Premiere in Thüringen: Erster Solarpark stabilisiert das Stromnetz
Erstmals in Deutschland liefert ein Solarpark nicht nur Strom, sondern stabilisiert auch das Netz – und macht fossile Reservekraftwerke damit zum Teil überflüssig.
Ein Enerparc-Solarpark in Zeithain (Sachsen). Das Unternehmen betreibt in Schkölen seit 11. November die erste PV-Anlage Deutschlands am Regelenergiemarkt.
Foto: picture alliance/dpa/Robert Michael
Seit dem 11. November nimmt die erste Photovoltaikanlage Deutschlands am Markt für Sekundärregelleistung teil. Der 37,4-MW-Solarpark im thüringischen Schkölen kann seine Leistung binnen Minuten drosseln oder wieder hochfahren – und macht damit fossile Reservekraftwerke in Teilen überflüssig.
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Wie der Solarpark das Netz stabilisiert
Der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz hatte die 37,4-MW-Freiflächenanlage des Hamburger Betreibers Enerparc für die Bereitstellung von automatisierter Sekundärregelleistung (automatic Frequency Restoration Reserve, aFRR) präqualifiziert. Seit Dienstag (11. November) erbringt die Anlage diese Regelleistung – laut den Projektpartnern als erster Solarpark Deutschlands.
Sekundärregelleistung gleicht Frequenzschwankungen im Stromsystem aus. Bislang übernehmen diese Aufgabe vor allem fossile Kraftwerke oder große industrielle Verbraucher, die kurzfristig zu- oder abgeschaltet werden können. Der Solarpark Schkölen zeigt nun, dass Photovoltaik beides leisten kann: Die Anlage reduziert ihre Einspeisung, wenn es einen Stromüberschuss gibt, und schaltet Leistung kurzfristig zu, wenn sie im Netz fehlt. Man spricht hier auch von negativer und positiver Regelleistung bzw. Abregelung (negative aFRR) und Zuspeisung (positive aFRR).
KI prognostiziert verfügbare Leistung
Die Teilnahme am Regelenergiemarkt stellt hohe Anforderungen an die digitale Infrastruktur. 50Hertz muss jederzeit wissen, wie viel aFRR der Park tatsächlich erbringen kann. Das ist jedoch von vielen und teils schwer vorhersagbaren Faktoren wie Bewölkung, Tageszeit und Temperatur abhängig. Die Enerparc-Tochter Sunnic Lighthouse und 50Hertz haben daher gemeinsam mit Entelios ein Gesamtkonzept aus Messtechnik, Datenmanagement und KI-gestützter Leistungsprognose entwickelt. Damit ist es laut den Unternehmen erstmals möglich, mit dem volatilen Strom aus PV-Erzeugung zuverlässig das System zu stabilisieren.
Der Solarpark kann nun Regelleistung erbringen und zusätzliche Erlöse erzielen – auch zu Zeiten negativer Strompreise, in denen PV-Anlagen sonst kein Geld verdienen. Arved von Harpe, Geschäftsführer von Sunnic Lighthouse, bezeichnete die Integration der Anlage in den aFRR-Markt als „Paradigmenwechsel“.
Der Bedarf an Sekundärregelleistung aus Solarparks dürfte in nächster Zeit massiv zunehmen: Immer mehr fossile Grundlastkraftwerke gehen vom Netz, während kurzfristige Energiespeicher wie Batterien noch nicht im erforderlichen Umfang vorhanden sind.
Weitere Anlagen in Vorbereitung
Grundsätzlich kann jede größere PV-Anlage auf dem Regelenergiemarkt aktiv werden, sofern technische und regulatorische Anforderungen erfüllt sind. Das Modell soll jetzt rasch skaliert werden: Enerparc-Tochter Sunnic will weitere Anlagen aus seinem Portfolio in ähnlicher Weise zur Netzstabilisierung nutzen, sobald sie präqualifiziert sind.
Perspektivisch sollen auch Anlagen in anderen Regelzonen präqualifiziert werden. Für Entelios-Vorstand Fabian Becker ist das Projekt in Schkölen ein Beleg dafür, „was möglich ist, wenn technologische Innovationskraft auf partnerschaftliche Zusammenarbeit trifft“.
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