Deutschland knackt die Million: Balkonkraftwerke boomen
Bereits vor einem Jahr haben wir berichtet, dass Balkonkraftwerke boomen. Der Trend hält weiter an: Über eine Million wurde bereits montiert.
Deutschland ist Vorreiter bei der Installation von Balkonkraftwerken. Im Jahr 2024 wurden 430.000 Anlagen montiert.
Foto: PantherMedia / astrid208
In Deutschland ist inzwischen rund eine Million Balkonkraftwerke in Betrieb. Damit hat sich ihre Zahl binnen eines Jahres fast verdoppelt. Das geht aus Daten des Marktstammdatenregisters der Bundesnetzagentur und Schätzungen des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) hervor. Noch im Juni 2024 lag die Zahl bei rund einer halben Million. Nun hat sich der Trend in vielen Städten und Gemeinden verstetigt – mit Folgen für Energieverbrauch, Stadtbild und Energiebewusstsein.
„Wir gehen davon aus, dass das einmillionste Steckersolargerät bereits in Betrieb ist, weil noch Nachmeldungen bei der Bundesnetzagentur ausstehen“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW.
Inhaltsverzeichnis
Balkonkraftwerke 2025
Balkonkraftwerke – offiziell als Steckersolargeräte bezeichnet – sind kleine Photovoltaikanlagen. Typisch sind ein bis zwei Solarpanels, oft an Balkonbrüstungen, Hauswänden oder auf Garagen montiert. Ihr entscheidendes Merkmal: Sie lassen sich mit einem normalen Stromanschluss (Schuko- oder Wielandstecker) direkt mit dem Hausnetz verbinden.
Die maximale Einspeiseleistung liegt bei 800 Watt. Das reicht aus, um tagsüber einen Teil des Strombedarfs eines Haushalts zu decken – etwa für Kühlschrank, Router oder Ladegeräte. Überschüssiger Strom wird automatisch ins öffentliche Netz eingespeist, ohne dass dafür eine Vergütung erfolgt. Wichtig: Anlagen mit integriertem Stromspeicher gelten nicht als Steckersolargeräte – für sie greifen andere Regelungen.
Warum die Nachfrage rasant steigt
Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht die Entwicklung: Zum Stichtag Anfang Juni 2025 waren laut Marktstammdatenregister 975.583 Anlagen registriert. Weitere rund 20.000 gelten als vorübergehend oder dauerhaft stillgelegt. Die tatsächliche Zahl dürfte aber deutlich höher liegen. Viele Anlagen werden nachträglich oder gar nicht gemeldet. Es gilt eine Nachmeldefrist von einem Monat, die nicht alle Betreiber*innen einhalten.
Neben dem Wunsch nach mehr Unabhängigkeit beim Strombezug spielt die Energiepreiskrise seit Beginn des Ukraine-Kriegs eine große Rolle. Zudem hat die alte Bundesregierung Hürden abgebaut: So ist es inzwischen einfacher, Genehmigungen von Vermieter*innen oder Eigentümerversammlungen zu erhalten. Einige Bundesländer haben die baurechtlichen Vorgaben zusätzlich vereinfacht.
Neue Gesichter der Energiewende
„Nachdem Solardächer in Eigenheimsiedlungen längst Standard sind, wird der Solarboom auf Balkonien nun zunehmend auch das Bild der Innenstädte prägen“, sagt Carsten Körnig. Vor allem in Mietwohnungen oder bei begrenztem Platzangebot ist das Balkonkraftwerk oft die einzige Möglichkeit zur Teilhabe an der Energiewende.
Die Investition rechnet sich oft schnell: Je nach Ausrichtung, Anschaffungskosten und Eigenverbrauch amortisieren sich die Geräte innerhalb weniger Jahre. Auch die fallenden Preise für Module und Wechselrichter tragen dazu bei.
Geringer Stromanteil, großer symbolischer Wert
Rein rechnerisch leisten die registrierten Balkonkraftwerke derzeit zusammen rund 0,9 Gigawatt – also etwa 900 Megawatt installierte Leistung. Zum Vergleich: Alle Solaranlagen in Deutschland kommen zusammen auf über 100 Gigawatt. Der Beitrag zur nationalen Stromproduktion ist also relativ gering. Dennoch entfalten Balkonkraftwerke eine große Wirkung: Sie stärken das Bewusstsein für Energie, fördern Eigenverantwortung und machen die Energiewende sichtbar und greifbar.
Regionale Unterschiede: NRW und Bayern vorn
Spitzenreiter ist Nordrhein-Westfalen mit aktuell 194.077 registrierten Anlagen. Dahinter folgt Bayern mit 148.284. Auch hier ist davon auszugehen, dass die reale Zahl höher liegt – etwa weil Geräte verspätet gemeldet wurden oder noch in Bearbeitung sind.
Die weitere Reihenfolge der Bundesländer:
-
Niedersachsen: 127.879
-
Baden-Württemberg: 127.665
-
Hessen: 73.898
-
Rheinland-Pfalz: 58.085
-
Sachsen: 54.415
-
Schleswig-Holstein: 41.106
-
Brandenburg: 34.157
-
Sachsen-Anhalt: 26.576
-
Thüringen: 25.706
-
Mecklenburg-Vorpommern: 20.838
-
Berlin: 18.445
-
Saarland: 12.130
-
Hamburg: 7202
-
Bremen: 5118
Gerade in Stadtstaaten wie Bremen oder Hamburg ist die Dichte geringer – unter anderem, weil geeignete Flächen auf Balkonen oder an Fassaden dort seltener verfügbar sind.
So sah es 2024 aus: Über 430.000 neue Balkonkraftwerke
Der Boom im Jahr 2023 war bemerkenswert: Mehr als 430.000 neue Balkonkraftwerke gingen ans Netz. Diese Zahl könnte durch spätere Nachmeldungen noch steigen. „Der Solarboom auf Deutschlands Balkonen könnte sich sogar noch verstärken“, prognostiziert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft. Sollte diese Entwicklung anhalten, könnte das millionste Balkonkraftwerk bereits im ersten Halbjahr 2025 installiert werden.
Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg von Balkonkraftwerken ist die neue Gesetzgebung. Seit vergangenem Herbst sind Vermieter und Wohnungseigentümer verpflichtet, die Installation dieser Geräte grundsätzlich zu genehmigen. Hinzu kommen sinkende Preise und eine größere Auswahl an leistungsstarken Modellen. Diese Entwicklungen machen es für immer mehr Menschen attraktiv, selbst Energie zu erzeugen.
Keine Angst vor einem Regierungswechsel
Auch die bevorstehende Bundestagswahl bereitete keine Sorgen, dass Balkonkraftwerke weniger attraktiv werden. Carsten Körnig betont: „Ich erwarte nicht, dass die Energiepolitik einer kommenden Bundesregierung die Rahmenbedingungen für die Errichtung von Balkonkraftwerken verschlechtern wird.“ Vielmehr herrscht parteiübergreifend Einigkeit darüber, Mietern und Wohnungseigentümern eine aktive Teilhabe an der Energiewende zu ermöglichen. Entbürokratisierung und Kostensenkungen stehen hierbei im Fokus.
Deutschland als Vorreiter
Deutschland hat sich zum Leitmarkt für Balkonkraftwerke entwickelt. Laut Körnig wird weltweit mit Interesse beobachtet, wie die regulatorischen und technischen Voraussetzungen hierzulande die sichere Anwendung dieser Systeme fördern. Die Erfahrungen aus Deutschland könnten anderen Ländern als Vorbild dienen.
Die Verteilung der Balkonkraftwerke zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Nordrhein-Westfalen führt mit 157.000 Anlagen, gefolgt von Bayern mit 119.000. Niedersachsen und Baden-Württemberg liegen mit jeweils etwa 103.000 Anlagen fast gleichauf. Am Ende der Liste stehen die Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie das Saarland, die jeweils weniger als 10.000 Anlagen verzeichnen. (mit dpa)
Ein Beitrag von: