50 % Wasserstoff, 100 % Stillstand: Warum RWE in Voerde nicht bauen kann
Nördlich von Duisburg soll ein neues Gaskraftwerk mit 850 MW Leistung entstehen. 2030 könnte es ans Netz gehen – und von Beginn an 50 % Wasserstoff nutzen. RWE steht in den Startlöchern, doch der regulatorische Rahmen lässt auf sich warten.
Rendering des geplanten Kraftwerks, ca. 20 km nördlich von Duisburg.
Foto: RWE
Am ehemaligen Kohlekraftwerk in Voerde könnte ab 2030 wieder Strom erzeugt werden. RWE plant hier ein wasserstofffähiges Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD). Wie der Energiekonzern am Montag meldete, sind die technischen Vorarbeiten nun abgeschlossen. Doch der Bau beginnt noch nicht. Der Grund: Die Berliner Kraftwerksstrategie lässt auf sich warten.
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Der 2017 stillgelegte Standort bietet einige Vorteile: Die Infrastruktur des 1971 errichteten Kraftwerks ist vorhanden, Netzanbindung und Grundstück bereits erschlossen. Noch wichtiger: Das Wasserstoff-Kernnetz würde laut der im Juli 2024 verabschiedeten Planung direkt am Standort entlangführen – eine zentrale Voraussetzung für den späteren Wasserstoffbetrieb.
Wasserstoff von Beginn an geplant
Die 850-MW-Anlage soll von Beginn an mindestens zur Hälfte mit Wasserstoff betrieben werden können. Diese Flexibilität dürfte eine Voraussetzung für die Teilnahme an den geplanten Kraftwerksausschreibungen der Bundesregierung sein – sofern der Regulierungsrahmen eine spätere Umstellung auf Wasserstoff („fuel switch“) vorsieht. Ob und wann das jedoch wirklich der Fall ist, steht aktuell noch nicht fest.
Genau hier liegt das Problem: Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD hatte im Mai 2025 zwar angekündigt, „bis zu 20 GW“ an Gaskraftwerksleistung bis 2030 anzureizen; deutlich mehr als die 12,5 GW, die die Vorgängerregierung geplant hatte. Doch der konkrete Regulierungsrahmen und die Ausschreibungen fehlen noch. „RWE bereitet sich konsequent vor, an den Ausschreibungen teilzunehmen und zügig nach einem Zuschlag mit dem Bau der Anlage in Voerde zu beginnen“, teilte der Energiekonzern mit.
„Wir sind bereit, in den Bau neuer wasserstofffähiger Gaskraftwerke zu investieren“, ergänzte Nikolaus Valerius, CEO von RWE Generation, in der Pressemitteilung. „Nun braucht es aber rasch Klarheit von der Bundesregierung über das angekündigte Ausschreibungsregime.“ Ohne Zuschlag und ein zügiges Genehmigungsverfahren wäre das Zieljahr 2030 kaum zu halten. Bereits 2024 hatte RWE ein amerikanisch-spanisches Konsortium aus GE Vernova und Tecnicas Reunidas mit der Genehmigungsplanung beauftragt.

Die beiden Kühltürme des 2021 stillgelegten Atomkraftwerks wurden am 25. 10. gesprengt.
Foto: picture alliance/dpa | Sven Hoppe
Batteriespeicher statt Atomkraft in Gundremmingen
Dass die Transformation alter Kraftwerksstandorte auch andere Wege gehen kann, zeigt der Essener Konzern derzeit im schwäbischen Gundremmingen. Am Samstag (25. Oktober) ließ RWE hier die beiden 160 m hohen Kühltürme seines ehemaligen Atomkraftwerks sprengen – um schon am Mittwoch (29. Oktober) mit dem Bau eines neuen Batteriespeichers zu beginnen. Mit 700 MWh Kapazität soll es der deutschlandweit größte Energiespeicher auf Batteriebasis werden und dem Stromnetz helfen, die Schwankungen aus Wind- und Solarenergie auszugleichen. Dazu nehmen die Batterien tagsüber Solarstrom auf, um ihn nachts wieder abzugeben.
Parallel entstehen am Standort Gundremmingen ein 55 ha großer Solarpark, der ab 2026 rund 20.000 Haushalte versorgen soll, sowie ein Gaskraftwerk für Spitzenlastzeiten. Auch hier ist der entscheidende Faktor die vorhandene Netzanbindung. Der vollständige Rückbau des Kernkraftwerks wird noch bis in die 2030er-Jahre dauern – die neuen Anlagen entstehen parallel.
Transformation bestehender Standorte
Gundremmingen und Voerde zeigen: RWE will die vorhandene Infrastruktur seiner ehemaligen Kraftwerksstandorte systematisch für die Energiewende nutzen. Während Gundremmingen dabei Speicher für erneuerbare Energien bietet, soll Voerde gesicherte Leistung für Dunkelflauten liefern.
Für Voerde würde das Kraftwerksprojekt bedeuten, auch nach dem Kohleausstieg ein relevanter Energiestandort zu bleiben, mit dauerhaften Arbeitsplätzen und lokaler Wertschöpfung. Ob es dazu kommt, hängt allerdings von den politischen Entscheidungen der kommenden Monate ab.
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