Maschinelles Lernen revolutioniert die drahtlose Energieübertragung
Forschende nutzen KI-gestützte Designmethoden, um die Effizienz und Stabilität von Wireless-Power-Transfer-Systemen (WPT) zu optimieren. Der neuartige Ansatz verspricht eine Zukunft mit zuverlässiger, kabelloser Stromversorgung für eine Vielzahl von Geräten.

Forschende haben verbesserte Ansätze für eine kabelloser Stromversorgung entwickelt.
Foto: SmarterPix/Momius
Drahtlose Energieübertragungssysteme (WPT) ermöglichen es, elektrische Energie ohne physische Verbindungen oder Kabel von einer Quelle zu einem Verbrauchenden zu übertragen. Seit den Experimenten von Nikola Tesla in den 1890er-Jahren hat sich diese Technologie stetig weiterentwickelt. Heutzutage finden WPT-Systeme Anwendung bei der Stromversorgung verschiedener Geräte, von Smartphones über elektrische Zahnbürsten bis hin zu drahtlosen Sensoren im Internet der Dinge. Das Grundprinzip basiert auf einer Sendespule, die elektrische Energie in ein elektromagnetisches Feld umwandelt, welches dann von einer Empfängerspule aufgenommen und zur Stromversorgung eines elektrischen Geräts genutzt wird.
In jüngster Zeit hat der lastunabhängige (LI) Betrieb von WPT-Systemen große Aufmerksamkeit erregt. Ziel ist es, eine stabile Ausgangsspannung und eine Nullspannungsumschaltung (ZVS) auch bei Laständerungen aufrechtzuerhalten. Allerdings erfordert die Realisierung eines LI-Betriebs hochpräzise Werte für Schaltungskomponenten wie Induktoren und Kondensatoren. Die Berechnung dieser Werte erfolgt üblicherweise mithilfe komplexer analytischer Gleichungen, die oft auf idealisierten Annahmen beruhen und die Komplexität realer Bedingungen nicht vollständig erfassen können.
KI-gestützter Ansatz für effizienteres Design von WPT-Systemen
Um diese Herausforderungen zu meistern und die Effizienz der Energieübertragung zu steigern, hat ein Forscherteam unter der Leitung von Hiroo Sekiya von der Chiba University in Japan eine neue Entwurfsmethode für LI-WPT-Systeme entwickelt, die auf maschinellem Lernen basiert. In Zusammenarbeit mit Kollegen von der Tokyo University of Science und der Sojo-Universität beschreibt das Team die WPT-Schaltung mithilfe von Differentialgleichungen, welche die zeitliche Entwicklung von Spannungen und Strömen unter Berücksichtigung realer Komponenteneigenschaften abbilden. Diese Gleichungen werden schrittweise numerisch gelöst, bis das System einen stationären Zustand erreicht.
Eine Bewertungsfunktion evaluiert anschließend die Leistung des Systems anhand von Schlüsselkriterien wie Ausgangsspannungsstabilität und Energieübertragungseffizienz. Ein Algorithmus optimiert daraufhin die Systemparameter, um die Bewertung zu verbessern. Dieser Prozess wird iterativ wiederholt, bis der gewünschte lastunabhängige Betrieb erzielt wird. Hiroo Sekiya betont: „Unser neuartiges Designverfahren ermöglicht es, eine konstante Ausgangsspannung ohne Regelung bei Lastschwankungen zu erreichen. Wir sehen in der Lastunabhängigkeit einen Schlüsselfaktor für die breite gesellschaftliche Umsetzung von WPT-Systemen.“
Leistungselektronik: Maschinelles Lernen erfolgreich angewendet
Das Forscherteam demonstrierte die Leistungsfähigkeit ihrer Methode anhand eines WPT-Systems der Klasse EF, das einen Wechselrichter der Klasse EF mit einem Gleichrichter der Klasse D kombiniert. Im Vergleich zu herkömmlichen Wechselrichtern ohne LI-Betrieb, die bei Laständerungen die Nullspannungsumschaltung verlieren und an Effizienz einbüßen, hielt die LI-Version des Teams sowohl ZVS als auch die Ausgangsspannung stabil.
Während im konventionellen LI-Wechselrichtersystem die Ausgangsspannung bei Laständerungen um bis zu 18 Prozent schwanken konnte, begrenzte der neue, auf maschinellem Lernen basierende Ansatz diese Schwankung auf unter fünf Prozent. Durch präzise Berücksichtigung der parasitären Kapazität der Dioden erzielte die Methode auch bei geringer Last eine verbesserte Leistung. Eine detaillierte Verlustanalyse zeigte zudem, dass die Übertragungsspule dank der Fähigkeit des Systems, den Ausgangsstrom konstant zu halten, unter verschiedenen Lastbedingungen nahezu die gleiche Leistung abgab.
Ausblick auf eine drahtlose Zukunft durch maschinelles Lernen
Die Forschenden sind überzeugt, dass ihre Arbeit weitreichende Auswirkungen über den Bereich der drahtlosen Energieübertragung hinaus haben wird. Sekiya erklärt: „Wir glauben, dass diese Forschung einen bedeutenden Schritt in Richtung einer vollständig drahtlosen Gesellschaft darstellt. Durch den LI-Betrieb lassen sich WPT-Systeme einfacher aufbauen sowie Kosten und Größe reduzieren. Unser Ziel ist es, WPT innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre zum Standard zu machen.“
Darüber hinaus zeigt diese Entwurfsmethode, dass künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen das Potenzial besitzen, die Art und Weise, wie Leistungselektronik entwickelt wird, von Grund auf zu verändern. Der Einsatz von KI-gestützten Ansätzen ebnet den Weg in eine Zukunft des automatisierten Schaltungsentwurfs und verspricht effizientere, stabilere und zuverlässigere Systeme für eine Vielzahl von Anwendungen.
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