum Rechercheprofi
Spannend ist vor allem der neue Agent-Modus. Er steht zahlenden Nutzerinnen und Nutzern von ChatGPT Plus, Pro und Business zur Verfügung. In diesem Modus agiert der Chatbot eigenständig: Er führt Suchanfragen aus, filtert Informationen, bucht Termine oder wertet Webseiten aus – ganz ohne manuelle Eingabe.
Das spart Zeit, macht den Browser aber auch zu einer Art digitalem Sekretariat. „Er nutzt den Chatbot, um Verbesserungen vorzunehmen, die ihn schneller und nützlicher machen, indem er mit Ihrem Browsing-Kontext arbeitet“, erklärt OpenAI. Kurz gesagt: ChatGPT soll nicht nur antworten, sondern handeln.
OpenAI geht aufs Ganze
Atlas startet zunächst für macOS, Versionen für Windows, iOS und Android sollen folgen. Beim ersten Öffnen können Sie Lesezeichen, Passwörter und Verlauf aus Chrome oder anderen Browsern importieren. OpenAI will den Wechsel so einfach wie möglich gestalten – schließlich braucht es Überzeugungskraft, um gegen einen Giganten wie Google anzutreten.
Der Zeitpunkt ist geschickt gewählt: Google steckt gerade in einem langwierigen Kartellverfahren wegen seiner Marktdominanz im Suchgeschäft. Auch Microsoft mischt mit, hat ChatGPT längst in seinen Edge-Browser integriert und bietet ähnliche Funktionen. Der Konkurrenzkampf um den „intelligenten Browser“ ist also eröffnet.
Chrome bekommt Gesellschaft
Laut OpenAI nutzen inzwischen 800 Millionen Menschen ChatGPT pro Woche – doppelt so viele wie noch im Februar. Diese enorme Reichweite könnte Atlas zum Turbo-Start verhelfen.
Trotzdem bleibt die Skepsis groß. Pat Moorhead, Chefanalyst bei Moor Insights & Strategy, wird von der BBC folgendermaßen zitiert: „Ich glaube, dass Early Adopters den neuen OpenAI-Browser auf Herz und Nieren prüfen werden. Aber Mainstream-Nutzer, Anfänger und Unternehmensnutzer werden einfach warten, bis ihre bevorzugten Browser diese Funktion anbieten.“
Moorhead erinnert daran, dass Edge bereits viele dieser Funktionen besitzt. Trotzdem: Wer Atlas testet, erlebt eine neue Art, das Internet zu nutzen – ohne Suchbegriffe, ohne Klicklawinen, einfach im Gespräch mit einer KI.
KI statt Suchleiste
Die Zeiten, in denen Sie mühsam Suchbegriffe eintippen, könnten bald vorbei sein. Immer mehr Menschen wenden sich ohnehin von klassischen Suchmaschinen ab. Laut dem Forschungsunternehmen Datos gingen im Juli rund 6 % aller Suchanfragen auf Desktop-Browsern direkt an KI-Systeme wie ChatGPT – doppelt so viele wie im Jahr zuvor.
Google reagiert, integriert selbst KI-Antworten in seine Suchergebnisse und treibt das eigene Sprachmodell Gemini voran. Doch OpenAI geht einen Schritt weiter: Statt KI in die Suche zu bringen, bringt das Unternehmen die Suche zur KI.
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