Import-Rekord: Wie LNG-Terminals Deutschland über den Winter bringen
Kurz vor Wintereinbruch sind die Gasspeicher leerer als sonst – doch Experten geben Entwarnung. Ein wichtiger Grund: Die LNG-Terminals an Nord- und Ostsee konnten ihre Importe 2025 massiv steigern. Wir haben uns angeschaut, welche es gibt und wie viel sie liefern.
In Deutschland sind aktuell drei LNG-Terminals aktiv - so wie dieses in Mukran. Ein viertes Terminal steht still, ein fünftes ist in Planung.
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Die Gasspeicher sind leerer als üblich. Laut einer aktuellen Analyse des Science Media Center Germany (SMC) waren sie Anfang Oktober zu circa 76 % gefüllt – der zweitniedrigste Speicherstand seit 2011. Nur 2021, kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine, waren die Speicherstände zu diesem Zeitpunkt niedriger.
Dennoch ist die Versorgungslage laut den Expertinnen und Experten des SMC unkritisch. Neben Pipeline-Importen aus Norwegen und den Niederlanden ist dies den seit 2022 in Betrieb genommenen LNG-Terminals zu verdanken. Sie ermöglichen einen flexiblen Zustrom von Erdgas ins Netz und können so fehlende Erdgasmengen in den Speichern ausgleichen.
Inhaltsverzeichnis
- Importe auf Rekordniveau
- Wo befinden sich die LNG-Terminals in Deutschland?
- Wilhelmshaven: Der Pionier
- Brunsbüttel: Der kleine Bruder an der Nordsee
- Mukran auf Rügen: Umstrittenes Großprojekt an der Ostsee
- Stade: Vom FSRU zum Energie-Hub
- Lubmin: Vom Vorreiter zum Stillstand
- Weltmarktpreise und Wirtschaftlichkeit
- Fazit: LNG-Terminals als Pufferlösung mit Zukunftspotenzial
Importe auf Rekordniveau
Die Bedeutung der LNG-Terminals nimmt deutlich zu: Laut Bundesnetzagentur (BNetzA) erlebte die Bundesrepublik im dritten Quartal 2025 die massivste LNG-Einspeisung seit Eröffnung des ersten Terminals Ende 2022, wie die dpa meldete.
Zwischen Januar und September 2025 importierten die Terminals demnach rund 74 TWh – mehr als in den Vorjahren 2024 (69 TWh) und 2023 (70 TWh). Der Anteil am Gesamtimport stieg nach Angaben der BNetzA von 8 % im ersten Halbjahr auf 13,25 % im dritten Quartal.
Wo befinden sich die LNG-Terminals in Deutschland?
Die deutschen LNG-Terminals basieren derzeit auf so genannten FSRUs (Floating Storage and Regasification Units). Hier landet das flüssige Erdgas an, um regasifiziert und via Pipeline ins Inland transportiert zu werden. Diese Stationen sind schneller zu installieren als stationäre Terminals. Außerdem verursachen sie geringere Kosten. Der Nachteil: FSRUs verfügen nicht über dasselbe Volumen wie LNG-Terminals auf dem Festland.
Die deutschen FSRUs wurden nach dem Wegfall der russischen Gaslieferungen in Rekordzeit in Betrieb genommen. 2024 erreichten 69 TWh (rund 8 %) der deutschen Erdgasimporte das Gasnetz über die Terminals. 2025 ist dieser Anteil bereits deutlich gestiegen – im dritten Quartal lag er laut BNetzA bereits bei 13,25 %.
Ein Grund: Seit dem Auslaufen russischer Transportverträge nach Österreich zum 1. Januar 2025 ist Deutschland wieder eine Drehscheibe für Gasimporte geworden. „Das heißt, dass gerade Österreich, Tschechien, die Schweiz und zum Teil auch Ungarn, die Slowakei und Slowenien über Deutschland versorgt werden“, erklärte der Gasexperte Sebastian Gulbis vom Beratungsunternehmen Enervis gegenüber der dpa. „Wir sind wieder ein deutlich wichtigeres Transitland geworden.“
Wilhelmshaven: Der Pionier
Das Terminal „Wilhelmshaven 1“ markierte im Dezember 2022 Deutschlands Einstieg in den LNG-Import. Herzstück der Anlage ist die FSRU „Höegh Esperanza“, ein Spezialschiff mit 294 m Länge und einer Ladekapazität von 170.000 m³ LNG.
Die jährliche Regasifizierungskapazität liegt bei bis zu 4,7 Mrd. m³ Erdgas – etwa 50 TWh. Nach erfolgreicher Schlussabnahme wurde das Terminal im März 2023 in den Regelbetrieb überführt. Betreiber ist Uniper im Auftrag der Deutschen Energy Terminal GmbH (DET).
Im August 2025 hatte Wilhelmshaven bereits den 100. LNG-Tanker empfangen und etwa 100 Mrd. kWh (100 TWh) Erdgas in das deutsche Netz eingespeist. Der Standort hat sich damit zu einem der wichtigsten Importpunkte des Landes entwickelt.
Schwankende Auslastung
Die Auslastung des Terminals war zunächst hoch. Indes unterlag sie immer den Schwankungen des Energiemarktes.
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2023 lag die durchschnittliche Auslastung bei 81 %,
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2024 sank sie auf 64 %. Darin spiegeln sich die entspannte Versorgungslage sowie gut gefüllte Speicher.
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2025 lag die Nutzung bei rund 80 %, wobei die verfügbare Kapazität zeitweise auf 40 % der vollen Leistung gedrosselt wurde. Die Drosselung war Unipers Reaktion auf eine sinkende Nachfrage – die Alternative wäre ein Stillstand gewesen.
Wilhelmshaven02 und Zukunftsperspektiven
Ende August 2025 ging vor Wilhelmshaven ein zweites LNG-Terminal in Betrieb: Wilhelmshaven02. Die zugehörige FSRU Excelsior soll nach Angaben der DET noch in diesem Jahr bis zu 1,9 Mrd. m³ Erdgas ins deutsche Gasnetz einspeisen – das wäre der Verbrauch von rund 1,5 Mio. Vierpersonenhaushalten im Mehrfamilienhaus. In den Folgejahren könnte die Regasifizierungs- und Netzeinspeisekapazität der Excelsior dann auf bis zu 4,6 Mrd. m³ anwachsen.
Mittlerweile bilden die beiden FSRUs vor Wilhelmshaven zusammen mit Brunsbüttel das wichtigste Standbein der deutschen LNG-Versorgung: Im dritten Quartal 2025 kamen laut BNetzA 33 der insgesamt 35 TWh LNG-Importe über die Nordsee-Terminals. Auch Gulbis gegenüber der dpa bezeichnete den Kapazitätsausbau in Wilhelmshaven als einen Hauptgrund für die höheren LNG-Importe im dritten Quartal.
Umfangreiche Investitionen zeigen, dass der Standort vor weiteren spannenden Entwicklungen steht: Über Unternehmen wie Tree Energy Solutions und Uniper könnten hier bald auch große Mengen Wasserstoff in Form von synthetischem Methan (SNG) und grünem Ammoniak anlanden.

LNG-Terminal Brunsbüttel.
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Brunsbüttel: Der kleine Bruder an der Nordsee
Das LNG-Terminal Brunsbüttel liegt strategisch günstig am Schnittpunkt von Elbe und Nord-Ostsee-Kanal. Im Februar 2023 startete es seinen Betrieb.
Im Einsatz ist die FSRU „Höegh Gannet“, ein baugleiches Schwesterschiff der „Höegh Esperanza“. Der Betreiber des Standorts ist die deutsche Tochter der niederländischen Gasunie, wobei der Betrieb auch hier im Auftrag der DET erfolgt.
Auslastung: unklar?
Das Brunsbütteler Terminal war bereits Gegenstand heftiger Kontroversen. Vor seinem Bau gab es Proteste von Umweltschützern; heute wird diskutiert, wie stark es wirklich ausgelastet ist. Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nahm die eingespeiste Gasmenge im Jahr 2024 von 1,4 Mrd. m³ auf 2,2 Mrd. m³ deutlich zu, allerdings variieren die Angaben zur Auslastung.
Offiziell nannte die DET eine Durchschnittsauslastung von 68 %. Kritiker wie die DUH merken an, dass diese Angabe auf einer Drosselung der Gesamtkapazität beruhe – die reale Auslastung liege demnach eher bei 49 %. Anfang 2025 zeigte der Standort nach Angaben des Global LNG Hub aber eine Auslastung von rund 80 % der Gesamtkapazität. Dies deutet darauf hin, dass die Nutzung des FSRU sehr flexibel ist und sich schnell an die Marktlage anpassen kann.
Land in Sicht
Ähnlich wie in Wilhelmshaven ist auch in Brunsbüttel der Übergang zu einer landseitigen Langzeitlösung geplant. Das „German LNG Terminal“ soll 2026 fertiggestellt werden und jährlich 8 bis 10 Mrd. m³ LNG importieren können.
Das Projektkonsortium aus Gasunie, RWE und der KfW setzt außerdem langfristig auf klimaneutrale Energieträger. So ist die neue Anlage „ammonia-ready“ konzipiert, kann also für den Import von Ammoniak als Wasserstoffträger umgerüstet werden. Auch in Brunsbüttel soll die initiale LNG-Infrastruktur demnach die Weichen für den Import von grünen Molekülen in der Zukunft stellen.
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