Supercomputer schafft 50 Qubits 12.11.2025, 11:00 Uhr

Wie zwei Millionen Laptops: Jülich simuliert größten Quantencomputer der Welt

Forschende aus Jülich und Nvidia haben einen Quantencomputer mit 50 Qubits simuliert – elfmal schneller als der bisherige Weltrekord aus Japan. Wie war das möglich, und was bedeutet es für die Quantenforschung?

Europas schnellster Supercomputer "JUPITER" wurde im September 2025 eröffnet. Foto: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Europas schnellster Supercomputer "JUPITER" wurde im September 2025 eröffnet.

Foto: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Forschende am Forschungszentrum Jülich haben erstmals einen Quantencomputer mit 50 Qubits  simuliert. Dafür nutzten sie Europas schnellsten Supercomputer JUPITER. Mit zwei Petabyte Arbeitsspeicher besitzt er die Kapazität von etwa zwe Millionen normalen Laptops.

Warum ist die Simulation so wichtig?

Quantencomputer mit 50 Qubits existieren zwar bereits, sind aber noch zu fehleranfällig für praktische Anwendungen. Mit der Simulation am Jülicher Supercomputer lassen sich ihre Algorithmen aber heute schon entwickeln und testen – lange bevor die echte Hardware einsatzbereit ist.

Das Jülicher Team vom Jülich Supercomputing Centre (JSC) hat damit laut einer Pressemitteilung vom 11. November den bisherigen Weltrekord übertroffen: Forscher aus dem eigenen Haus hatten ihn 2022 auf dem japanischen K-Computer mit 48 Qubits aufgestellt. Die Simulation dauerte damals 3102 Sekunden. Auf dem erst im September dieses Jahres eröffneten JUPITER-Computer schaffte das Team dieselbe Aufgabe in 286 Sekunden – elfmal schneller.

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Das auf den Namen „JUQCS-50“ getaufte Simulationsprogramm wird über die Jülicher Quantencomputer-Infrastruktur JUNIQ (Jülich Unified Infrastructure for Quantum Computing) auch externen Forschungseinrichtungen und Unternehmen zur Verfügung stehen. Sie dient dabei sowohl als Tool für die Entwicklung neuer Algorithmen als auch als Modellanwendung für die nächsten Supercomputer.

Wofür braucht man Quantencomputer?

Quantencomputer sollen künftig Aufgaben lösen, an denen klassische Computer scheitern: neue Medikamente entwickeln, Lieferketten optimieren, Materialien für Batterien berechnen. Wissenschaftler arbeiten aktuell an Algorithmen wie dem Variational Quantum Eigensolver (VQE) für Molekülberechnungen oder dem Quantum Approximate Optimization Algorithm (QAOA) für Logistikprobleme.

Das Problem: Die Hardware ist noch nicht so weit. Echte Quantencomputer machen zu viele Fehler, um Algorithmen dieser Komplexität zuverlässig auszuführen. Hier kommt die Simulation ins Spiel. Mit JUQCS-50 können Wissenschaftler und Unternehmen die Algorithmen durchspielen und optimieren – ohne auf fehlerfreie Quantencomputer warten zu müssen.

„Mit JUQCS-50 können wir universelle Quantencomputer realitätsnah nachbilden und damit Fragen beantworten, die heute noch kein Quantenprozessor lösen kann“, so Prof. Hans De Raedt vom Jülich Supercomputing Centre (JSC), Hauptautor der Studie.

 

Was ist ein Qubit?

Ein Qubit ist die Grundeinheit der Quanteninformation – vergleichbar mit einem Bit im klassischen Computer. Der entscheidende Unterschied: Während ein Bit entweder 0 oder 1 ist, kann ein Qubit beide Zustände gleichzeitig einnehmen (Superposition). Erst bei der Messung „entscheidet“ sich das Qubit.

Diese Eigenschaft ermöglicht es Quantencomputern, bestimmte Berechnungen parallel durchzuführen. Mit jedem zusätzlichen Qubit verdoppelt sich die Anzahl der möglichen Zustände – und damit die Rechenpower. 50 Qubits entsprechen 2^50 möglichen Zuständen, also über 1 Billiarde.

Warum ist die Simulation so aufwendig?

Jedes zusätzliche Qubit verdoppelt den Rechen- und Speicherbedarf. Ein Laptop mit 64 GB Arbeitsspeicher kann etwa 30 Qubits simulieren, allerdings dauert die Berechnung dann sehr lange. Für 50 Qubits braucht man zwei Petabyte Arbeitsspeicher – so viel schaffen derzeit nur die größten Supercomputer der Welt. „Das zeigt, wie eng Fortschritte im Höchstleistungsrechnen und in der Quantenforschung heute miteinander verflochten sind“, erklärt Prof. Kristel Michielsen, Direktorin am JSC.

Die Simulation bildet die komplette Quantenphysik eines realen Quantencomputers nach. Jeder Rechenschritt verändert mehr als zwei Billiarden komplexe Zahlenwerte – eine „2″ mit 15 Nullen. Diese Werte müssen über 16.384 Prozessoren hinweg synchronisiert werden, um die Funktionsweise eines echten Quantenprozessors präzise nachzustellen.

Prof. Kristel Michielsen, Direktorin am JSC und Leiterin der Quantencomputer-Infrastruktur JUNIQ. Copyright: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Prof. Kristel Michielsen, Direktorin am JSC und Leiterin der Quantencomputer-Infrastruktur JUNIQ. Copyright: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Wie gelingt die Simulation trotzdem?

Um den Rechenaufwand zu stemmen, kooperierte das Forschungsteam mit Experten des US-Chipentwicklers Nvidia. Zusammen haben sie nach eigenen Angaben drei Änderungen umgesetzt:

  1. Hybrid Memory: Die NVIDIA GH200-Superchips in JUPITER koppeln Hauptprozessor (CPU) und Grafikprozessor (GPU) eng miteinander. Wenn der Grafikspeicher nicht ausreicht, können Daten mit minimalem Leistungsverlust im CPU-Speicher zwischengelagert werden. So lässt sich der gesamte verfügbare Arbeitsspeicher nutzen – 96 GB GPU-Speicher plus 120 GB CPU-Speicher pro Chip.
  2. Byte-Encoding: Eine adaptive Kompressionsmethode senkt den Speicherbedarf um den Faktor acht. Statt 16 Bytes pro Zahlenwert werden nur 2 Bytes verwendet. Das kostet zwar etwas Rechenzeit, ermöglicht aber erst die Simulation von 50 Qubits auf JUPITER.
  3. Dynamische Netzwerkoptimierung: Ein Algorithmus optimiert laufend den Datenaustausch zwischen den mehr als 16.000 Superchips. Der Grund: Bei jedem Rechenschritt müssen massive Datenmengen zwischen den Prozessoren ausgetauscht werden.

„Bereits während der Aufbauphase von JUPITER haben JSC- und NVIDIA-Expertinnen und -Experten im sogenannten Co-Design eng zusammengearbeitet“, resümiert Dr. Andreas Herten vom JSC-Projektteam. „Auf diese Weise konnten wir Hardware und Software möglichst genau aufeinander abstimmen.“

Ausblick: Wo sind die Grenzen?

Mehr als 50 Qubits sind auf JUPITER mit der aktuellen Byte-Encoding-Methode nicht darstellbar. Die Grenze ergibt sich aus dem verfügbaren Arbeitsspeicher und der Einschränkung, dass Quantencomputer-Simulationen immer mit einer Zweierpotenz an Prozessoren arbeiten müssen.

Mit noch größeren Supercomputern könnten in Zukunft aber auch 51, 52 oder noch mehr Qubits simuliert werden. Und auch JUQCS-50 wollen die Jülicher Forschenden so weiterentwickeln, dass es noch komplexere Quantenalgorithmen testen kann. In dem rheinischen Forschungszentrum steht mit JUPITER also ein wichtiger Baustein für die Quantenforschung bereit – quasi als Brücke zwischen „klassischen“ Computern und der Quantentechnik der Zukunft.

Ein Beitrag von:

  • Magnus Schwarz

    Magnus Schwarz schreibt zu den Themen Wasserstoff, Energie und Industrie. Nach dem Studium in Aachen absolvierte er ein Volontariat und war mehrere Jahre als Fachredakteur in der Energiebranche tätig. Seit Oktober 2025 ist er beim VDI Verlag.

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